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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0097
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5. Armenordung 1554

durch die Bevelhebber und provisoren, die Almus-
sen tho bidden und umbtogain thoegelaiten, Ock
oen ein schyn ader teyken gegeven werden, und in
dem fall sullen die Predicanten dat volck vermanen
und bewegen, den frembden stuyr tho doin.
Die alde, krancken und gebreckliche inlendige
arme luyde ader bedeler sollen in oeren Steden,
vlecken, kerspelen, doerperen ader Ampteren under-
halden werden2. Wair aver an einigen oirt sulche fur-
sehung der armen nit gnugsam geschien künthe, so
soll an demselven oirt durch unsere Amptluide, Be-
velhebber ader Overigheit ein schyn den armen luy-
den gegeven werden, wair und woe wyt ein ider be-
delen möge, und geinem sonder solichem schyn wy-
der tho bedelen, dan oem thogelaiten, gestadet ader
geduldet werden. Doch sullen Amptluide und Be-
velhebber nymandt solichen schyn geven, sie hebn
sich dan furhin syner noturfft, gelegenheit und wan-
dels gnugsam erkundigt und gemelten schyn tho be-
forderung gemeins nutzc und affwendung voeler un-
richtigheit den alden, lamen, krancken, gebreck-
licken, armen luyden und denen, so dermaiten ge-
schapen, dat sie sich oerer arbeit nit erneren kun-
nen, on all geschenck und gutwillich umb Gotswillen
mitdeilen, und so darover einige frembde, starcke
ader archwonige bedeler betreden, sullen angenom-
men, und wair sie archwonich befunden, tho pyn-
licker fraigen gestalt und nae gelegenheit vermög
der Rechten, andern tho einem exempel, gestraifft
werden.
Die frembde und uitlendige alde, krancke, ge-
breckliche bedeler und arme luyde, so oeren durch-
toch nemen willen, sollen schyn van oerer Overig-
heit brengen, by sich hebn und up den rechten strai-
ten bliven, ock sich nit langer dan ein nacht up ei-
nem ordt erhalden, idth stunde dan oenen durch
kranckheit und sunst sunderliche verhinderung ader
gebreck toe, und alsdan nit anders dan mit furweten
der overigheit over die eine nacht tho blyven gedul-
det ader gestadet werden. |C1v|

c Im Druck: nuts.
2 Die Reichspolizeiordnung von 1530 hatte festgelegt, dass
Städte und Gemeinden für die Versorgung ihrer Armen

Wair oick Scholen gehalden werden, darunder arme
schoeler befunden, sall man denselvigen thoelaiten,
dat sie fur den doeren by dage bidden mögen, aver
nymandt up der straiten ader an andern oerden nae-
loipen. Neven dem sullen die Schoilmeister erkun-
digung doin, welcke arm syn und sich on behülp und
almussen an der Scholen nit erhalden kunnen, und
denselvigen dat bidden, woe opgemelt, thoelaiten.
Welcke aver nit arm noch thoegelaiten und sich des
loipens und biddens undernemen, dat die, woe sich
geboert, durch die Scholmeister gestraifft werden.
Idth sall ock gein Schoeler noch imandt anders thoe-
gelaiten werden, des sommers nae der Sonnen un-
derganck und des winters nae acht uhren fur den
hueseren und doeren almussen tho eischen. Wair
aver andere gesonde Bedeler ader Landtloeper qwe-
men, die sall men nit annemen noch dülden, sunder
uith dem Lande wysen.
Die provisoren ader furstender der armen sullen mit
vlyte erkundigen, woe voel armen in dem kerspell
syn, die sich nit erneren kunnen, darmit denselven
noturfft gereickt werde. Die erkundigung der huyss-
armen gelegenheit sall thom weinigsten alle quater-
temper3 einmail geschien, darmit men weten möge,
wes sich midler tyt verandert.
In jeder Burschaft sall ein frommer Man veror-
dent werden, der den Furstenderen antzeige, off
midler tyt imandt mit kranckheit ader armoit be-
laden wurde, also dat hy der almussen bedurfft, und
hinwidder off die jhenigen, so der almussen gebru-
cken, sich unerberlich hielden ader wederumb ge-
stalt wurden, sich mit arbeit oder sunst tho erneren.
|C2r|
Die Almussen sullen under den bedurfftigen und die
sich nit erneren künnen, trewlick uitgedeilt werden.
Welcke aver gesondt und in vermögen syn, sich tho
erneren, und doch nit arbeiden willen, die sall men
tho der arbeidt halden und oenen Almussen weige-
ren.
zuständig sein sollten, Weber, Reichspolizeiordnungen,
S. 161; vgl. Arend, Reformierte Allianzen, S. 115 Anm.
16.
3 Zu den Quatembern siehe oben, S. 71 Anm. 51.

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