10. Eheordnung [1593]
zen liesse, auch also verharrlich inn seinem fürneh-
men plibe oder darab stürbe, unnd daß kündtlich
gemacht, solle daß schuldig alß ein desertor oder de-
sertrix, verlasser oder verlasserin, gehaldten unnd
ann deß unschuldigen haab noch gutt, das imme
sonnst oder seinen erben gebüeren möge, kein fer-
nere ansprach17 haben, aber dem unschuldigen theil
ann deß schuldigen gutt sein rechtlich erbschafft
hiemit unnbenohmen, sonder vorbehalten sein. Eß
möge die verlaßung oder desertion sich also lang
verziehen, dem unnschuldigen soltte vermög der
rechten unnd jetzundt reformirter kirchenordnung
vonn den eherichtern18 die ehescheidung gelaßen
werdenn. |87r|
Wann ein ehegemäch aussetzig
Wann ein ehemensch bey dem anndern aussetzig
unnd vonn unnsern dartzu deputirten für außsetzig
erkhanndt, daß solle inn unnser Guttleüthauß19 ge-
nohmen, daß gesundt die zeit deß unngesundten le-
bens ein christlichs mitleiden mit dem kranckhen,
seinem mitleib20, haben, noch seinem vermegen
unnd unnserer billichen erkhandtnuß dem unge-
sundten die pfenndt khauffen, auch, so lang eß
lebdt, mit zimlichen kleidern unnd annderer not-
wendigkeit erhalten, unnd zwischen ihnnen kein
17 Anspruch, s. FWb 1, Sp. 1460-1462.
18 Zu den Eherichtern vgl. Nr. 6.
19 Haus für pflegebedürftige Aussätzige bzw. Leprosen-
haus, s. Pfälz. Wb 3, Sp. 521.
20 Vgl. Eph 5,28. Zum Begriff mitleib vgl. auch Idiotikon 3,
Sp. 981.
21 Zum Problem der Scheidung aufgrund der Erkrankung
eines Ehepartners an Aussatz vgl. die Einleitung zu
weitere ehescheidung dann zu bett unnd tisch fur-
genohmen21. Weren aber die bede eheleuth so arm
unnd daß gesundt garkheines vermögens, wollen wir
doch, wie eß bißdaher gepraucht, das ungesundt
umb Gottes willen einnehmenn22. Gefüele aber her-
nach dem ungesundten durch erb oder anndere fehl
nehrung zu, solle darvon unnserem Guttleüthauß
nach billichenn dingen unnd gestaltsame deß erbß,
damit andere arme leuth dessen genüessen, ein wil-
len gemacht werden23. |87v|
Vonn ehegescheidenenn personen
Würde mann oder weib vonn wegenn getrübener un-
zucht von dem schuldigenn, seinen ehegemahl,
gescheidenn, solle daß unschuldig alle gewonnene
nahrung unnd heirath gut, daß ist datum propter
nuptias, behalten, allein dem schuldigen sein ander
zugepracht gut wider erstatten, darauß unnß der
frevel bezalt unnd abgericht24 unnd damit aller for-
derung endtlediget. Were aber bey den eheleüthen,
wie inn solchen fällen gemeinlich beschicht, nicht
allein nichts gewunnen, sonnder auch das zu beiden
theilen zugepracht gutt nit mehr verhannden, solle
zu unnser erkhanndtnuß stan, wievil dem schuldi-
gen gegeben unnd gevolgdt werdenn solle.
Bucer, Deutsche Schriften 10, Nr. 2, S. 30-32 sowie
S. 38f. (Beilage zu Nr. 2).
22 Aufnehmen.
23 Solle das Leprosenhaus [...] begünstigt bzw. zufrieden-
gestellt werden, s. Grimm, DWb 30, Sp. 156f.
24 Abrichten hier mit der Bedeutung „bezahlen“, „entrich-
ten“, s. FWb 1, Sp. 292f.
