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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0375
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1. Kientzheimer Vertrag 1575

sich dessen alßbald verwaigert und iren pfarrherren
und schulmeistern, dieweil sy nit seiner religion, ire
vorige competenz nit entrichten wöllen, und derhal-
ben begert, den yetzigen administratorn dahin zu-
weisen, daß er beiden pfarrherren in der statt und
Mülbach, auch dem schulmeister, ire competenz wie
von alters her unwegerlich reiche, hergegen aber der
herr administrator sampt seinen herren beystände-
ren vermainte, daß sy des nit schuldig, dieweil sol-
ches durch die beede hiec vermeldte vorige äbbt ohn
zuthun, bewilligung und vorwissen der damals fürst-
lichen durchlaucht, auch fürstlichen gnaden zu Ba-
sell20, beschehen, ist letzlichen solcher streit dieses
puncten halben der unterhaltung nachfolgender ge-
stalt verglichen, nemlich:
So viel erstlich die unterhal- |137r| tung eines pfarrers
in der statt Münster belangt, daß der yetzig herr
administrator, auch ein jeder nachfolgender prelat
vorthin, innhalt und vermög obangeregt des heyli-
gen reichs religions fridens disposition nach, unwai-
gerlich einem yeden predicanten in der statt Mün-
ster jarlich raichen soll21: ßviertzig gulden an gelt,
zehen viertel waitzen, zehen viertel roken, fünff
viertel gersten, fünff viertel habern, zwey fuder
wein, ein matten, ein hanfland, ein sester22 saltz, ein
krautgarten, ein sester erbsen, ein sester bonnen und
dann das gewonlich pfarrhauß, γeinem Schulmeister
aber: fünff gulden an gelt, acht ohmen23 wein und
acht viertel korns. δSo viel aber die competenz, so

Järliche competenz.
γ Schulmeister.
ο Pfarrherr zu Mülbach.
ε Collatur.
ζ Presentation.
η Holhüppen.

c B: hie ob
d B: zehenden sechs jar lang lang eingezogen.
e-e In A doppelt: mehr befunden, so der yetzig administra-
tor solchen überschuß der ain und achtzig pfundt, sech-
zehen schilling, sechß pfenning.
f-f ! B: reserviert und vorbehalten soll seyn.

20 Gemeint ist der Bischof von Basel.
21 Vgl. RTA, JR 20,4, Nr. 390, S. 3111 (Art. 21): Und sollen
dannocht von solchen [...] guettern die notturftige ministeria

ein prelat des gottzhauß einem caplan zu Mülbach
gereicht: alß zehen gulden an gelt, zehen viertel
früchten, ein halb fuder wein, belangt, ist beredt,
daß burgermeister und rath der statt Münster solch
gelt, frücht und wein fallen sollen lassen24. Und
demnach ein ersamer rath der statt Münster von
wegen nitreichung solcher, des pfarrers, caplans zu
Mülbach und des Schulmeisters Competenz, so sich
uff die fünfftzehen hundert gulden angeloffen, her-
gegen25 dem gottzhauß den zehendend26, da sich dan
an dem überschuß solches eingenommenen zehenden
ain und achtzig pfundt, sechzehen schilling, sechs
pfenning emehr befunden, so der yetzig administra-
tor solchen überschuß der ain und achtzig |137v|
pfundt, sechzehen schilling, sechß pfenninge auch
fallen lassen, und also obbemeldter span zugleich
auch aufgehebt und verglichen sein.
εDarneben ist auch außtrukenlich abgeredt wor-
den, daß einem praelaten des gottshauß Münster
hiedurch sein ius patronatus und collatur, wie sich
dis orts die fäll zutragen möchten, nichts benom-
men27, sondern hiemit per expressum fkonservirt
und vorbehalten seyn sollf ζEs soll auch meister und
rath der statt Münster yederzeit den angenomme-
nen predicanten einem prelataten des gottshauß
praesentiren oder namhafft machen, ηdeß-
gleichen auch dieselbige dahin halten, daß sie sich
deß holhipenß28 und schmächens im predigen oder
anderswo wider ine, den herren administratoren,
oder andere der alten religion anhängige gäntz-

der khirchen, pfarren und schuelen, auch die almuesen und
hospitalia, die sy vormals bestellt und zu bestellen schuldig,
[...] auch nochmalen bestellt und versehen werden, ungeacht,
wes religion die sein.
22 Sester (sextarius) ist ein Hohlmaß für Salz, Getreide u.a.
mit je nach Gebiet unterschiedlichen Volumengrößen
(ca. 15-18 Liter).
23 Flüssigkeitsmaß, zwischen ca. 135 und 150 Litern.
24 Darauf verzichten sollen.
25 Als Gegenmaßnahme, s. FWb 7, Sp. 1787.
26 Hier ist sinngemäß nit reichen („vorenthalten“) zu er-
gänzen. Bürgermeister und Rat hatten den Zehnten
nicht an die Abtei abgeliefert, s. dazu die Einleitung
S. 344.
27 Nichts entzogen, s. FWb 3, Sp. 1286-1288.
28 Spottens, Scheltens, s. DRW 5, Sp. 1401 und Grimm,
DWb 10, Sp. 1719.

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