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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0539
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8b. Gutachten zur Deklarationsschrift 1590

8b. Gutaehten der Weißenburger Prädikanten zur Colmarer Deklarationsschrifta
25. Juli 1590
Der ministernn zu Weissenburg censur der Colmarischen confession1

Gnad und fried von Gott, dem vatter, durch unsern
einigen friedenfursten2 Christum Jesum.
Ihr hapt newlicher zeit, ehrwürdiger, wohl gelärtter,
insonders lieber herr und mitbruder in Christo3, uns
kirchendienern allhie zu Weissenburg (deren namen
unden gezeichnet4) ein concept eins confession und
bekantnus, so meister und rhat der statt Colmar ih-
ren kirchendienern auffzudringen, anzunemen und
ihre predigen darnach zu formirn und zu richten un-
terstanden, zugeschickt und unsere einfeltige censur
und urtheil, der kirchen zu gutem, hierüber teutsch
zugeben freuntlich begert und gebetten.
Wan dan wir in allwege, die warheit zu befürdern
und der rechten, reinen lehr promotion zuthun, ohne
das geneigt, darzu auch solches zuthun schuldig
seindt, also, so haben wir solche billiche und gott-
selige petition und ansuchen dem herrn pfarherrn
nit abschlagen können noch sollen. Haben dem
nach, was wir im hertzen halten und glauben von
gemeltem concept, mit dem munde gleich, da wir
desselbigen ansichtig worden, frey heraus bekennet
und dasselbig folgender massen, ohne einigen re-
spect5, allein der warheit zu gut, auß hertzlicher
wohlmeinung hieher auff das papir gebracht, mit
guter zuversicht, es werde es auch niemandt anderst
unß deutten und außlegen.
Und bezeugen wir mit Gott, das gemeltes concept,
es habe es gestellet, wer da wölle, unß kirchen diener

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 98, Nr. 77 (ohne
Blattzählung).

1 Vgl. Nr. 8a.
2 Vgl. Jes 9,5.
3 Die Schrift war den Weißenburger Geistlichen durch Jo-
hann Georg Magnus übersandt worden. Vgl. Greyerz,
City reformation, S. 135, Anm. 51.

samentlich (wie ohn allen zweiffel auch andere
mehr, denen es zukommen möchte) nit wenig be-
trübet. Und tragen dißfals ein christliches, hertz-
liches mitleiden mit dieser betrübten Colmarischen
kirchen. Der allmechtige wölle es in alle wege ver-
bessern. Dan, obwohl obgemeltem concept auch et-
liche puncten einverleipt sind, welche dem reinen
wort Gottes gemäß und für gut lutherisch wol pas-
siren zulassen, so finden sich doch hergegen auch
andere mehr, so mit der zwinglischen und calvini-
schen lehr und meinung gantz uberein kommen und
dem gutten stracks entgegen und zu wider lauffen, |
in massen6 solches ein jeder einfeltiger, reiner pre-
diger, der es nur bloß ablesen7 thut, leichtlich erken-
nen kan, und wir, soviel an uns ist, kurtz darthun
und allein darauff deutten wöllen, nit zweifflende,
andere werden solches weitläuffig zuthun nit under-
lassen:

Und erstlich, so setzt der author des concepts vom
abentmahl des herrn etliche gutte stuck und brau-
chet zwar scheinbarliche wort hierzu, als redte,
glaubte und bekennete er recht von demselbigen,
alß da er sagt: Der leib und das blut Christi wirt
warhafftliglich mit brot und wein im h. abentmal
mitgetheilt und empfangen. Item, der leib und blut
Christi sey warhafftig, nit capernaitisch, nit figura-
te, nit imaginative, sondern ubernatürlicher etc.
weise im abentmal etc.8 Wan man es aber bey dem
liecht besser besiehet und examinirt, so sticht9 er

4 Siehe S. 522.
5 Rücksichtnahme, s. DRW 11, Sp. 938.
6 Wie, s. FWb 8, Sp. 115f.
7 (Öffentlich) verlesen, s. FWb 1, Sp. 236f.
8 Vgl. Nr. 8a, S. 514.
9 Stechen ist hier im Sinne von „verbal angreifen“, „übel
nachreden“ gebraucht, s. FWb 11, Sp. 199f.

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