3. Ordnung für das Ehegericht 1577
3. Ordnung für das Ehegerichta
1577
Ehegerichtsordnung, anno 1577 auffgerichtet
Nach dem im außgekündten, hochverpeenten reli-
gionsfriden1, inn anno tausent fünffhundert fünfft-
zig fünff zu Augspurg uffgerichtet, under andrem
heilsamlich und wol versehen, disponiert und ver-
ordnet, das die gaistlich oder bäbstlich jurisdiction
wider die ständ, so der Augspurgischen Confession
zugethon und verwandt sind, nitt statt haben, son-
der biß zu endtlicher vergleichung der religion aller-
dings2 ruwen und suspendiert sein soll3, unnd nitt
allein die hohe ständ, alß chur- und fürsten, graven
und herrn und die von der ritterschafft, sonder auch
die erbare frey- und reichsstätt unserer wahren apo-
stolischen und christlichen religion der Augspurgi-
schen Confession inn krafft angeregts religionfridens
ire eigene |101v| consistoria, ehe- und kürchengericht
albereit4 angeordnet unnd noch täglich anordnen,
inn welchen gerichten alle sachen unnd ehehändel
und was den selben anhängig erörttert und entschie-
den werden, unnd dann wir, alß gleichwol ein ge-
ring, doch gehorsamb und unzweyvenlich glid des
h. reiches, nit weniger alß die höchern ständ uns des
heilsamen religionfridens zuerfrewen haben und uns
unbenommen ist, ein eigen ehegericht inn unser
oberkeit und gebiett uff- und anzurichten unnd sol-
che strittige ehehändel, so biß anhero inn unserm
gewonlichen wuchenrath ohne nitt geringe verhin-
derung anderer fürfallender geschefft und burgerli-
cher sachen erörttert worden sind, ordenlicher weiß
a Textvorlage (Handschrift): AM Munster AA 8, Bl.
101r-108v.
1 Proklamierten und (bei Übertretung) durch Strafe gesi-
cherten Religionsfrieden (auskündigen - s. FWb 2,
Sp. 1125; verpênen bzw. verpönen - s. Lexer 3, Sp. 191
und Grimm, DWb 25, Sp. 974).
2 Vollständig, s. FWb 1, Sp. 790f.
3 RTA JR 20,4, Nr. 390, S. 3110f. (Art. 20). Vgl. dazu
auch das Zitat unter Nr. 1, Anm. 32.
entscheiden zulaßen, so sind wir auß vilen ansehen-
lichen, trefflichen |102r| ursachen, besonders aber,
damitt andere burgerliche händel im wuchenrath
durch die ehesachen nit uffgehallten, sonder befür-
dert werden künden, anbewegt5 worden, wie andere
ständ und stätt der Augspurgischen Confession ein
sonder ehegericht anzuordnen unnd ein ungevarli-
chen proceß6 fürzuschreiben, wie hinfüro inn fürfal-
lenden ehesachen procediert unnd vollfaren werden
soll.
I. Wie und welcher massen, auch mit wievil
personen, das ehegericht besetzt werden soll
Anfänglich, nach dem von allter hero biß uff dise
zeitt, auch noch mitt besitzung7 unsers gewonlichen
stattgerichts, dise ordnung gehallten worden ist, das
allweg von Weihennachten biß Johannis Bap-
tiste8 die vier meister im Grossen thal sampt dreyen
statträthen und dann von Johannis Baptiste biß
wider- |102v| umb uff Weihennächten die beide mai-
ster im Kleinen thal, item der maister zu den klei-
nen dörffern sampt den uberigen dreyen statträthen
das gericht besäßen9, so wöllen wir diß unser ehe-
gericht gleichermassen zu besitzen hiemit verordnet
haben, also und dergestalt, das järlich von Weihen-
nächten biß uff S. Johann des Teüffers tag die vier
maister im Grossen thal und der regierend burger-
4 Bereits, s. FWb 1, Sp. 754.
5 Dazu bewegt, veranlaßt, s. FWb 1, Sp. 1582 (s.v. anwe-
gen).
6 Ungefähren Ablauf des Verfahrens.
7 Besetzung, s. Grimm, DWb 1, Sp. 1626. Vgl. auch die
Verwendung von besitzen im weiteren Text.
8 24. Juni.
9 Zur Zusammensetzung des Rats mit Vertretern aus der
Stadt und den Gemeinden des Groß- und des Kleintals s.
die Einleitung, S. 340.
