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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0477
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9. Erklärung der evangelischen Ratsmitglieder 1603

Gottes seegen unnd benedeyung gnediglich ruwig
bißheer erhaltten, darinnen inen sonderliche einträg
inn guter zeit heero20 nicht begegnet.
Es haben erngedachte, unsere liebe vorfahren beim
ratth, die der Augsp[urgischen] Confession zuge-
than, gleich von anfang der religion weilund hertzog
Christoff zu Würtemberg21, hochseeliger gedecht-
nus, das ihr f[urstlich] g[naden] sie mit praedicanten
| unnd schueldienern versehen wölte, underthenig er-
sucht und gebetten22, nicht zwar, das man sich dar-
umb gegen ihr f[urstlich] g[naden] einicher juris-
diction oder landtsfürstlicher oberkeit hette wollen
unnderwürffig machen unnd die kay[serliche] ma-
yestat oder die freiheitt unsers geliebten vatter-
landts23 uff ein ortt stellen24, welches ihr f[urstlich]
g[naden], wie auch hernacher weilund hertzog Lud-
wig, hochseeliger gedechtnus25, dessen f[urstlich]
g[naden] man ebenmeßig26 ersucht, noch auch jezi-
ger regierender fürst gewießlich nie inn ihre ge-
dancken genommen, sondern ist dahin geschehen,
dieweil menniglich bekandt, das das löbliche fürst-
liche hauß Württemberg uff dergleichen personen
järlichs ein stattliches zuwenden gute gelegen-
heit27 unnd das ohne ihr f[urstlich] g[naden] gnedi-
gen consens unnd verwilligung sich solche qualificir-
te personen, welche ihr underhaltung und guthaten
von ihr f[urstlich] g[naden] empfangen, zu andern
diensten sich nicht begeben könden, darumb sie
dann nicht allein von unß, sondern andern fürnemen
reichsstetten, die im fall gar wohl namhaft gemacht
werden können28, ihnen dergleichen folgen, zu viel
mahlen underthenig sein ersucht, welche auch ires
billich meßigen und trewhertzigen suchens vonn ihr
f[urstlich] g[naden] fürstlich unnd gutwillig auß

20 Bisher, seither, s. Grimm, DWb 31, Sp. 581.
21 Zu Herzog Christoph I. von Württemberg vgl. das Bio-
gramm unter Nr. 2, Anm. 1.
22 Vgl. dazu das Schreiben der Stadt Hagenau an Herzog
Christoph vom 9. November 1565 (Nr. 2).
23 Zu vatterlandt im Sinne von „Vaterstadt“ vgl. Grimm,
DWb 25, Sp. 38f.
24 Aufgeben, s. Grimm, DWb 13, Sp. 1352.
25 Zu Herzog Ludwig von Württemberg vgl. das Biogramm
unter Colmar Nr. 5, Anm. 1.

christlichem eyffer, welchen sie jederzeit zu unserer
wahren christlichen religion getragen, sein gewerth
worden.
Wie nun anderer reichsstett verordnete kirchen pfle-
ger nichts wider ihres vatterlandts freyheitt noch
die röm[ische] kay[serliche] mayestat damit gehan-
delt oder sich inn einige jurisdiction dardurch ver-
meintlich begeben, also kan unß solches auch mit
keinen fuegen zugelegt29 oder beygemessen werden. |
Unnd, da man ja vermeinen woltte, wir hetten hier-
an zuviel gehandelt unnd ihre f[urstlich] g[naden]
durch solch unser christlich suchen etwas einge-
raumbt, dessen wir doch mit nichten gestendig sein
künden, so zweiflen wir nicht, es werde uff unnser
ferner ersuchen, da wir ja des unbillichen verdachts
nicht wolten erlaßen werden30 und wirs an ihre
f[urstlich] g[naden] zu rettung unserer unschuldt
gelangen lassen müßten, sich selber soviel gnedig er-
cleeren, das dardurch gnugsam an das liecht
gebracht unnd offenbar werden soll, das von unß
weder zuviel oder unrecht geschehen oder hierinn
ettwas newes fürgenommen sey, dieweil, wie obge-
meldt, von unsern vorfahren one schmelerung und
abbruch unserer gemeinen statt freiheitt dergleichen
zu underschiedlichen mahlen geschehen, welche aber
mit dergleichen fürrucken31 sein verschonet geblie-
ben.
Wann man sich denn erinnert unnd berichten lassen
will, wie keiserlich unnd milt sich weylund keiser
Ferdinandus32, allerhochseeligster unnd miltigster
gedechtnus, alß man den hochbeteurten religion fri-
den uffgericht, wegen der erbarn frey- unnd reichs-
stett der religion halber erklert, so wird man befinn-

26 In gleicher Form, s. DRW 2, Sp. 1178.
27 Hier wohl: die Möglichkeit hat, zurückzugreifen.
28 Vgl. hierzu den Abschnitt über die Reichsstadt Colmar,
deren Geistliche vielfach aus dem Herzogtum Württem-
berg oder aus den zu Württemberg gehörigen Gebieten
im Elsaß stammten.
29 Zugerechnet, s. Grimm, DWb 32, Sp. 514.
30 Entlastet, befreit werden, s. Grimm, DWb 3, Sp. 889.
31 Vorwürfen, s. Grimm, DWb 26, Sp. 1425.
32 Zu Kaiser Ferdinand I. vgl. Colmar Nr. 1, Anm. 52.

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