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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0220
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Die Reichsstadt Dortmund

richtete man eine Stadtschule ein, das spätere Archigymnasium,25 das von Johann Lambach26 geleitet
wurde. Unter Lambachs Rektorat entwickelte sich diese Lehranstalt zur führenden Humanistenschule in
Westfalen.27 Lambach arbeitete eng mit Jakob Schöpper,28 dem Prediger an St. Petri, zusammen, beide
wurden zu Führungspersönlichkeiten der Reform in Dortmund.29
Während dieser Phase einer humanistisch geprägten Reformation wurde zwar Kritik an der römischen
Amtskirche geübt, diese aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Mit dieser Haltung lehnte sich Dort-
mund an die Kirchenpolitik Herzog Wilhelms V. von Kleve an. Auch mit dem erstmals 1548 dokumentier-
ten Verzicht auf Prozessionen folgte man der kirchenpolitischen Linie in den Vereinigten Herzogtümern, wo
die „Heiligentrachten“ zwei Jahre zuvor abgeschafft worden waren.30

4. Die lutherisch geprägte Reformation seit 1554
2. Gottesdienstordnung 1554 (Text S. 208)
1554 wurde in Dortmund ein Gebetbuch - das „Dortmunder Kollektenbuch“31 - gedruckt, das nicht nur
eines der umfangreichsten Gebetbücher der Reformationszeit war, sondern das auch eine Gottesdienstord-
nung und einen Katechismus32 enthielt. Das Kollektenbuch ist nicht als vollständiges Exemplar, sondern
lediglich in Auszügen erhalten,33 die in den Akten eines Prozesses überliefert sind, den der Dekan des Kölner
Stifts St. Maria ad gradus mit der Reichsstadt Dortmund zwischen 1604 und 1633 um die Rekatholisierung
der Stadt führte.34 In den Verhandlungen wollte der Rat den Beweis erbringen, dass man in Dortmund
bereits in den Jahren vor dem Augsburger Religionsfrieden die Gottesdienste mittels einer evangelischen
Agende gefeiert habe. So heißt es in den Prozessakten: „Zum ersten hauptbeweiß: Das in der löbl. des
hl. reichs statt Dortmundt die enderung mit der religion vor dem in anno 1555 uffgerichten und publicirten
religion frieden vorgenommen und also vor selbige zeit die augsb. confession in lehr und gebrauch der

25 Den Kaufbrief für das Schulgebäude vom 30. September
1543 druckt von Winterfeld, Durchbruch, S. 118f.
Die Berichte über die Gründung der Schule vom August
und September 1543 druckt Helbich, 450 Jahre, S. 82f.
Vgl. ders., Reformation, S. 223; ders., Pax et Concordia,
S. 118-121; Ites, Leges, S. 122-150; Schilp, Reichs-
stadt, S. 182-186; Döring, Lambach, S. 5f., 35-72,
112-119.
26 Zu Lambach (um 1512-1582) siehe Pfeiffer, Lambach,
S. 1-67; Döring, Lambach, S. 14-35; Helbich, Pax et
Concordia, S. 121-123; Schilling, Dortmund, S. 171;
Stupperich, Reformationsgeschichte, S. 150f.
27 Schröer, Reformation 1, S. 415; Schilling, Dort-
mund, S. 160; Helbich, 450 Jahre, S. 35f.; ders., Van
allem schelden, S. 21f.; von Winterfeld, Durchbruch,
S. 71-76; Greyerz, City Reformation, S. 180; Imort,
Musikalische Kultur, S. 89-107; Sollbach, Einrichtung,
S. 9-26; Stupperich, Reformationsgeschichte, S. 156.
28 Zu Schöpper (ca. 1514-1554) siehe Evelt, Schopper,
S. 75-84; Olschewski, Erneuerung, S. 34-37; Helbich,
Pax et Concordia, S. 124 Anm. 162; Schilling, Dort-
mund, S. 171f.; Döring, Lambach, S. 80-99.
29 Vgl. Olschewski, Erneuerung, S. 38-264, 300-303; dies.,
Reformation, S. 147-150; Schilling, Dortmund, S. 174;

Neuser, Kirchengeschichte, S. 95; von Winterfeld,
Durchbruch, S. 76-78; Helbich, Van allem schelden,
S. 21-26; ders., 450 Jahre, S. 37-39; ders., Pax et Concor-
dia, S. 142-155; Löffler, Reformationsgeschichte Dort-
mund, S. 197-205; ders., Dortmunder Buchdruck, S. 48f.;
Stenger, Reformation, S. 199-201.
30 Siehe oben, S. 41f. Vgl. Schilling, Dortmund, S. 160,
174; Löffler, Reformationsgeschichte Dortmund,
S. 196; Neuser, Kirchengeschichte, S. 93f.; Helbich,
450 Jahre, S. 36; ders., Van allem schelden, S. 35; ders.,
Pax et Concordia, S. 239-245; ders., Gemeinschaft, S. 52f.
Zu Prozessionen und Bittmessen in Dortmund siehe ebd.,
S. 45-54 und von Winterfeld, Durchbruch, S. 142f.
31 Das Kollektenbuch wurde 1558 und 1565 nachgedruckt,
Wülfrath, Frühdrucke, Nr. 609-611; Löffler, Dort-
munder Buchdruck, S. 59 Nr. 33, S. 64 Nr. 42; Bier-
mann, Kollektenbuch, S. 53-56; von Winterfeld,
Durchbruch, S. 124 Anm. 1.
32 Im „Bedeböck“ (siehe unten, Anm. 36), fol. CLXXIXv-
CLXXXVIIr. Vgl. Biermann, Kollektenbuch, S. 72.
33 Die Auszüge druckt von Winterfeld, Durchbruch,
S. 123-140; vgl. Helbich, Pax et Concordia, S. 213.
34 Die Akten des Wiener Staatsarchivs wertete von Win-
terfeld, Durchbruch, aus.

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