2. Zuchtordnung 1613
mit dem Essen und Trincken ubel tractirt76 und ge-
halten, sonder auch darzu etliche mahl und mehren-
theils mit den Irten ubernommen haben77, Welches
dann mit nichten zu gestatten noch länger zuzulas-
sen, Derenthalben ordnen, setzen und gebieten wir
hiemit allen unsern Würthen und Gasthaltern ernst-
lich und wollen, daß sie hinfüro ausserhalb und auch
auf den Hochzeiten menniglichen, es sey frembd
oder heimisch, umb sein Gelt genugsam und der Ge-
bür nach zu essen und zu trinken geben, daß auch
des Gelts wol wert, und kein klag oder mangel seye.
Wo aber wir befinden und in erfahrung kommen
würden, das von einem oder mehr Würth, es wer mit
Essen oder Trinken geben oder ubernemmung der
Irten, wieder die gebuer gehandlet worden, So wöl-
len wir den oder dieselben darumb, so offt daß be-
schicht, dermaßen ernstlich und hartiglich straffen,
daß menniglich unser, eines Rhats, billig mißfallen
daran sehen, spüren und würklich befinden78 solle,
Es were dann sach, daß etwa frembde Ehrliche
Leuth alher kämen, so etwas besonders bey einem
Würth bestellen würden, ihnen auff begehren wohl
ein Tracht, drey oder vier weiter vorstellen und
doch die Irten also billich79 meßig rechnen, daß sich
niemandts deß ubernemmens beschwehren, noch
uns einige Clag fürkommen, und wir einsehens zu
haben und Straff vorzunemmen kein Anloß bekom-
men.
Deßgleichen, so sollen auch die Würth und Gast-
halter hinfürter kein Nachzech, Spielen, jauchtzen,
schreyen, gebolder80 noch ander ungebürlich wesen
oder unzucht gedulden noch gestatten, sonder die
jenigen, so solches thun wolten oder würden, davon
gütlich abweisen, Wo aber dasselbig an oder bei ih-
nen nicht helffen oder verfahenf wolte, sie rügen und
uns solches fürbringen, damit sie der Gebür nach
gestrafft werden mögen.
f Abdruck: verfahrn.
g Abdruck: sollen.
76 Bewirtet, s. Anm. 50.
77 Mit der Rechnung übervorteilt haben, s. FWb 8, Sp. 228
und Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 771.
78 Erkennen, s. FWb 3, Sp. 486f.
79 Entsprechend.
Sie sollen auch niemandts an den Son- und Feyer-
tagen zwischen oder under der Predig zu essen und
zu trinken geben, Es weren dann frembde und weg-
fertige Leuth, Jedoch sollen sie in solchem Fall ver-
schaffen, daß es still und züchtig zugang und kein
Jauchzen, schreyen noch ander ungebürlich wesen
gestatten, deßgleichen auch Jemandts, des Nachts
uber Neun uhren in den Herbergen und Würtshäu-
sern zu bleiben noch zu zechen, [nicht] gestatten
noch zulaßen, Alles bey einer straff eines halben
Gulden, so offt daß von ihnen ubertretten würdt.
Wo sich dann jemandts wider diß unser Gebott und
Verbott uber gemelte zeit der Neun uhren in den
Herbergen oder Würtshäusern oder auch auff den
Gassen ohne ein Liecht finden lassen und ergriffen
würde und nicht redliche oder erhebliche ursachen
anzeigen kündte, der soll darumb, so mit dem
Thurn, so an Gelt, je nach Gestalt der Person und
Ubertretung, so offt das beschehe, gestrafft werden.
Das uberflüssig und zuviel stattlich tractiren aber,
all dieweil Gott dadurch erzürnt, seine Gaben un-
nützlich verschwent und alle Victualia81 darmit er-
steigert82 und Theurung dadurch verursacht, auch
alle gute, vertrawliche Gesellschaft verschlagen, sol-
len sich nicht allein die Würth, sondern auch ein
jeder, hohes und nideres Standes, in seim eignen
Haus alles Uberfluß in Gastungen83 enthalten und
aufs höchst uber fünff oder sechs Trachten84 nicht
auffsetzen.
Dieweil sich auch die Würth in ihrer schriftlichen
Erklärung deß Punctens in ihrem Lesen85 be-
schwert, daß ein jeder Würth, dem ein Hochzeit ver-
düngt86, zu deren gebrauch87 nichts auf dem Marck,
sondern alles auff dem Land kauffen solleg, So ist
80 Gelärme, Getöse, s. FWb 6, Sp. 276f. (s.v. gebölder).
81 Lebensmittel, s. Adelung 4, Sp. 1194.
82 Verteuert.
83 Gastmählern, s. FWb 6, Sp. 160f.
84 Gänge beim Essen, s. Anm. 48.
85 Bittschrift (Erläuterung von Ohleyer).
86 Vergeben worden ist, s. Grimm, DWb 25, Sp. 234f.
87 Zu diesem Zweck, s. FWb 6, Sp. 286f.
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mit dem Essen und Trincken ubel tractirt76 und ge-
halten, sonder auch darzu etliche mahl und mehren-
theils mit den Irten ubernommen haben77, Welches
dann mit nichten zu gestatten noch länger zuzulas-
sen, Derenthalben ordnen, setzen und gebieten wir
hiemit allen unsern Würthen und Gasthaltern ernst-
lich und wollen, daß sie hinfüro ausserhalb und auch
auf den Hochzeiten menniglichen, es sey frembd
oder heimisch, umb sein Gelt genugsam und der Ge-
bür nach zu essen und zu trinken geben, daß auch
des Gelts wol wert, und kein klag oder mangel seye.
