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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0062
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Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg

herzoglichen Kirchenpolitik. In den 1560er Jahren erließ Wilhelm V. zahlreiche Edikte,106 unter anderem
am 10. Juni 1560 ein Mandat zur Bücherzensur, in dem der Druck und die Verbreitung von Schriften der
Täufer und anderer nicht dem Landesbekenntnis entsprechender Lehren untersagt wurde.107
Auch die Anweisungen für die Pfarrer (Nr. 8) standen vor diesem Hintergrund. Herzog Wilhelm V.
monierte, dass zahlreiche Untertanen auch deshalb nicht in die Gottesdienste kämen und den Täufern und
anderen unliebsamen Lehrern nachliefen, weil die Pfarrer ein „ergerlich, lesterlich leben“ führten. Er
mahnte die Geistlichen zu einem vorbildlichen Lebenswandel, damit sie die Abweichler mit umso größerer
Autorität von ihrem „Fehlglauben“ abbringen könnten.
Mitte der 1560er Jahre lässt sich eine Verschärfung der Maßnahmen erkennen. Anlass hierzu waren die
1564 einlaufenden Berichte aus jülich-bergischen Ämtern, in denen Täufer aufgegriffen worden waren.108 Im
Mandat vom 23. Januar 1565 (Nr. 9a/9b) berief sich Herzog Wilhelm V. auf frühere Reichs- und Landes-
ordnungen und wies die Amtleute und Befehlshaber an, auf Anhänger von Menno Simons oder David
Joris109 zu achten. Wenn diese aufgegriffen würden, sollten sie in der rechten Lehre unterwiesen und nach
Möglichkeit wieder in die Amtskirche zurückgeführt werden. Des weiteren monierte der Herzog die Nicht-
beachtung der Kirchenordnung von 1532/33 und forderte, dass die Prediger das Wort Gottes „rhein und
lauther“ verkündigen, die Sakramente „trewlich ausspinden“ und den Untertanen „den rechten brauch
derselben trewlich lehrnen“ sollten, damit Einigkeit und Gleichheit in den Kirchen hergestellt würde. Ins-
besondere betonte er die Zulassung der „communion under beiderlei gestalt“, um zu verhindern, dass sich
einige Gläubige „von der Christlicher gemeinden abzusondern understehen“.110 Die Amtleute kamen der
herzoglichen Weisung insofern nach, als dass sie Listen „verdächtiger“ Personen einreichten.111 Im Sommer
1565 fanden Verhöre statt und es kam auch zur Hinrichtung einiger Täufer.112

106 Flesch, Konfessionalisierung, S. 41; Schulte, Neutra-
lität, S. 177; Goeters, Rolle, S. 86; Ehrenpreis,
Obrigkeit, S. 129.
107 Auszug bei Keller, Gegenreformation 1, Nr. 11. Vgl.
Goeters, Rolle, S. 86; Ehrenpreis, Obrigkeit, S. 129.
Bestimmungen zur Bücherzensur waren bereits im Täu-
fermandat von 1534 (Nr. 3a) und in der Täuferordnung
von 1554 (siehe oben, S. 42) getroffen worden. Das Man-
dat vom 10. Juni 1560 wurde am 25. Februar 1562 wie-
derholt, siehe Keller, Gegenreformation 1, Nr. 15.
108 Flesch, Konfessionalisierung, S. 26; Ehrenpreis,
Obrigkeit, S. 130; ders., Vereinigte Herzogtümer, S. 253;
Redlich, Vorgehen, S. 192-194.
109 Menno Simons (1496-1561) stammte aus Ostfriesland, er
schloss sich den Täufern in den Niederlanden an. Seit Juli
1544 wirkte er in Köln, wo er sich unter Erzbischof Her-
mann von Wied bis zu dessen Verbannung im Jahr 1546
relativ frei entfalten konnte. Seine Theologie war gekenn-
zeichnet von einer biblisch fundierten geistlichen Heili-
gung mit strenger Kirchenzucht. David Joris
(1501/02-1556) stammte aus Flandern. Als früher Ver-
treter der Täufer waren seine Schriften mystisch inspi-
riert. Menno Simons und David Joris prägten das rhei-

nische Täufertum, das sie von radikalen Zügen frei hiel-
ten. Beide gelten als Vorreiter des „gemäßigten apokalyp-
tischen Melchioritischen Täufertums“ (Stayer). Während
Joris seine Anschauungen den gottesdienstlichen Bräu-
chen der Amtskirche einfügte, verfolgte Menno Simons
„eine separatistische Ekklesiologie und eine nonkonfor-
mistische Lebensführung“ (Stayer), Stayer, Art. Täufer,
in: TRE 32 (2001), S. 610-612; Ehrenpreis, Obrigkeit,
S. 114f., 117; Goertz, Art. Menno Simons, in: TRE 22
(1992), S. 444-457; Dyck, Art. Menno Simons, in: RGG
5 (2002), Sp. 1038f.; Stayer, Art. Joris, in: TRE 17
(1988), S. 238-242; Leppin, Art. Joris, in: RGG 4 (2001),
Sp. 574; Wilhelm-Schaffer, Art. Joris, in: BBKL 3
(1992), Sp. 654-656.
110 Zum Inhalt siehe auch Ehrenpreis, Obrigkeit, S. 131f.;
ders., Vereinigte Herzogtümer, S. 253; Redlich, Vorge-
hen, S. 194f.; Coenen, Katholische Kirche, S. 20f.; Goe-
ters, Rolle, S. 86.
111 Redlich, Zur Kirchenpolitik, S. 178f., 180f.; ders., Vor-
gehen, S. 195.
112 Ehrenpreis, Obrigkeit, S. 131; ders., Vereinigte Herzog-
tümer, S. 253.

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