10. Verbot jeglicher Angriffe und Diskussionen wegen der Religion 1610
10. Verbot jeglicher Angriffe und Diskussionen wegen der Religiona
5. April 1610
Liebe und gute freunndt,
derwegen unsere herren, m[eister] und r[ath], diser,
deß h. r[eichs] camer und statt H[agenau], alß die
ordenlich und von Gott furgesetzte oberkeyt, inen
bißhero mit wolgemeintem ernst und eyfer jeder zeit
hochlich und sorgfeltigklichb angelegen sein laßen,
das sy sowol under sich selbs als [under] gantzer ge-
meiner burgerschaft hindersaßen, zu- und angeho-
rigen gute ruoh, frid und einigkeyt erhalten und fort
pflantzen, dargegen allen widerwillen, gezänck, ha-
der und uneinigkeyt getreuwlich zu verhüeten und
fürkomen mechten, so haben sy zum selbigen ende
mehrmaln heylsame, nutzliche, wolerwogene edicta,
erinnerungen, warnungen, gebott und verbott of-
fendtlich verkünden1, auch in der zunft büechlen
einzuschreyben und zun fronfasten gebotten, allen
zunftbrüedern undc stubengesellend | vorzulesen,
ernstlich und wolmeynendt befelhen laßen, das
namlichen keiner den andern seinen religion, glau-
bens und bekantnuße, ceremonien und gottsdiensts
halben vexieren2, stumpfieren3, antasten, verachten,
noch in ander weg beschweren, sonder ye einer den
andern in seinem gwißen und glauben ungeirrt und
rüwig verbleyben laßen, noch unnötigerweiß mit
disputieren angreyffen solle, dahero dan allen und
jeden burgern, hindersaßen und zugehorigen von
a Textvorlage (Handschrift): AM Hagenau GG 54, Nr. 10
(ohne Blattzählung).
b Korr. aus: ernst.
c Erg. über der Zeile.
d Gestr.: offendtlich.
e Gestr.: halben.
f Korr. aus: und.
g-g Erg. am Rand.
h Erg. über der Zeile.
i-i Erg. am Rand.
1 Diese unterschiedlichen Erlasse scheinen nicht mehr er-
halten zu sein.
2 Zu vexieren vgl. Nr. 8, Anm. 4.
rechts, erbar- und billigkeyt wegen obgelegen4, irer
oberkeyt den schuldigen gehorsam vermög aidt und
pflichten hierinnen zu laisten.
Nachdem aber das ermelte unsere herren glaublich
anlangt, das bey ettlichen, sowol einer als der an-
dern religion (gemeinigklich irrigen, unruwigen köp-
fen), sich geradt das widerspil5 befinde, das wen sy
beym wein trincken, zechglahen6, | inf offnen gast-
herbergen und würtzhäusern gund zechgesellschaf-
teng sitzen, sy nit allein der religion halben un-
zeytigs7 disputierens erregen, dahero stumpfieren,
verachten, schenden, schmähen, auch Gotts leste-
rungen verursachen, sonder auch vonh den jetziger
zeyt in disen landen sich halltenden widerwertigen
kriegsherren8 sich allerhandt ungebürlicher, spottli-
cher oder auch verächtlicher reden und solches ge-
sprächs, das einer disem, der ander ierem theyll guts
gönne und sich beypflichtig zu machen begere, hö-
ren und vernemen laßen dorffen, alles ungeacht und
unerwogen, wem sy trew, pflicht und aide schuldig
seynnt i(inmaßen dan ettlich einem erw[ürdigen]
se[nat] deßhalben namhaft gemacht werden und den
weg der straf gegen inen vorbehalten ist)i.
Wan dan solches alles zu anders nichts als unruoh,
widerwillen, zanck und größerer verbitterung die-
3 Zu stumpieren bzw. stumpfieren vgl. Nr. 1, Anm. 14.
4 Verpflichtet sind, s. Grimm, DWb 13, Sp. 1112 und
DRW 10, Sp. 204f.
5 Gegenteil, s. Grimm, DWb 29, Sp. 1236f. (dort auch
mit dem Hinweis auf die Verstärkung durch geradt); Wb.
d. elsäss. Mundarten 2, S. 539.
6 Zechgelagen.
7 Unpassendes, mutwilliges, s. Grimm, DWb 24,
Sp. 2280f.
3 Möglicherweise sind hier die Truppenbewegungen im Zu-
sammenhang mit dem Jülich-klevischen Erbfolgekrieg
gemeint, an dem u.a. auch französische Truppen beteiligt
waren.
