Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0361
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

und Fischereirechte zu. Die Bewohner von Stadt und Tal sind Abt und Kloster gegenüber zur Zahlung von
Zinsen und Zehnten und zur Leistung von Frondiensten verpflichtet. Der Abt besetzt eine Reihe von
wichtigen Stellen: So ernennt er u.a. den Schultheißen bzw. Vogt und den sogenannten „Hengisel“, der die
Aufsicht über Maße und Gewichte führt. Markt- und Pfundzoll sind in seinem Besitz. Dreimal im Jahr, zu
Weihnachten, Ostern und Pfingsten, darf für jeweils 14 Tage nur sein Wein ausgeschenkt werden (Bann-
wein)21.
In den durch den Reichenweierer Vogt Berwart 1363 und die Unterlandvögte Walther von Thann und
Bernhard von Eberstein 1411 und 1416 erzielten Vereinbarungen wurden die Stellung der Amtsleute des
Klosters, ihre Rechte und ihre Beteiligung an den städtischen Lasten und an der Reichssteuer geregelt. Das
1466 durch den Wild- und Rheingrafen Johann von Thun auf einem gütlichen Tag in Hagenau erzielte
Abkommen legte fest, daß die Besetzung des städtischen Gerichts nur nach Absprache mit dem Abt erfol-
gen darf. Ihm steht auch die Ernennung der beiden Weibel zu. Seine Zustimmung ist bei der Einführung
neuer Verbrauchssteuern (z.B. des Ungeldes) erforderlich. Er besitzt die Verfügungsgewalt über eines der
drei Stadttore22. Ähnlich umfassend wie der „Marquardsche Vertrag“ von 1339 war das 1549 durch Hein-
rich von Fleckenstein23 vermittelte Übereinkommen zwischen Abt Petermann von Aponnex und Stadt und
Gemeinde Münster. An vielen Stellen nahm es den Kientzheimer Vertrag von 1575 (Nr. 1) vorweg. Gesam-
melt sind die Verträge in dem sogenannten „Roten Buch“ des AM Munster (Signatur AA 3) und in weiteren
Urkundenbüchern (z.B. AA 5)24.
Münster und die Dörfer in den beiden Zweigtälern bildeten zusammen eine Pfarrei. 1267 wurde die
Pfarrei mit allen Rechten und Einkünften der Abtei inkorporiert25. Die Pfarrkirche in Münster war dem
Hl. Leodegar geweiht26; erstmals findet die Kirche Ende des 12. Jh. Erwähnung. Die von der Abtei in
Mühlbach errichtete Kapelle wurde 1088 durch den Basler Bischof Berengar geweiht. Ihr Patron war der
Hl. Bartholomäus27. Anfangs wurde sie wohl vom Kloster aus versehen. 1316 gestattete Abt Johann dann
mit der Zustimmung des Basler Bischofs, daß ein Kaplan in Mühlbach täglich Messe las. Im Gegenzug
verpflichteten sich die Talleute, an gewissen Festen die Klosterkirche und die Pfarrkirche St. Leodegar in
Münster zu besuchen28.

II. Die Reformation in Münster
Über die Anfänge der Reformation im Münstertal gibt es nur wenige Informationen. Nach einem im Straß-
burger Ratsprotokoll von 1569 überlieferten Bericht einer Gesandtschaft aus Münster soll es kurz nach dem
Bauernkrieg erstmals evangelische Predigten im Münstertal gegeben haben29. Während des Bauernkriegs
selbst war das Kloster kurze Zeit besetzt worden. Der Rat ließ den Hausrat des Abtes Burckard Nagel von
Altenschönstein, der aus der Stadt geflohen war, in die Laube schaffen und dort inventarisieren. Die Mön-
che und Amtsleute mußten das Bürgerrecht annehmen und den Bürgereid leisten. Im Juli 1525 kehrte der

21 Ein in modernes Deutsch übertragener Abdruck des Ver-
trages findet sich in Hecker, Stadt, S. 14-31. In diesem
Vertrag wird erstmals der berühmte Münsterkäse
erwähnt.
22 Vgl. Bornert, Monastères II,1, S. 382.
23 Zu Heinrich VIII. von Fleckenstein vgl. Sehling, EKO
XX,1, S. 77 und 368 sowie in diesem Band die
Abschnitte über die Herrschaft Fleckenstein (S. 89f.)
und über die Stadt Hagenau (S. 407f.).
24 Zu diesem Bestand s. Scherlen, Inventar, S. 2-6.

25 Vgl. Ohl, Geschichte, S. 94.
26 Zu Leodegar, Bischof von Autun und Ratgeber Childe-
richs II., und seiner Verehrung im Mittelalter vgl. Lex.
d. MA. 5, Sp. 1883; LThK3 6, Sp. 831.
27 Zu den im 11. und 12. Jh. gehäuft auftretenden Bar-
tholomäuspatrozinien vgl. Lex. d. MA. 1, Sp. 1491.
28 Vgl. Scherlen, Muhlbach, S. 20; Bornert, Mona-
stères II,1 , S. 374.
29 AMS 1 R 33 (5. Dezember 1569).

341
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften