Weißenburg
Im Artikel 21 des Augsburger Religionsfriedens war die Unterhaltung der Pfarreien und Schulen gere-
gelt worden. Demnach sollten die ministeria der khirchen, pfarren und schuelen weiter von denen bestellt und
versehen werden, die das bislang getan hatten, unabhängig von der konfessionellen Zugehörigkeit60. Über den
Umfang der vom Stift zu erbringenden Leistungen kam es aber zwischen der Stadt und Propst und Kapitel
als den Inhabern des Patronatsrechts der Pfarrkirchen zum Streit. Während die Stadt auf der Unterhaltung
der beiden Pfarrer und zweier Helfer sowie des städtischen Schulmeisters beharrte, wollten der Propst und
das Kapitel nur für die beiden Pfarrer und einen Kaplan aufkommen61. Den bisherigen Umfang der Lei-
stungen an Geld, Wein und Feldfrüchten zur Versorgung der Geistlichen sahen sie auch für ausreichend an.
Da sich Stadt und Stift nicht einigen konnten, wurde auf der Grundlage des Artikels 22 des Religionsfrie-
dens eine Schiedskommission eingesetzt, für die beide Seiten je zwei Vertreter nominierten. Die Kommission
entschied, daß das Stift zusätzlich zu den bisherigen Leistungen der Stadt noch 150 Gulden pro Jahr zahlen
solle, darüber hinaus aber zur Unterhaltung der Pfarreien nichts mehr beitragen müsse.
Lediglich die beiden Pfarrhäuser und das Haus des Helfers sollten vom Stift noch unterhalten werden.
Über die Unterhaltung der Häuser war es jedoch in der Vergangenheit zu heftigen Konflikten gekommen.
So fand 1540 ein Prozeß zwischen dem Stift und der Stadt über das Verfügungsrecht am Pfarrhaus von
St. Johann vor dem Reichskammergericht statt62. 1542 beklagte sich der Pfarrer von St. Michael, Georg
Kess, bei Konrad Hubert bitter darüber, daß sein Pfarrhaus in einem derart baufälligen Zustand sei, daß es
nurmehr abgerissen werden könne. Seine Bemühungen beim Stift um eine neue gelegene behausung wurden
von Propst und Kapitel aber immer wieder zurückgewiesen63.
Neben der Abschrift aus dem Bestand AD Bas-Rhin ist der Vertrag von 1560 noch in zwei Werken aus
dem 18. Jh. erhalten. Als der von der Schiedskommission vermittelte Vergleich nach fünf Jahren auslief,
wurde er an Johannis 1565 von beiden Seiten in gemeinsamem Einvernehmen nochmals verlängert. Bis 1616
kam es dann zu verschiedenen Fortschreibungen (so 1570, 1575, 1582, 1586 etc.)64.
Aus der zweiten Hälfte des 16. und dem Beginn des 17. Jh. gibt es nur noch wenige Informationen über
die Geschehnisse in Weißenburg. Im Katalog der Städte, welche die Konkordienformel unterzeichneten, ist
Weißenburg nicht aufgeführt65. Wie das Gutachten der drei Weißenburger Geistlichen Johann Peter Bilfin-
ger, Ambrosius Hecht und Balthasar Borsch (Porsch) vom 25. Juli 1590 zur Deklarationsschrift der Stadt
Colmar zeigt (in ihr sind die Artikel 10 und 13 der Confessio Augustana behandelt), bewegte sich die
Weißenburger Kirche mit ihrem Festhalten an der Ubiquitätslehre und an der Manducatio impiorum aber
ganz auf der lutherischen Linie, die vom Straßburger Kirchenkonvent unter Johannes Pappus vertreten
wurde66.
2. Zuchtordnung, 10. Dezember 1613 (Text S. 320)
Die „Ernewerte Policey Ordnung der Statt Cron-Weissenburg“ ist 1613 bei Jost (oder Jobst) Martin in
Straßburg gedruckt worden, da es in Weißenburg während des 16. und 17. Jh. anscheinend keine Offizin
gab67. Jost Martin stammte aus Mainz und war 1585 Bürger in Straßburg geworden; er arbeitete von 1591
bis 1615 am Kornmarkt in Straßburg. Im VD 16 sind fast 90 Drucke von ihm aufgeführt; dabei handelt es
60 RTA, JR 20,4, Nr. 390, S. 3111.
61 1544 hatte Georg Kess vom Stift die Anstellung eines
Helfers und dessen Besoldung erreicht, s. AMS 1 AST
155, Nr. 39, S. 103f. und Nr. 62, S. 151f.
62 Der Prozeß ist ausführlich im Bestand AD Bas-Rhin
G 5841 dokumentiert.
63 AMS 1 AST 155, Nr. 38, S. 97-100.
64 Vgl. Werndle, Tractat vom Zehend-Recht, S. 416.
65 Vgl. BSLK, S. 765f.
66 Vgl. die Einleitung zu Colmar Nr. 8a und 8b, S. 484-486.
67 Nach Benzing, Buchdrucker und Reske, Buchdrucker
gibt es keine Hinweise auf das Bestehen von Druckereien
in Weißenburg während des 16. und 17. Jh.
