Mülhausen
herenn, wir mueßen anders in die sach sehenn! Waß
wer daß fur ein synodus, dorin ein weltlicher ge-
waldt im furnem24, den bischoff zu reformierenn,
unnd aber ee er ein crist wolt sein unnd cristliche
straff nit lydenn noch duldenn weldt, weder heim-
lich im synodo noch offentlich ann der cantzel
(wann dem hernach volgenn wirdt)? Wir habendt
ein kirch unnd nit zwo, ein haupt, uß welchem alle
glaubigenn ir krafft unnd hilff empfahenn25; dem
sollen wir (wo wir christenn warlich glaubenn) uns
alle samennt unndergebenn etc.
[4.] Der fierdt punct. Laßt sich der spiritus im syn-
odo herenn, daß unserer gnedigen herren | ernstlicher
befelch unnd meinung sey, daß die prediger daß
wordt Gottes luter unnd heytter verkhunden sollenn
etc. Ist wol geredt. Cristus hat unns selbs daß ge-
bott gebenn26. Waß aber hernach volgt, daß reympt
sich nit nach gotlichem befelch, namlich: Man sol
im predig ampt alle schelt wordt underlaßenn,
item im predigenn niemandts anziehenn27. Hie
schlechtf diser dichter har under wol, dann er wil
mit disem gebott dem prediger ein byß inle-
genn28, daß er rede, waß er wel, unnd im unnd seins
glichenn daß geschire nit antaste, unnd darmit daß
wordt binden, wider Gottes geheyß, darzu uß pre-
digernn stumende hundt machen unnd blindt wech-
ter (wye Esaias anmalt29).
Gnedige herren, wo daß predig ampt also solt ver-
gatteret unnd ingeschloßenn werden, daß niemandts
umb lasterwerck willenn solt uff dem stuol
Moysi30 gotlicher warheytt anzogenn werdenn, so
hettenn alle fromenn prophetten, appostel unrecht
η Mat. 23 [1-36].
θ 2. ad Timo. 4 [1-2].
ι Ezech. 3 [17-21]; Esai. 36 [1-22]; Mat. 11 [20-24]; 23
[1-36]; 2. ad Tymo. 4 [1-8].
f Gestr.: sich.
g Hs.: 5.
24 Sich vornehmen - beschließen, s. Grimm, DWb 26,
Sp.1355.
25 Vgl. Eph 1,22; Kol 1,18.
26 Vgl. z.B. Mk 16,15.
geprediget. Daß sey ferne! Item alle treuwe prediger
im Altenn unnd Neuwenn testamenndt hat ein hey-
liger geyst getribenn, der bese, schnede31 weldt zu
allenn zyttenn ir sundt unnd unrecht anzuzeygenn,
unnd nit allein dem gemeinenn volck, sonder denn
kunigen, fursten unnd hohenn priesterenn etc. Man
leß Mosen | vom Noe ann biß uff Heliam etc. unnd
all ander, wie sy so mit großem eyffer daß volck
gestrafft habenn unnd inen Gottes zornn unnd
streng gericht fur augenn gehalten, ηwelches alles
Jesus in seinem ampt gegenn dem phariseyeren
ernstlich ußgericht hat, Mat. am 23 [1-36]. Item
θPaulus, uß bevelch Cristi, leret Thimotheum, eß sol
ernstlichenn angehobenn werdenn ruich senfft mit
straffenn unnd ermanenn etc. Besech mann daß ei-
nig ordt, so hat diser dichter deß synodi ein letz32
ouch im hertzenn, 2. ad Timo. 4 [1-2]. Item Ioannes
Bap[tiste] straff gegenn Herode wer auch zu ruch
gewesenn, dann er zeucht sein laster grob ann (unnd
daß recht); er strafft in offentlich, daß sein bluodt
schandt war auch offentlich, unnd sagt: Kunig, es
ist nit recht, daß du deins bruders wyb habest
etc.33 Daher erlangt Joannes einenn nidt durch der
warheyt willenn, der im sein haupt abbiß34. Hett er
geheuchlet unnd dem kunig nit Gottes warheyt an-
gezeygtt, eß hett im sein haupt errett. ιVil ordt on
zal der geschrifft, wo es von netenn wer, mechten
hie anzeychnet werden.
Summa, her bapst hat disenn griffen clauwen35 vor
disem dichter gewißet, darmit er seinen mutwillenn
gegenn menigklichenn ungestrafft | volstreckenn
mecht. Besech mann sein decret dis[tinctio]
40, 6g: Papa etc., daß inn niemantz straffen, anzie-
chenn noch scheltenn sol36 (wider den heytteren be-
27 Namentlich erwähnen, aber auch: ausschelten, übel
nachreden, s. FWb 1, Sp. 1615f und 1617f.
28 Zaumzeug anlegen, s. FWb 4, Sp. 466f.
29 Jes 56,10.
30 Vgl. 2Mos 18,13-16 und Mt 23,2.
31 Verachtung erzeigenden, s. Grimm, DWb 15, Sp. 1371.
32 Das Verkehrte, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 634.
33 Mk 6,17-18par.
34 Mk. 6,27-28par.
35 Räuberischen Hände, s. Grimm, DWb 9, Sp. 47.
36 CIC D. 40 c. 6 (CIC, ed. Friedberg 1, Sp. 146): a
nemine est iudicandus.
