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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0294
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Corvey

Dieweil dann nun Gott selbst in seinem heiligen
Göttlichen worte allen bußfertigen, gleubigen Sün-
dern vergebung ihrer sünden verheisset und zuge-
saget, wie der Herr spricht, Ezech. 33 [11]: So war
ich lebe, habe ich nicht lust am todt deß sünders,
sondern ich wil, das er sich bekehre und lebe. Und
dieses mit sendung und ubergebung seines einigen
geliebten Sons, welcher für der gantzen welt Sünde
bezahlet und gnug gethan hat, verbürget und uns
gnugsam versichert und gewiß gemacht hat.
Er wil auch von uns haben und erfordert mit
sonderlichem ernst, das wir unseren Brüdern und
Schwestern ihre Fehle und Sünde, damit sie uns er-
zürnet, verergert oder beleidiget haben, nachlassen
unnd verzeihen sollen in ansehung und betrachtung
der grossen, unaußsprechlichen schult, so er uns teg-
lich aus gnaden erlesset. So haben wir demnach ih-
nen oder sie vertröstet, das unser gnediger Gott |L4v|
vermüge seiner gnedigen verheissung ihnen oder sie
zu gnaden auffgenommen und seine Christliche Ge-
meine von wegen des gehorsames, so sie ihrem Gott
schüldig, allen billichen unwillen, den sie jegen ihn
oder sie treget, fallen lassen wolte, und wil sich ge-
büren, das dieser Gottes und seiner Kirchen und ge-
meine Sententz der armen sündhafftigen Personen
zur besserung publicirt und verkündiget werde. Der-
halben im namen und von wegen des Herrn Jhesu
Christi, auß seinem eigenen befehl, welchen er seiner
lieben Gemeine hinderlassen und geben hat, da er
spricht: Welchen ihr die Sünde etc.,128 spreche ich als

ein ordentlicher beruffener Diener dieser Gemeine
diesen bußfertigen Sünder oder Sünderinnen von al-
len seinen oder ihren Sünden leddig und loß im Na-
men Gottes des Vatters, des Sohns und heiligen
Geistes, Amen. Und wil ihn oder sie vermahnet ha-
ben, das er oder sie Gott für augen halten und nicht
mehr sündigen, damit ihm oder ihr nicht etwas er-
gers widerfahre. Dergleichen wil ich auch alle
Christgleubige erinnert und vermanet haben, daß
sie, wie sie schüldig seindt, vor diese Person Gott
anruffen, er wolte ihr gnade verleyhen, das ihre Bus-
se rechtschaffen, warhafftig und krefftig sey, sich
selbs auch in Gottes gehorsam ergeben und, das sie
Gott für allen Sünden und ergernussen behüten wol-
te, mit warem glauben bitten. |M1r|
Hierauff folget die Actio der Communion, und soll
die Person, so da gebüsset, so lange vor dem Altar
kniende bleiben, biß die Communicanten alle sampt
des Sacraments des Leibs und Bluts unsers Herrn
Jhesu Christi genossen haben, endtlich aber und am
letzten soll sie auch hinzu gehen.
Hie soll man mercken, das im anfang itzt gesetz-
ter Absolution [nicht] die obgerürte worte ge-
braucht, Sondern nach art und gelegenheit der Sün-
den geendert, gescherffet oder gemildert werden
müssen, doch also, das nichts aus eigenen Affecten,
Sondern alles der gefallenen Personen zu gutem und
der Christlichen Gemeine zur besserung gehandelt
werde.

Das die Unterthanen fleissig in die Predigt und zur lehre des Catechismi zu gehen vermahnet und
wie die muthwilliglich verseumen, gestrafft werden sollen

Es sollen auch die Seniores fleissig acht haben, daß
aus einem jedern hause die Predigten Göttliches
Worts fleissig besucht werden, sie geschehen Sonta-
ges oder Wercktages, vor oder nachmittage, und so
nicht auß iglichem Hause zum wenigsten einer er-
scheint in allen predigten, sollen dieselbigen von den
Senioribus umb fünff Groschen gestrafft werden.
Und da etliche befunden, wie leider offt ge-
schicht, welche ohne ursach wol in Monat oder zwey

nicht einmal zum gehör Göttliches Wortes kommen,
dieselbigen sollen von dem Pastor und Senioren ge-
fordert, fleissig mit freundtlichen worten unterwie-
sen und vermahnet werden. Da aber diß kein nutzen
bey ihnen schaffen würde, sollen dieselbigen von ih-
nen umb einen Thaler |M1v| gestraffet werden. Deß-
gleichen soll auch hiermit zum ernstlichsten verbot-
ten sein das Arbeyten und fahren auff die Sontage
und unter den predigten, es hette dann erhebliche

128 Joh 20,23.

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