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10. Verbot jeglicher Angriffe und Diskussionen wegen der Religiona
5. April 1610
Liebe und gute freunndt,
derwegen unsere herren, m[eister] und r[ath], diser,
deß h. r[eichs] camer und statt H[agenau], alß die
ordenlich und von Gott furgesetzte oberkeyt, inen
bißhero mit wolgemeintem ernst und eyfer jeder zeit
hochlich und sorgfeltigklichb angelegen sein laßen,
das sy sowol under sich selbs als [under] gantzer ge-
meiner burgerschaft hindersaßen, zu- und angeho-
rigen gute ruoh, frid und einigkeyt erhalten und fort
pflantzen, dargegen allen widerwillen, gezänck, ha-
der und uneinigkeyt getreuwlich zu verhüeten und
fürkomen mechten, so haben sy zum selbigen ende
mehrmaln heylsame, nutzliche, wolerwogene edicta,
erinnerungen, warnungen, gebott und verbott of-
fendtlich verkünden1, auch in der zunft büechlen
einzuschreyben und zun fronfasten gebotten, allen
zunftbrüedern undc stubengesellend | vorzulesen,
ernstlich und wolmeynendt befelhen laßen, das
namlichen keiner den andern seinen religion, glau-
bens und bekantnuße, ceremonien und gottsdiensts
halben vexieren2, stumpfieren3, antasten, verachten,
noch in ander weg beschweren, sonder ye einer den
andern in seinem gwißen und glauben ungeirrt und
rüwig verbleyben laßen, noch unnötigerweiß mit
disputieren angreyffen solle, dahero dan allen und
jeden burgern, hindersaßen und zugehorigen von
a Textvorlage (Handschrift): AM Hagenau GG 54, Nr. 10
(ohne Blattzählung).
b Korr. aus: ernst.
c Erg. über der Zeile.
d Gestr.: offendtlich.
e Gestr.: halben.
f Korr. aus: und.
g-g Erg. am Rand.
h Erg. über der Zeile.
i-i Erg. am Rand.
1 Diese unterschiedlichen Erlasse scheinen nicht mehr er-
halten zu sein.
2 Zu vexieren vgl. Nr. 8, Anm. 4.
rechts, erbar- und billigkeyt wegen obgelegen4, irer
oberkeyt den schuldigen gehorsam vermög aidt und
pflichten hierinnen zu laisten.
Nachdem aber das ermelte unsere herren glaublich
anlangt, das bey ettlichen, sowol einer als der an-
dern religion (gemeinigklich irrigen, unruwigen köp-
fen), sich geradt das widerspil5 befinde, das wen sy
beym wein trincken, zechglahen6, | inf offnen gast-
herbergen und würtzhäusern gund zechgesellschaf-
teng sitzen, sy nit allein der religion halben un-
zeytigs7 disputierens erregen, dahero stumpfieren,
verachten, schenden, schmähen, auch Gotts leste-
rungen verursachen, sonder auch vonh den jetziger
zeyt in disen landen sich halltenden widerwertigen
kriegsherren8 sich allerhandt ungebürlicher, spottli-
cher oder auch verächtlicher reden und solches ge-
sprächs, das einer disem, der ander ierem theyll guts
gönne und sich beypflichtig zu machen begere, hö-
ren und vernemen laßen dorffen, alles ungeacht und
unerwogen, wem sy trew, pflicht und aide schuldig
seynnt i(inmaßen dan ettlich einem erw[ürdigen]
se[nat] deßhalben namhaft gemacht werden und den
weg der straf gegen inen vorbehalten ist)i.
Wan dan solches alles zu anders nichts als unruoh,
widerwillen, zanck und größerer verbitterung die-
3 Zu stumpieren bzw. stumpfieren vgl. Nr. 1, Anm. 14.
4 Verpflichtet sind, s. Grimm, DWb 13, Sp. 1112 und
DRW 10, Sp. 204f.
5 Gegenteil, s. Grimm, DWb 29, Sp. 1236f. (dort auch
mit dem Hinweis auf die Verstärkung durch geradt); Wb.
d. elsäss. Mundarten 2, S. 539.
6 Zechgelagen.
7 Unpassendes, mutwilliges, s. Grimm, DWb 24,
Sp. 2280f.
3 Möglicherweise sind hier die Truppenbewegungen im Zu-
sammenhang mit dem Jülich-klevischen Erbfolgekrieg
gemeint, an dem u.a. auch französische Truppen beteiligt
waren.
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