383
3. Ordnung für das Ehegerichta
1577
Ehegerichtsordnung, anno 1577 auffgerichtet
Nach dem im außgekündten, hochverpeenten reli-
gionsfriden1, inn anno tausent fünffhundert fünfft-
zig fünff zu Augspurg uffgerichtet, under andrem
heilsamlich und wol versehen, disponiert und ver-
ordnet, das die gaistlich oder bäbstlich jurisdiction
wider die ständ, so der Augspurgischen Confession
zugethon und verwandt sind, nitt statt haben, son-
der biß zu endtlicher vergleichung der religion aller-
dings2 ruwen und suspendiert sein soll3, unnd nitt
allein die hohe ständ, alß chur- und fürsten, graven
und herrn und die von der ritterschafft, sonder auch
die erbare frey- und reichsstätt unserer wahren apo-
stolischen und christlichen religion der Augspurgi-
schen Confession inn krafft angeregts religionfridens
ire eigene |101v| consistoria, ehe- und kürchengericht
albereit4 angeordnet unnd noch täglich anordnen,
inn welchen gerichten alle sachen unnd ehehändel
und was den selben anhängig erörttert und entschie-
den werden, unnd dann wir, alß gleichwol ein ge-
ring, doch gehorsamb und unzweyvenlich glid des
h. reiches, nit weniger alß die höchern ständ uns des
heilsamen religionfridens zuerfrewen haben und uns
unbenommen ist, ein eigen ehegericht inn unser
oberkeit und gebiett uff- und anzurichten unnd sol-
che strittige ehehändel, so biß anhero inn unserm
gewonlichen wuchenrath ohne nitt geringe verhin-
derung anderer fürfallender geschefft und burgerli-
cher sachen erörttert worden sind, ordenlicher weiß
a Textvorlage (Handschrift): AM Munster AA 8, Bl.
101r-108v.
1 Proklamierten und (bei Übertretung) durch Strafe gesi-
cherten Religionsfrieden (auskündigen - s. FWb 2,
Sp. 1125; verpênen bzw. verpönen - s. Lexer 3, Sp. 191
und Grimm, DWb 25, Sp. 974).
2 Vollständig, s. FWb 1, Sp. 790f.
3 RTA JR 20,4, Nr. 390, S. 3110f. (Art. 20). Vgl. dazu
auch das Zitat unter Nr. 1, Anm. 32.
entscheiden zulaßen, so sind wir auß vilen ansehen-
lichen, trefflichen |102r| ursachen, besonders aber,
damitt andere burgerliche händel im wuchenrath
durch die ehesachen nit uffgehallten, sonder befür-
dert werden künden, anbewegt5 worden, wie andere
ständ und stätt der Augspurgischen Confession ein
sonder ehegericht anzuordnen unnd ein ungevarli-
chen proceß6 fürzuschreiben, wie hinfüro inn fürfal-
lenden ehesachen procediert unnd vollfaren werden
soll.
I. Wie und welcher massen, auch mit wievil
personen, das ehegericht besetzt werden soll
Anfänglich, nach dem von allter hero biß uff dise
zeitt, auch noch mitt besitzung7 unsers gewonlichen
stattgerichts, dise ordnung gehallten worden ist, das
allweg von Weihennachten biß Johannis Bap-
tiste8 die vier meister im Grossen thal sampt dreyen
statträthen und dann von Johannis Baptiste biß
wider- |102v| umb uff Weihennächten die beide mai-
ster im Kleinen thal, item der maister zu den klei-
nen dörffern sampt den uberigen dreyen statträthen
das gericht besäßen9, so wöllen wir diß unser ehe-
gericht gleichermassen zu besitzen hiemit verordnet
haben, also und dergestalt, das järlich von Weihen-
nächten biß uff S. Johann des Teüffers tag die vier
maister im Grossen thal und der regierend burger-
4 Bereits, s. FWb 1, Sp. 754.
5 Dazu bewegt, veranlaßt, s. FWb 1, Sp. 1582 (s.v. anwe-
gen).
6 Ungefähren Ablauf des Verfahrens.
7 Besetzung, s. Grimm, DWb 1, Sp. 1626. Vgl. auch die
Verwendung von besitzen im weiteren Text.
8 24. Juni.
9 Zur Zusammensetzung des Rats mit Vertretern aus der
Stadt und den Gemeinden des Groß- und des Kleintals s.
die Einleitung, S. 340.
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