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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0223
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Einleitung

5. Mandat gegen Täufer und Anhänger anderer abweichender Lehren 1570 (Text S. 219)
Nachdem der Rat sich 1562 der Reformation zugewandt hatte, unternahm er weitere Schritte, die neue
Lehre einzuführen. 1567 gab er einen eigenen Druck der Confessio Augustana von 1530 in Auftrag,50 und
1570 formulierten die Geistlichen in städtischem Auftrag ein lutherisch orientiertes Bekenntnis, das jeder
Dortmunder Pfarrer und Prediger unterzeichnen musste.51 Die „Confessio praedicantium Tremoniensium“
stand vor dem Hintergrund, das städtische Luthertum vom Bekenntnis zugezogener reformierter Stadt-
bewohner abzugrenzen.
Im Hinblick auf die Ausarbeitung der Konkordienformel von 1577 erhielt auch die Reichsstadt Dort-
mund eine Einladung ins Kloster Berge bei Magdeburg,52 sie wurde in den 1570er Jahren also zu den
lutherischen Ständen gezählt. In ihren Mauern beherbergte sie jedoch auch eine kleine katholische Min-
derheit, die bei den drei altgläubig gebliebenen Klöstern Rückhalt fand.53
Vor dem Hintergrund, dass das lutherische Bekenntnis in Dortmund bindend geworden war, wandte
sich der Rat mit aller Schärfe gegen Vertreter anderer reformatorischer Strömungen und erließ 1570 ein
Mandat, in dem er sich insbesondere gegen Täufer und die Anhänger Johannes Calvins wandte (Nr. 5).54
Das Mandat, das die lutherische Konfessionalisierung in Dortmund unterstreicht, schlägt gegenüber „Sek-
tierern“ einen scharfen Ton an. Sie wurden mit Verfolgung und, im Falle der Täufer - unter Bezug auf das
kaiserliche Mandat des Speyerer Reichstags von 1529 -, mit der Todesstrafe bedroht.
Das Mandat weist große Übereinstimmung mit einem ähnlichen Erlass auf, den Herzog Johann III. von
Kleve 1534 veröffentlichte55 und der dem Dortmunder Rat vermutlich bekannt war.
6. Armenordnung 5. November 1596 (Text S. 221)
Ebenso wie der Essener Magistrat56 nahm auch der Dortmunder im Zuge der Reformation die Neuordnung
der öffentlichen Fürsorge in Angriff.57 Aus den 1590er Jahren ist eine Dortmunder Armenordnung58 über-
liefert, die von Johann von Brincke, der vermutlich Armenprovisor der Reinoldipfarrei war, verfasst wor-
den ist.59 Sie diente dem Soester Rat, der Ende des 16. Jahrhunderts ebenfalls Regelungen für die Armen-
fürsorge treffen wollte, als Vorlage, und ist daher im Soester Stadtarchiv überliefert.60 Johann von Brincke
beschreibt in der Ordnung auch deren Entstehung sowie den Anteil, den er selbst an der vorliegenden
letzten Fassung von 1596 hatte: Die Dortmunder Lohnherren hatten in jedem Kirchspiel drei Armenpro-
visoren - also insgesamt 12 Personen - ausgewählt, die einen Entwurf der Ordnung aufsetzten. Anschlie-

50 VD16 ZV 3801. Vgl. Wülfrath, Frühdrucke, Nr. 614;
Schröer, Reformation 1, S. 419; Neuser, Kirchenge-
schichte, S. 97; Stupperich, Reformationsgeschichte,
S. 155, S. 212 Anm. 1000.
51 Abdruck in Fahne, Grafschaft 4, S. 97-101 und Hel-
bich, 450 Jahre, S. 109-113. Vgl. ders., Pax et Concordia,
S. 221; ders., Reformation, S. 226; Stupperich, Refor-
mationsgeschichte, S. 155; Löffler, Reformationsge-
schichte Dortmund, S. 228f.; Olschewski, Reformation,
S. 151; Greyerz, City Reformation, S. 181.
52 Hier wurden die Torgauer Artikel umgearbeitet und als
Bergisches Buch (Konkordienformel) in die endgültige
Form gebracht, Wallmann, Art. Konkordienformel, in:
RGG 4 (2001), Sp. 1604-1606; Koch, Art. Konkordien-
formel, in: TRE 19 (1990), S. 476-483.
53 Schilling, Dortmund, S. 163; von Winterfeld,
Durchbruch, S. 102; Stenger, Reformation, S. 205;
Löffler, Reformationsgeschichte Dortmund, S. 231.
54 Nach von Winterfeld, Durchbruch S. 99 Anm. 164 ist

das Mandat nicht erhalten, unser Abdruck folgt Fahne,
Grafschaft 4, S. 95-97. Vgl. Schilling, Dortmund,
S. 162; Olschewski, Reformation, S. 151f.
55 Siehe oben, S. 73f. Nr. 3a.
56 Siehe unten, S. 504ff. Nr. 5.
57 Vgl. Schilling, Dortmund, S. 159; von Winterfeld,
Durchbruch, S. 67f.
58 Die Armenordnung wurde bereits von Gros, Armenord-
nung, S. 113-122 abgedruckt, allerdings mit gravierenden
Transkriptionsfehlern.
59 Johann von Brincke schuf 1608 eine weitere - nicht erhal-
tene - Armenordnung für das Dortmunder Gasthaus, vgl.
Gros, Armenordnung, S. 122.
60 Dort werden auch die Armenordnung der Stadt Lübeck
von 1576 (StadtA Soest, Abt. A 7188, fol. 1r-8r) sowie der
Stadt Wesel von ca. 1580 (StadtA Soest, Abt. A 7194, fol.
1r-6v. Datierung nach Gros, Armenordnung, S. 112)
verwahrt.

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