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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0500
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Colmar

der Person Christi und um das Abendmahl. Umstrittene Themen wie die Art der Präsenz Christi in Brot
und Wein sollen nicht mehr auf der Kanzel diskutiert werden. Die Geistlichen sollen sich vielmehr um
Gleichförmigkeit in der Lehre bemühen. Neu ist auch die Forderung, Veränderungen bei der Lehre und den
Gottesdiensten nur mit der Genehmigung des Rates vorzunehmen.
Die veränderte Form des Eides ist das Ergebnis der nach der Berufung von Johann Georg Magnus im
Jahr 1589 ausgebrochenen Lehrstreitigkeiten (zu deren Inhalt s. die Erläuterungen unter Nr. 8). In deren
Verlauf hatte Magnus den Pfarrer Christian Serinus persönlich angegriffen und war deshalb vor den Magi-
strat zitiert worden. Die Mitglieder des Magistrats forderten Magnus auf, Serinus als Bruder anzuerken-
nen, und erinnerten ihn dabei auch an den von ihm bei seiner Anstellung geleisteten Eid. Da Magnus trotz
der Ermahnungen aber die Auseinandersetzung weiterführte, wurde er aus dem Dienst entlassen74. In dem
nach seiner Entlassung neu gefaßten Eid, den erstmals die im Januar und Februar 1590 als Helfer nach
Colmar berufenen David Hiemeyer und Andreas Irsamer leisteten75, fanden sich nun Erläuterungen zu den
umstrittenen Lehren. Daß aber auch mit dem neuen Eid die Lehrstreitigkeiten noch nicht beendet waren,
zeigt deutlich die Absetzung Hiemeyers nach nur viermonatiger Tätigkeit im Mai 1590.
Im Jahr 1615, als die dritte Fassung des Eides erschien, waren die dogmatischen Auseinandersetzungen
abgeklungen. Unter den Geistlichen hatte sich die reformierte Partei durchgesetzt76. Der Eid von 1615
kehrt zur ursprünglichen Bindung der Pfarrer und Diakone von 1575 an die Confessio Augustana und ihre
Apologie zurück. An der Spitze steht nun aber die Verpflichtung zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit
und zur Vermehrung des Nutzens und der Ehre der Stadt. Dieser Eid scheint bis zum Verbot des evange-
lischen Gottesdienstes durch Kaiser Ferdinand II. im Jahr 1628 in Kraft gewesen zu sein77.
3. Feiertagsmandat, 22. Oktober 1575 (Text S. 503)
Wie die Regierung anderer Städte sah auch der Colmarer Rat schon bald nach der Einführung der Refor-
mation die Notwendigkeit, wegen der mißpreuch und unordnungen eine Neuregelung der Feiertage vorzu-
nehmen. Bei seinem Vorgehen berief er sich auf das obrigkeitliche Recht, mit Ausnahme der von der
Hl. Schrift her gebotenen Sonntage die Feiertage politischer weyß zu setzen. In Mülhausen war die Zahl der
Feiertage 1524 in einem ersten Schritt nur vorsichtig reduziert worden; erst nach 1529 erfolgte ein deutli-
cher Einschnitt. Im benachbarten Münster scheint es dagegen während des gesamten 16. Jh. zu keiner
spürbaren Verringerung der Feiertage gekommen zu sein78. Diese zurückhaltende Vorgehensweise läßt sich
auch in Colmar beobachten: Neben den Hochfesten, die jeweils zusammen mit einem oder - im Fall von
Weihnachten - zwei der folgenden Tage begangen werden, bleiben die vier wichtigsten Marienfeste (Licht-
mess, Heimsuchung, Geburt und Empfängnis) sowie die Apostel- und Evangelistentage als Feiertage beste-
hen79. An diesen Tagen soll die Arbeit ruhen. Von einem Verkaufsverbot, wie es in dem dreißig Jahre zuvor,
im Oktober 1544, vom Rat erlassenen Mandat mit dem Titel „Ruf zu halltung des Sontags“ für die Sonn-
und Feiertage verhängt worden war80, ist hier jedoch nicht die Rede.
Nach der Chronik Sigmund Billings sollen am 2. Mai 1584 dann alle Feiertage außer den Hochfesten auf
obrigkeitlichen Befehl abgeschafft worden sein81. Ein entsprechendes Mandat des Rates findet sich jedoch

74 Vgl. Greyerz, City reformation, S. 133-135.
75 Zu ihnen vgl. die Biogramme in Nr. 9, Anm. 13 und 14.
76 Vgl. die Einleitung zu Nr. 13.
77 Zu den Ereignissen der Jahre 1627 und 1628 vgl.
den Überblick in Adam, Kirchengeschichte Elsaß,
S.476-483.
78 Vgl. S. 162f. und S. 346.

79 Zu den Apostel- und Evangelistentagen vgl. Nr. 3,
Anm. 11.
80 Das Mandat vom 19. Oktober 1544 ist in AM Colmar
BB 51, S. 613-615 und in FF 626, Nr. 1 überliefert. Es
war auch erlassen worden, um den zurückgehenden
Besuch der Gottesdienste in der Stadt zu bekämpfen (s.
oben S. 474f.).
81 Billing, Chronik, S. 90.

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