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Im Artikel 21 des Augsburger Religionsfriedens war die Unterhaltung der Pfarreien und Schulen gere-
gelt worden. Demnach sollten die ministeria der khirchen, pfarren und schuelen weiter von denen bestellt und
versehen werden, die das bislang getan hatten, unabhängig von der konfessionellen Zugehörigkeit60. Über den
Umfang der vom Stift zu erbringenden Leistungen kam es aber zwischen der Stadt und Propst und Kapitel
als den Inhabern des Patronatsrechts der Pfarrkirchen zum Streit. Während die Stadt auf der Unterhaltung
der beiden Pfarrer und zweier Helfer sowie des städtischen Schulmeisters beharrte, wollten der Propst und
das Kapitel nur für die beiden Pfarrer und einen Kaplan aufkommen61. Den bisherigen Umfang der Lei-
stungen an Geld, Wein und Feldfrüchten zur Versorgung der Geistlichen sahen sie auch für ausreichend an.
Da sich Stadt und Stift nicht einigen konnten, wurde auf der Grundlage des Artikels 22 des Religionsfrie-
dens eine Schiedskommission eingesetzt, für die beide Seiten je zwei Vertreter nominierten. Die Kommission
entschied, daß das Stift zusätzlich zu den bisherigen Leistungen der Stadt noch 150 Gulden pro Jahr zahlen
solle, darüber hinaus aber zur Unterhaltung der Pfarreien nichts mehr beitragen müsse.
Lediglich die beiden Pfarrhäuser und das Haus des Helfers sollten vom Stift noch unterhalten werden.
Über die Unterhaltung der Häuser war es jedoch in der Vergangenheit zu heftigen Konflikten gekommen.
So fand 1540 ein Prozeß zwischen dem Stift und der Stadt über das Verfügungsrecht am Pfarrhaus von
St. Johann vor dem Reichskammergericht statt62. 1542 beklagte sich der Pfarrer von St. Michael, Georg
Kess, bei Konrad Hubert bitter darüber, daß sein Pfarrhaus in einem derart baufälligen Zustand sei, daß es
nurmehr abgerissen werden könne. Seine Bemühungen beim Stift um eine neue gelegene behausung wurden
von Propst und Kapitel aber immer wieder zurückgewiesen63.
Neben der Abschrift aus dem Bestand AD Bas-Rhin ist der Vertrag von 1560 noch in zwei Werken aus
dem 18. Jh. erhalten. Als der von der Schiedskommission vermittelte Vergleich nach fünf Jahren auslief,
wurde er an Johannis 1565 von beiden Seiten in gemeinsamem Einvernehmen nochmals verlängert. Bis 1616
kam es dann zu verschiedenen Fortschreibungen (so 1570, 1575, 1582, 1586 etc.)64.
Aus der zweiten Hälfte des 16. und dem Beginn des 17. Jh. gibt es nur noch wenige Informationen über
die Geschehnisse in Weißenburg. Im Katalog der Städte, welche die Konkordienformel unterzeichneten, ist
Weißenburg nicht aufgeführt65. Wie das Gutachten der drei Weißenburger Geistlichen Johann Peter Bilfin-
ger, Ambrosius Hecht und Balthasar Borsch (Porsch) vom 25. Juli 1590 zur Deklarationsschrift der Stadt
Colmar zeigt (in ihr sind die Artikel 10 und 13 der Confessio Augustana behandelt), bewegte sich die
Weißenburger Kirche mit ihrem Festhalten an der Ubiquitätslehre und an der Manducatio impiorum aber
ganz auf der lutherischen Linie, die vom Straßburger Kirchenkonvent unter Johannes Pappus vertreten
wurde66.
2. Zuchtordnung, 10. Dezember 1613 (Text S. 320)
Die „Ernewerte Policey Ordnung der Statt Cron-Weissenburg“ ist 1613 bei Jost (oder Jobst) Martin in
Straßburg gedruckt worden, da es in Weißenburg während des 16. und 17. Jh. anscheinend keine Offizin
gab67. Jost Martin stammte aus Mainz und war 1585 Bürger in Straßburg geworden; er arbeitete von 1591
bis 1615 am Kornmarkt in Straßburg. Im VD 16 sind fast 90 Drucke von ihm aufgeführt; dabei handelt es
60 RTA, JR 20,4, Nr. 390, S. 3111.
61 1544 hatte Georg Kess vom Stift die Anstellung eines
Helfers und dessen Besoldung erreicht, s. AMS 1 AST
155, Nr. 39, S. 103f. und Nr. 62, S. 151f.
62 Der Prozeß ist ausführlich im Bestand AD Bas-Rhin
G 5841 dokumentiert.
63 AMS 1 AST 155, Nr. 38, S. 97-100.
64 Vgl. Werndle, Tractat vom Zehend-Recht, S. 416.
65 Vgl. BSLK, S. 765f.
66 Vgl. die Einleitung zu Colmar Nr. 8a und 8b, S. 484-486.
67 Nach Benzing, Buchdrucker und Reske, Buchdrucker
gibt es keine Hinweise auf das Bestehen von Druckereien
in Weißenburg während des 16. und 17. Jh.
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