Wo aber wir befinden und in erfahrung kommen
würden, das von einem oder mehr Würth, es wer mit
Essen oder Trinken geben oder ubernemmung der
Irten, wieder die gebuer gehandlet worden, So wöl-
len wir den oder dieselben darumb, so offt daß be-
schicht, dermaßen ernstlich und hartiglich straffen,
daß menniglich unser, eines Rhats, billig mißfallen
daran sehen, spüren und würklich befinden78 solle,
Es were dann sach, daß etwa frembde Ehrliche
Leuth alher kämen, so etwas besonders bey einem
Würth bestellen würden, ihnen auff begehren wohl
ein Tracht, drey oder vier weiter vorstellen und
doch die Irten also billich79 meßig rechnen, daß sich
niemandts deß ubernemmens beschwehren, noch
uns einige Clag fürkommen, und wir einsehens zu
haben und Straff vorzunemmen kein Anloß bekom-
men.
Deßgleichen, so sollen auch die Würth und Gast-
halter hinfürter kein Nachzech, Spielen, jauchtzen,
schreyen, gebolder80 noch ander ungebürlich wesen
oder unzucht gedulden noch gestatten, sonder die
jenigen, so solches thun wolten oder würden, davon
gütlich abweisen, Wo aber dasselbig an oder bei ih-
nen nicht helffen oder verfahenf wolte, sie rügen und
uns solches fürbringen, damit sie der Gebür nach
gestrafft werden mögen.
f Abdruck: verfahrn.
g Abdruck: sollen.
76 Bewirtet, s. Anm. 50.
77 Mit der Rechnung übervorteilt haben, s. FWb 8, Sp. 228
und Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 771.
78 Erkennen, s. FWb 3, Sp. 486f.
79 Entsprechend.
Sie sollen auch niemandts an den Son- und Feyer-
tagen zwischen oder under der Predig zu essen und
zu trinken geben, Es weren dann frembde und weg-
fertige Leuth, Jedoch sollen sie in solchem Fall ver-
schaffen, daß es still und züchtig zugang und kein
Jauchzen, schreyen noch ander ungebürlich wesen
gestatten, deßgleichen auch Jemandts, des Nachts
uber Neun uhren in den Herbergen und Würtshäu-
sern zu bleiben noch zu zechen, [nicht] gestatten
noch zulaßen, Alles bey einer straff eines halben
Gulden, so offt daß von ihnen ubertretten würdt.
Wo sich dann jemandts wider diß unser Gebott und
Verbott uber gemelte zeit der Neun uhren in den
Herbergen oder Würtshäusern oder auch auff den
Gassen ohne ein Liecht finden lassen und ergriffen
würde und nicht redliche oder erhebliche ursachen
anzeigen kündte, der soll darumb, so mit dem
Thurn, so an Gelt, je nach Gestalt der Person und
Ubertretung, so offt das beschehe, gestrafft werden.
Das uberflüssig und zuviel stattlich tractiren aber,
all dieweil Gott dadurch erzürnt, seine Gaben un-
nützlich verschwent und alle Victualia81 darmit er-
steigert82 und Theurung dadurch verursacht, auch
alle gute, vertrawliche Gesellschaft verschlagen, sol-
len sich nicht allein die Würth, sondern auch ein
jeder, hohes und nideres Standes, in seim eignen
Haus alles Uberfluß in Gastungen83 enthalten und
aufs höchst uber fünff oder sechs Trachten84 nicht
auffsetzen.
Dieweil sich auch die Würth in ihrer schriftlichen
Erklärung deß Punctens in ihrem Lesen85 be-
schwert, daß ein jeder Würth, dem ein Hochzeit ver-
düngt86, zu deren gebrauch87 nichts auf dem Marck,
sondern alles auff dem Land kauffen solleg, So ist
80 Gelärme, Getöse, s. FWb 6, Sp. 276f. (s.v. gebölder).
81 Lebensmittel, s. Adelung 4, Sp. 1194.
82 Verteuert.
83 Gastmählern, s. FWb 6, Sp. 160f.
84 Gänge beim Essen, s. Anm. 48.
85 Bittschrift (Erläuterung von Ohleyer).
86 Vergeben worden ist, s. Grimm, DWb 25, Sp. 234f.
87 Zu diesem Zweck, s. FWb 6, Sp. 286f.
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