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zen liesse, auch also verharrlich inn seinem fürneh-
men plibe oder darab stürbe, unnd daß kündtlich
gemacht, solle daß schuldig alß ein desertor oder de-
sertrix, verlasser oder verlasserin, gehaldten unnd
ann deß unschuldigen haab noch gutt, das imme
sonnst oder seinen erben gebüeren möge, kein fer-
nere ansprach17 haben, aber dem unschuldigen theil
ann deß schuldigen gutt sein rechtlich erbschafft
hiemit unnbenohmen, sonder vorbehalten sein. Eß
möge die verlaßung oder desertion sich also lang
verziehen, dem unnschuldigen soltte vermög der
rechten unnd jetzundt reformirter kirchenordnung
vonn den eherichtern18 die ehescheidung gelaßen
werdenn. |87r|
Wann ein ehegemäch aussetzig
Wann ein ehemensch bey dem anndern aussetzig
unnd vonn unnsern dartzu deputirten für außsetzig
erkhanndt, daß solle inn unnser Guttleüthauß19 ge-
nohmen, daß gesundt die zeit deß unngesundten le-
bens ein christlichs mitleiden mit dem kranckhen,
seinem mitleib20, haben, noch seinem vermegen
unnd unnserer billichen erkhandtnuß dem unge-
sundten die pfenndt khauffen, auch, so lang eß
lebdt, mit zimlichen kleidern unnd annderer not-
wendigkeit erhalten, unnd zwischen ihnnen kein
17 Anspruch, s. FWb 1, Sp. 1460-1462.
18 Zu den Eherichtern vgl. Nr. 6.
19 Haus für pflegebedürftige Aussätzige bzw. Leprosen-
haus, s. Pfälz. Wb 3, Sp. 521.
20 Vgl. Eph 5,28. Zum Begriff mitleib vgl. auch Idiotikon 3,
Sp. 981.
21 Zum Problem der Scheidung aufgrund der Erkrankung
eines Ehepartners an Aussatz vgl. die Einleitung zu
weitere ehescheidung dann zu bett unnd tisch fur-
genohmen21. Weren aber die bede eheleuth so arm
unnd daß gesundt garkheines vermögens, wollen wir
doch, wie eß bißdaher gepraucht, das ungesundt
umb Gottes willen einnehmenn22. Gefüele aber her-
nach dem ungesundten durch erb oder anndere fehl
nehrung zu, solle darvon unnserem Guttleüthauß
nach billichenn dingen unnd gestaltsame deß erbß,
damit andere arme leuth dessen genüessen, ein wil-
len gemacht werden23. |87v|
Vonn ehegescheidenenn personen
Würde mann oder weib vonn wegenn getrübener un-
zucht von dem schuldigenn, seinen ehegemahl,
gescheidenn, solle daß unschuldig alle gewonnene
nahrung unnd heirath gut, daß ist datum propter
nuptias, behalten, allein dem schuldigen sein ander
zugepracht gut wider erstatten, darauß unnß der
frevel bezalt unnd abgericht24 unnd damit aller for-
derung endtlediget. Were aber bey den eheleüthen,
wie inn solchen fällen gemeinlich beschicht, nicht
allein nichts gewunnen, sonnder auch das zu beiden
theilen zugepracht gutt nit mehr verhannden, solle
zu unnser erkhanndtnuß stan, wievil dem schuldi-
gen gegeben unnd gevolgdt werdenn solle.
Bucer, Deutsche Schriften 10, Nr. 2, S. 30-32 sowie
S. 38f. (Beilage zu Nr. 2).
22 Aufnehmen.
23 Solle das Leprosenhaus [...] begünstigt bzw. zufrieden-
gestellt werden, s. Grimm, DWb 30, Sp. 156f.
24 Abrichten hier mit der Bedeutung „bezahlen“, „entrich-
ten“, s. FWb 1, Sp. 292f.
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