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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0431
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Einleitung

und die Vorbereitung auf den Jüngsten Tag. Die Bestattung eines Sohnes des Ratsherrn Johannes Esch-
bach, der zur Hagenauer Delegation in Tübingen gehört hatte, nutzte er zu einer Ausführung über die
richtige Gestaltung des christlichen Begräbnisses.
Der Unterlandvogt Nikolaus Bollweiler, der zur Beobachtung regelmäßig an den Predigten in der Fran-
ziskanerkirche teilgenommen zu haben scheint, berichtet von etwa 200 bis 300 Besuchern. Er bezeichnet
Andreä als einen der beredsamsten Vertreter der Augsburger Konfession und einen erbitterten Feind der
alten Kirche79. Die konfessionelle Polemik nahm in Andreäs Predigten allerdings einen eher geringen Raum
ein; lediglich am zweiten Weihnachtstag (Stephanstag) setzte er sich ausführlich mit den Lehren des Tri-
dentinischen Konzils auseinander. Vielmehr versuchte er in seinen Predigten den Nachweis zu führen, daß
die evangelische Lehre keine Neuerung darstelle, sondern eine Rückkehr zur ursprünglichen Botschaft Jesu
Christi sei. Die biblische Lehre sah er dabei in den sechs Hauptstücken des Katechismus zusammenge-
faßt80.
In zwei Briefen, vom 3. und vom 12. Dezember 1565, schilderte Andreä dem Präsidenten des Straß-
burger Kirchenkonvents Johannes Marbach seine Tätigkeit in Hagenau81. Am 8. Januar 1566 kehrte er
nach Württemberg zurück. Die 19 in der Franziskanerkirche gehaltenen Predigten veröffentlichte er noch
im gleichen Jahr in Tübingen; laut Widmungsschreiben geschah die Drucklegung auf den Wunsch des
Hagenauer Rates hin82. Bis kurz vor seinem Tod stand er in brieflichem Kontakt mit der Stadt und beriet
sie in kirchlichen Fragen83.
Bereits vor der Rückkehr Andreäs hatte Herzog Christoph den aus Giengen a. d. Brenz stammenden
Doktor der Theologie Philipp Heerbrand, der bisher im württembergischen Lauffen tätig gewesen war, als
ersten beständigen Pfarrer nach Hagenau entsandt84. Dort wurde er noch von Andreä in sein Amt einge-
führt. Heerbrand wirkte bis zu seinem Tod im Februar 1575 in Hagenau. Sein Nachfolger wurde mit Georg
Volmar wiederum ein Württemberger; Volmar hatte zuvor das Amt des Diakons in Hagenau bekleidet.
Wiederum übernahm Andreä die Amtseinführung. Auch die weiteren Pfarrer Georg Hengher (ab 1611) und
Sebastian Springer (ab 1618) waren Württemberger und hatten jeweils in Tübingen studiert85.
Bei der Herkunft der Geistlichen ist es verständlich, daß der Brenzsche Katechismus in Hagenau Ein-
zug hielt86. Als Herzog Ludwig von Württemberg im August 1577 den Hofprediger Lukas Osiander und den
Rat Hippolyt Rösch (Resch) mit einem Exemplar der Konkordienformel nach Hagenau entsandte, leisteten
die evangelischen Kirchen- und Schuldiener ohne Zögern die Unterschrift87. Der Rat selbst mußte dagegen
wegen der konfessionellen Spaltung der Stadt bei der erneuten Werbung des Herzogs im Oktober bzw.
Dezember 1579 auf eine Unterzeichnung der Konkordienformel und ihrer Praefatio verzichten88.

79 AD Bas-Rhin C 5, Nr. 17. Vgl. auch das Zitat Bollwei-
lers in Grasser / Traband, Histoire de Haguenau,
S. 92.
80 Zu den Predigten vgl. auch Jaeger, Réformation,
S. 24f., Hanauer, Protestantisme, S. 133-139 und
Dollinger, Protestantisme, S. 69f.
81 Die Briefe sind enthalten in Fecht, Historiae ecclesia-
sticae [...] supplementum, Nr. XCV, S. 212f. und Nr.
XCVII, S. 214f. Magna gratia facta est huic urbi, quod
hactenus opinionibus perversis non sit distracta; papatum
si aboleveris, spero, eos fore oves Christi obsequentes.
82 Vgl. Nr. 3, S. 6: weil E[wer] E[rnvesten] W[ohlweisen] fur
nutzlich angesehen und begert, das dise meine Predigen [...]
in Truck verfertigt und andern Leuten auch mitgetheilt wer-
den möchten.
83 Vgl. die in AM Haguenau GG 51 überlieferten Briefe.
Das letzte Schreiben datiert vom 11. März 1588.
84 Das Empfehlungsschreiben des Herzogs für Heerbrand

vom 3. Dezember 1565 sowie das Dankschreiben des
Hagenauer Magistrats vom 11. Dezember 1565 aus AM
Haguenau GG 51 sind abgedruckt bei Jaeger, Réfor-
mation, S. 27-29.
85 Vgl. Bopp, Geistliche, Nr. 2102 und 5000. Bei Sebastian
Springer handelt es sich um den Sohn von Barbara Heer-
brand, einer Tochter des ersten Hagenauer Pfarrers Phil-
ipp Heerbrand.
86 Vgl. Brecht / Ehmer, Südwestdeutsche Reformati-
onsgeschichte, S. 229.
87 Vgl. die Schreiben Herzog Ludwigs in AM Haguenau
GG 51, Nr. 11-13 (eine Kopie der Konkordienformel fin-
det sich dort unter Nr. 10). Die Unterschrift der Kirchen-
und Schuldiener ist im Brief des Herzogs vom 23. Okto-
ber 1579 erwähnt (ebd., Nr. 15 und 16).
88 Vgl. AM Hagenau GG 51, Nr. 15-17. Kurfürst August
von Sachsen hatte in einem Brief an Herzog Ludwig von
Württemberg vom 10. September 1579 eine solche

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