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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0525
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4. Zuchtordnung [1575]

4. Zuchtordnunga
[1575]1

Lieben Freundt, meine Herren, Maister und Rhadt,
setzen in keinen zweifel, ir habent der Rüff2 des
Gotslesterens, Zutrinckens3 und Uneelichen beysit-
zens4 halben, so in anderthalb jaren nechst hye zum
zweyten mal offentlich verkündt und zuhalten ge-
botten worden, gut wissen. Wölcher gestalten sich
aber ettlich personen ab dem selben sampt oder son-
ders gebessert, was gehorsam sye eim Ersamen
Rhadt darinn geleystet, ist und ligt kundtlich am
tag, das sich solche laster ye lenger ye mer hye und
allenthalben der mossen erwitert, das der erbern
Frey- und Reichstötten gsanten, so kurtz verschie-
ner tagen uß bevelch irer Obern in andern gescheff-
ten beyeinander zu Eßlingen erschinen5, deßhalber
underred zuhaben, größlich bewegt, auch durch sye
einhellig erkannt unnd verabschidet worden, das in
allen Erbern Frey- und Reichstötten die gotzleste-
rung, das zu- unnd volltrincken, Uneelicher beysoß,
Hurey, Kuplen, Dantzen, Spielen und dergleichen
laster abgestellt, nit mer geduldet, sonder zum höch-
sten verbotten werden sollen. Dweil dann ein Ersa-
mer Rhadt alhye bemelte süntliche laster zum theil
hyerinn durch hilff und zuthun irer guten freund,
der schöffel6, mer dann ein mal offentlich zuhalten
verkündt, aber, als obsteet, verachtlich und
schimpflich gehalten worden, hat ein Ersamer
Rhadt, dem dann soliche erzeygt ungehorsam und
verachtung zu grossem mißfall reycht, zu ernüwe-
rung irer hyevor gethon Rüff und handthabung7,
des sich gemeiner erbern Frey- und Reichstött gsan-
ten entschlossen, widerumb offentlich zuverlesen

a Textvorlage (Einblattdruck): AM Colmar FF 600, Nr. 9.
1 Zur Datierung dient der im ersten Abschnitt erwähnte
Städtetag in Esslingen, der im Jahr 1575 in der schwä-
bischen Reichsstadt abgehalten wurde.
2 Öffentliche Bekanntmachung, Verordnung, s. DRW 11,
Sp. 1278f.
3 Zum Zutrinken vgl. die Erläuterungen unter Mülhausen,
Nr. 2, Anm. 6.
4 Konkubinat, s. FWb 3, Sp. 1003.
5 Vgl. die Einleitung S. 481.

und dem, anderst dann bißher und sonderlich bey
den penen, in den Rüeffen begriffen, gebietlich8
nachzukommen bevelch geben. Unnd lutendt die
selben Rüff wie nachvolgt:
Vom Gottslestern
Wiewol unser Christenlicher glaub der eygent-
schafft und würckung ist, das er einen yeden men-
schen, die gebott Gottes uß rechter lieb zuhalten,
tribt9, deßhalben under den Christen billich on not
sein solt, die menschen zu volziehung der göttlichen
gebott mit penen zu stroffen und zwingen, So hat
doch die vergifft natur der menschen sovil verur-
sacht, das die stiffter Keiserlicher recht uß dapfern
Christenlichen ursachen, zu handthabung der eer
Gottes, die täglichen gotzlesterungen, so also uber-
messig zu schand und befleckung Christenlichs nam-
mens ingebrochen seind, bey den höchsten penen
und Nemlich bey der straff des tods verbotten10, wie
dann solichs die satzungen etlicher Reichstügen,
auch unser heürig11 fürgenommen gebott und ver-
manen, so uff allen Zunfft stuben offentlich uffge-
schlagen, verrer zu halten ußgewisen haben, des ver-
sehens12, soliche ernstliche gebott und vermanungen
solt menklichs getriben und dahin bewegt haben,
das die grossen gotzlesterungen, schwür und
verfluchung göttlichs nammens, der hochgelobten
Marie und aller hailigen gantz abgestelt oder zum
wenigsten gemindert sein solten.

6 Zu den Schöffen vgl. die Einleitung S. 472.
7 Aufrechterhaltung bzw. Durchführung (einer Ordnung),
s. DRW 6, Sp. 74.
8 Gebieterisch, von Amts wegen, s. FWb 6, Sp. 265.
9 Vgl. Ps 119,127; 1Joh 5,3.
10 Vgl. die Constitutio criminalis Carolina, Art. 106, ed.
Kohler / Scheel, S. 57f.
11 Diesjähriges, s. FWb 7, Sp. 2011f.; Grimm, DWb 10,
Sp.1292.
12 In der Hoffnung, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1238.

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