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herenn, wir mueßen anders in die sach sehenn! Waß
wer daß fur ein synodus, dorin ein weltlicher ge-
waldt im furnem24, den bischoff zu reformierenn,
unnd aber ee er ein crist wolt sein unnd cristliche
straff nit lydenn noch duldenn weldt, weder heim-
lich im synodo noch offentlich ann der cantzel
(wann dem hernach volgenn wirdt)? Wir habendt
ein kirch unnd nit zwo, ein haupt, uß welchem alle
glaubigenn ir krafft unnd hilff empfahenn25; dem
sollen wir (wo wir christenn warlich glaubenn) uns
alle samennt unndergebenn etc.
[4.] Der fierdt punct. Laßt sich der spiritus im syn-
odo herenn, daß unserer gnedigen herren | ernstlicher
befelch unnd meinung sey, daß die prediger daß
wordt Gottes luter unnd heytter verkhunden sollenn
etc. Ist wol geredt. Cristus hat unns selbs daß ge-
bott gebenn26. Waß aber hernach volgt, daß reympt
sich nit nach gotlichem befelch, namlich: Man sol
im predig ampt alle schelt wordt underlaßenn,
item im predigenn niemandts anziehenn27. Hie
schlechtf diser dichter har under wol, dann er wil
mit disem gebott dem prediger ein byß inle-
genn28, daß er rede, waß er wel, unnd im unnd seins
glichenn daß geschire nit antaste, unnd darmit daß
wordt binden, wider Gottes geheyß, darzu uß pre-
digernn stumende hundt machen unnd blindt wech-
ter (wye Esaias anmalt29).
Gnedige herren, wo daß predig ampt also solt ver-
gatteret unnd ingeschloßenn werden, daß niemandts
umb lasterwerck willenn solt uff dem stuol
Moysi30 gotlicher warheytt anzogenn werdenn, so
hettenn alle fromenn prophetten, appostel unrecht
η Mat. 23 [1-36].
θ 2. ad Timo. 4 [1-2].
ι Ezech. 3 [17-21]; Esai. 36 [1-22]; Mat. 11 [20-24]; 23
[1-36]; 2. ad Tymo. 4 [1-8].
f Gestr.: sich.
g Hs.: 5.
24 Sich vornehmen - beschließen, s. Grimm, DWb 26,
Sp.1355.
25 Vgl. Eph 1,22; Kol 1,18.
26 Vgl. z.B. Mk 16,15.
geprediget. Daß sey ferne! Item alle treuwe prediger
im Altenn unnd Neuwenn testamenndt hat ein hey-
liger geyst getribenn, der bese, schnede31 weldt zu
allenn zyttenn ir sundt unnd unrecht anzuzeygenn,
unnd nit allein dem gemeinenn volck, sonder denn
kunigen, fursten unnd hohenn priesterenn etc. Man
leß Mosen | vom Noe ann biß uff Heliam etc. unnd
all ander, wie sy so mit großem eyffer daß volck
gestrafft habenn unnd inen Gottes zornn unnd
streng gericht fur augenn gehalten, ηwelches alles
Jesus in seinem ampt gegenn dem phariseyeren
ernstlich ußgericht hat, Mat. am 23 [1-36]. Item
θPaulus, uß bevelch Cristi, leret Thimotheum, eß sol
ernstlichenn angehobenn werdenn ruich senfft mit
straffenn unnd ermanenn etc. Besech mann daß ei-
nig ordt, so hat diser dichter deß synodi ein letz32
ouch im hertzenn, 2. ad Timo. 4 [1-2]. Item Ioannes
Bap[tiste] straff gegenn Herode wer auch zu ruch
gewesenn, dann er zeucht sein laster grob ann (unnd
daß recht); er strafft in offentlich, daß sein bluodt
schandt war auch offentlich, unnd sagt: Kunig, es
ist nit recht, daß du deins bruders wyb habest
etc.33 Daher erlangt Joannes einenn nidt durch der
warheyt willenn, der im sein haupt abbiß34. Hett er
geheuchlet unnd dem kunig nit Gottes warheyt an-
gezeygtt, eß hett im sein haupt errett. ιVil ordt on
zal der geschrifft, wo es von netenn wer, mechten
hie anzeychnet werden.
Summa, her bapst hat disenn griffen clauwen35 vor
disem dichter gewißet, darmit er seinen mutwillenn
gegenn menigklichenn ungestrafft | volstreckenn
mecht. Besech mann sein decret dis[tinctio]
40, 6g: Papa etc., daß inn niemantz straffen, anzie-
chenn noch scheltenn sol36 (wider den heytteren be-
27 Namentlich erwähnen, aber auch: ausschelten, übel
nachreden, s. FWb 1, Sp. 1615f und 1617f.
28 Zaumzeug anlegen, s. FWb 4, Sp. 466f.
29 Jes 56,10.
30 Vgl. 2Mos 18,13-16 und Mt 23,2.
31 Verachtung erzeigenden, s. Grimm, DWb 15, Sp. 1371.
32 Das Verkehrte, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 634.
33 Mk 6,17-18par.
34 Mk. 6,27-28par.
35 Räuberischen Hände, s. Grimm, DWb 9, Sp. 47.
36 CIC D. 40 c. 6 (CIC, ed. Friedberg 1, Sp. 146): a
nemine est iudicandus.
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