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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0082
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Jülich-Kleve-Berg

Item die zyt, platz, umbstende und ursach, war-
umb ein iders in der schrifft ußgedruckt, und der-
halver nirgent anders herzuzehen ader zu dringen,
dan da es hin gehoirt.
Item, dat sie die ydel fabulen, Exempel und an-
ders, so in der schrifft nit gegrundt, ouch zu fridden
und besserung |B4r | nit dienen ader zwydracht und
verachtung geberen mochten, dem gemeynen folck
zu predigen und furzuhalden underlassen. Wa sich
aver eyniche Tropi12, Allegorien, Glychnissen ader
Geheymnissen in der schrifft zudragen, die selvige
nit nach dem boichstaven, sonder nach irer rechter
art und erforderung der schrifft ußzulegen. Und in-
dem sie innich der gestalt nit verstain ader begriffen
mochten, alßdann diselvige beresten zu lassen ader
uß sanct Hieronymo13, Augustino14, Chrysosto-
mo15 und anderen bewerten Lerern, die sulche Tro-
pos und Allegorien wail ußgelacht, erclerung zu
soichen und geyne unfruchtbar ader ungeburliche
ußlegung inzufoeren.
Item, wes in der schrifft der mynschlicher ver-
nunfft verborgen und mit dem glouven soll begriffen
werdenn, dat sy sulchs mit minschlichen redenn nit
understain zu bewerenn, sonder Gottes wyßheit
unnd macht heymgheven.
Item, dat die Pastoere und Prediger die gebre-
chen der oebericheit ader Cleresy dem gemeynen
Man nit inbilden, sonder allein an den orterren fur-
geven, da es besserung und frucht bringen moge
und, so irer eynich zu dem andern ader sunst unwil-
len hedte, sulchs uff dem predigstoel nit vermircken
zu lassen, ouch nit zwyspeldiger ader widderwerdi-
ger wise zu predigen, sonder eynhellich die besse-
rung unnd selycheit eyns idern zu suchen und dat
volck zu underrichten, dar ouch umb gu- | B4v| des
furnemens willen geyne boese middell gesocht oder
gebruycht werden.
Item, dat sy ouch die sunden und gebrechen ins
gemein antzehen und dermassen straffen, dat gein
person in sonderheit daruß vermirckt möge werden.
Indem aver eyner oder mehe in offentlichen sunden

12 Bildliche Redewendungen.
13 Hieronymus (347-420), lat. Kirchenvater.
14 Augustinus von Hippo (354-430), lat. Kirchenvater.

befonden und gesessen ader sich unser Ordenung un-
gemeeß hielten, dat der pastor dieselvige zu sich for-
dere, davan affzustain gutlich underrichte, Und so
sie davan nit affstain wurden, alßdan sulchs uns,
unseren Reden oder Amptludenn anzutzeigenn, die-
selvige zur geburlicher straff zu bringen, damit er-
gerniß und ander laster verhoedt blyven.
Und nachdem ouch die zeuverer, warsager, we-
derwicker und andere derglichen luyde, die mit fal-
schen segen und beschwerongen umbgain, nit on
grosse, manchfeldige gotzlesterung und ergernis die
einfeldige verfoeren und durch falschen waen und
vertröstung van Got dem heren, Christlichem leven
und wesen affwenden, Sullen die selvige in unsern
Furstendommen und Landenn nit mehe geduldet,
sonnder, wa sy betreden, durch unnsere Amptlude
und befelhaver zur pynlicher straff (wie sich geburt)
angenomen und gestalt werden. Und dat derhalver
unsere Rede den predicanten ansagenn, dat gemeyn
volck durch grontlich bybrengenn unnd bericht |C1r|
der schrifft davan zu halden und affzuwenden.
So aver under den Pastoeren, Predigern und
geistlichen [einige] befunden wurden, die mit sul-
chen zouvery, warsagen und anderer derglichen aff-
gotteryen umbgiengen und bruychten, dat dieselvi-
ge in unsern Landen nit gestadt werden und dat in-
khomen irer geistlicher Lehen nit folgen sall.
So ouch der gemein, einfeldiger Man durch man-
cherley wychely, segen und zeychen, die in der
schrifft nit gegrundt noch Got gefellich syn, in uß-
wendige troestung und versicherung gefort und wy-
ders, dan sich geburt, gebruychen, dat darumb die
prediger den gemeynen Man sonder ergerniß und
mit foegen davan wysen unnd zu der rechter lere
und hoffnung zu Got foeren, Derglichen ouch be-
richten, dat geyn achtung zu geven sy uff die bol-
dergeyster und vermeynte heimliche offenbarungen,
die under dem schyn des guden inschlychen, sonder
an den örtern, da des zu doin und van noeden be-
fonden wurd, dem volck furhalden dat Evangelium
van dem Lazaro und Rychen Man16.

15 Johannes Chrysostomus († 407), Patriarch von Konstan-
tinopel.
16 Lk 16,19-31.

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