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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0397
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2. Kirchenordnung [1575/1580]

kräfftiget und bestehtiget, sondern auch nachfolgen-
der maßen erklärt und erläuttert haben, als nemli-
chens, das nun hinfüro in unser oberkeit und gebiett
die kinder, knaben und töchter, sich ohne ihrer el-
teren, als tvatter, muttert, item vormünder und
vogt, auch in mangel derselben unser, als diß orts
ordenlicher | oberkeit, vorwißen und bewilligung
keins wegs verheürathen und versprechen oder im
wenigsten verloben sollen, und daselbig bey verwey-
sung statt und thals uoder bey straff zehen kronen,
je nach verwirckung der sachu. Im fahl auch, ein
solche vermeinte verlobung wider diß unser gebott
geschehe oder fürgenommen würde, so wöllen wir
dieselbe hiemit, jetz als dann und dann als
jetzo56, als unkräfftig und unbündig57 uffgehebt,
caßirt, vernichtiget und allerdings abgethon haben.
6. Das sich kein welscher mit einiger burgerstochter
verloben soll
πWir setzen, ordnen und wöllen auch, das fürohin
kein welscher sich mit einiger burgers tochter oder
wittib58 ohn unser vorwißen, zulaßen und bewilli-
gung verheürathen oder versprechen soll, mit diser
außtruckenlichen betrawung, das, wa sich uber dises
unser verbott ein solche ehe begeben wirt, das als-
dann beede, mann und weibspersonen, alsbald statt
und thals verwiesen und nimmermehr zu keinem
burger oderv burgerin uff- und angenommen werden
sollen.
w7. Wider das ärgerlich verheürathen
pWeiter, als in unser oberkeit und gebiett vor etlich
vil jaren deß hey[ligen] ehestands halb diser ärger-
lich gebrauch eingerißen und sich von tag zu tag je
lenger je beschwärlicher erzeigen will, das etliche

π 1570, 1575.
ρ Sambstag post Viti et Modesti anno 1577 [22. Juni],

t-t C: vatter unnd mutter.
u-u Gestr. in B. Fehlt in C.
v C: und.
w-w Der siebte Abschnitt fehlt vollständig in C.
x-x Gestr. in B.

unser burger und burgerin in statt und thal, denen
der allmächtig ihre ehemänner oder eheweiber durch
den zeitlichen tod hinweg genommen, so bald sie ih-
ren wittwen stand verendert und widerumb zur ehe
gegriffen haben, gleich nach gethoner zusag und ver-
sprechen vor dem kirchgang zusamen gezogen, mit-
einander haußgehalten und etwan vil wochen vor
der hochzeit ohne nit geringe ärgernuß beyeinander
geseßen, ja auch zuzeiten einander widerumb ab-
hold, müed und ubertrußig worden seind, daher
dann auch erfolgt, das durch | solch böß exempel
junge, ledige personen, söhn und töchter, auch ur-
sach genommen, das sie sich gleichsfahls vor dem
kirchgang miteinander unordenlicher weis einge-
laßen und vermischt haben. Welches unchristlich, ja
viehisch leben und wesen leider so tieff eingerißen
oder gewurtzelt hatt, das es schier fur kein sünd
mehr gerechnet, sonder fur ein wolstand59, alt her-
kommen und gebrauch gehalten werden will.
Weil aber der hey[lige] ehstand nit also leichtfertig
und üppig, sonder vilmehr mit. der forcht Gottes
und anrüeffung seines göttlichen namens angefan-
gen werden soll, und dann solche personen, so sich
vor dem kirchgang zusamen thun, nit allein ihre ge-
wißen beschwären und den nechsten ärgeren, sonder
sich auch an Gottes ordnung und stifftung schwär-
lich vergreiffen, und also nit von Gott, dem allmech-
tigen, so ein Gott der ordnung ist60, sonder vom lei-
digen teufel als dem anstiffter aller unordnung und
unzucht zusamen gefuegt werden, auch, wa sie es
Gott nit abbitten, weder glückh noch segen im ehe-
stand zuverhoffen und zugewarten haben, so hatt
uns, als einer x(ohnerhumzumelden)x christlichen
obrigkeit, unsers tragenden und von Gott anbefoh-
lenen ambts halben, vor Gott und der welt unver-
antwurtlich fallen wöllen, solchem unverschambten,

56 Zur Junktur jetzt als dann und dann als jetzt (daneben
auch: dann alsjetzt undjetzt als dann) s. DRW 6, Sp. 493.
57 Nicht bindend.
58 Witwe.
59 Etwas der Sitte entsprechendes, Wohlanständiges, s.
Grimm, DWb 30, Sp. 1182.
60 1Kor 14,33.

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