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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0512
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Colmar

[I.] So viell nun die erste quaestion belangen thutt,
wehr ich der | meinung, das ein ehrsamer rhatt sich
bey ihren altten gebräuchen und herkommen handt-
hübe10 und die weltliche jurißdiction, nicht weniger
alß hievor beschehen ist, uber die geistlichen in ihrer
statt wohnenden exercierte und übte, dann nicht al-
lein ein oberkheit, sondern auch ein jede privat per-
son vermög der recht gutte fueg und macht hatt,
sich bey seinen rechten und gerechtigkheitten auch
de facto und mitt gewaldt zudefendieren und zube-
schützen. Nam quilibet imo etiam praedo in sua
possessione se tueri potest, ut tradit Aymo Cra-
vetta11, cons. 4, no. 712, et late Francis[cus] Bur-
sat[us]13, cons. 8, notatur in c. in literis d. restit.
spoliat, in c. Licetb episcopis de praebend.14, Hyp-
pol[itus] de Marsil[iis]15 in 1. De unoquoque16, no. 37
ff. d. | re iudic.17, et late Plotus18 in 1. Si quando,
no. 84 et seq., c. Unde vi19. Wie solches auß den ge-
meinen beschriebnen rechten, des heiligen reichs ab-

b B: literis.

10 Sich schützte, FWb 7, Sp. 1054f.
11 Aimone Cravetta, *9. Oktober 1504 in Savigliano (Cu-
neo) als Sohn eines Rechtsgelehrten, † 11. Oktober 1569
in Salsa di Savigliano. Nach der Promotion an der Uni-
versität Turin zunächst 1535-36 Richter in Cuneo, dann
1538-1545 Anwalt in Grenoble. Aus Ferrara, wo er den
Lehrstuhl für Römisches Recht erhalten hatte, floh er
der Pest wegen zunächst nach Grenoble, dann nach
Chambery und Avignon. 1556 bekam er einen Ruf auf
den Lehrstuhl für Römisches Recht in Pavia; ab 1566
war er Professor in Turin. Seine Hauptwerke sind die
„Praelectiones“ zum Infortiatum und Digestum novum
sowie seine „Consilia sive responsa“. Vgl. Dizionario bio-
grafico degli Italiani 30, S. 580f.
12 Consiliorum sive responsorum Aymonis Cravettae a Sa-
villiano [...] pars prima, Frankfurt a. M. 1572, S. 15.
13 Francesco Borsati (Bursati), Mantuaner Jurist, veröf-
fentlichte 4 Bde. „Consilia sive responsa“, erstmals in
Venedig zwischen 1573-1586 gedruckt, dann 1574-1594
auch in Frankfurt a. M. Vgl. Archivio Biografico Itali-
ano I 189, S. 166f.
14 Consiliorum sive responsorum D. Francisci Bursati,
Mantuani [...] liber primus [...], Frankfurt a. M. 1579,
S. 61.
15 Ippolito Marsili bzw. Marsigli (Hippolyt de Marsiliis),
* 1451 in Bologna, Studium in Bologna, Padua und Fer-
rara, 1480 Dr. utr. iur., lehrte mit Unterbrechungen von

schieden und ordnungen (da es die zeitt leiden
möchte) außfürlicher und stattlicher köndte darge-
than werden.
Und obwol ein ehrsamer rhatt nicht schuldig, die
geistlichen (so wieder ihre pflicht und altt herkom-
men sich in der fürstlichen durchlaucht zu Öster-
reich schutz und schirm begeben und also von eines
ehrsamen rhatts jurisdiction sich zuexemiern under-
standen) zu defendieren, sondern ihnen den bißhero
gehabten schutz und schirm aufzukünden wol be-
fugt wehre, so hiellt ichs | doch für rhattsam, das
solch mittell des aufkündens noch zur zeit einge-
stellt20 würde, biß das die veränderung der religion
fürgenomen und ins werck gericht und christliche
prediger aufgestellt und verordnet worden sündt,
dann sonst stünde zu besorgen, das durch allerhandt
practicken der geistlichen das werck der reformation
möchte verhindert werden. Da aber die religion in

1482 bis 1524 an der Universität Bologna kaiserliches
Recht. Dazwischen übte er mehrfach öffentliche Ämter
im Herzogtum Mailand aus. Er starb 1529 in Bologna.
Seine bedeutendsten juristischen Werke sind die „Sin-
gularia seu notabilia ex utroque iure“ (1501), der „Trac-
tatus de questionibus, in quo materie maleficiorum per-
tractantur“ (1524) sowie die „Practica causarum crimi-
nalium“ (1526). Vgl. Dizionario biografico degli Italiani
70, S.764-767.
16 Dig. XLII 1, 47 (= ClCiv, ed. Krüger 1, S. 715).
17 Gemeint sind hier wohl die Solennia et pene divina com-
mentaria [...] Hippolyti de Marsiliis super lege unica C.
de raptu virginum. [...] Item eiusdem [...] repetitio 1. De
unoquoque ff. de re iudica in Bononiensi gymnasio anno
salutis MDXVIII. lecta, o. O. 1529; eine weitere Aus-
gabe Lyon [1543].
18 Giovanni Battista Piotto (Johannes Baptista Plotus),
* 1518 in Novara. Nach dem Studium der Jurisprudenz
in Padua und Pavia wurde Piotto Sprecher seiner Hei-
matstadt Novara beim Mailänder Senat. Er starb 1570.
Von Piotto ist eine Sammlung „Consilia et responsa“
überliefert.
19 Angeführt wird hier der häufig gedruckte Tractatus De
in litem iurando sive aurea et solennis repetitio 1. Si
quando, c. Unde vi, Novara 1557, Lyon 1559 und 1561
sowie Venedig 1565; in der Ausgabe Lyon 1561 findet
sich die Stelle auf Bl. 50v. Zur lex Unde vi s. Cod. Iust.
VIII 4 (= ClCiv, ed. Krüger 2, S. 332f.).
20 Aufgeschoben, s. DRW 2, Sp. 1468.

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