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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0293
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3. Kirchenordnung für das Corveyer Stiftsdorf Bruchhausen 1603

umb verzeihung zu bitten schüldig ist, soll der Pfar-
her sie trösten mit Gottes Wort, und wann er sie so
weit bracht, daß sie gleubt, Gott werde ihr als einem
bußfertigen sünder oder Sünderin gnedig sein und
die begangene Sünde verzeihen, soll er ihm125 mit
Handtgegebener trewen verheissen und zusagen las-
sen, daß sie hinfürters für diesem oder dergleichen
erger- |L3r| lichem fahl und andern Sünden wider das
Gewissen mit Gottes hülff und gnaden nach allem
vermügen sich hüten und fürsehen wolte und, nach
gethaner vertröstung, wie sie nach erförderung ihrer
gelegenheit offentlich für der Gemeine Absolvirt
werden solt, wes sie sich hinfürters in der Kirchen,
wenn die Absolution fürzunemen ist, verhalten soll,
freundtlich unterrichten.
Wann nun die zeit verhanden, daß die Poeni-
tentz deß gefallenen Bruders oder einer Schwester
der Gemeine zu denunciren und die Absolution of-
fentlich zu sprechen ist (welchs dann, so viel es im-
mer müglich ist, alle wege in den Predigten, da das
Abentmahl des Herrn gehalten wirt, billig ge-
schicht), soll die büssende Person, wann der Pfarher
vom Predigstull126 gehet, für den Altar tretten und
allda mit allen ihren geberten127 ihr Bußfertiges ge-
müt bezeugen, und was der Pfarher ihrenthalben
der Gemeine anzuzeigen hat, mit demuth und ge-
dult anhoren. Der Pfarher aber soll zuvor, ehe denn
er zur Communion oder Dispensation deß Nacht-
mals schreitet, deß bußfertigen Sünders reuwe, glau-
ben, zusage der besserung und bekehrung zu Gott
anzeigen und ihm darauff die Absolution sprechen
und mittheilen mit diesen oder gleichen worten:
Geliebte im Herrn. Es ist allda zugegen dieser unser
Christlicher bruder oder unsere Christliche Schwe-
ster (hie mag die Person mit namen genendt oder
auch verschwiegen werden, nach gelegenheit der sa-
chen), welcher (oder welche) durch angeborne
schwachheit ubereilet, hat den Sathan sich betrie-
gen lassen, das er, oder sie, diese oder jene sünde etc.
begangen (nominetur peccatum) und damit Gott er-
zürnet, Christlicher Oberkeit gebott |L3v| und den
gehorsam seiner oder ihrer eltern uberschritten, die
125 Sich.
126 Von der Kanzel.

gemeine Gottes verergert und alle sich von Gott und
seiner lieben Kirchen und Gemeine abgesondert und
außgeschlossen hat, dieses erkennet er oder sie allhie
offentlich für Gott und seiner Kirchen und Gemein
und ist ihm oder ihr von hertzen leidt, hat aber doch
das starcke vertrawen und die zuversicht zu Gott, er
werde ihm oder ihr auß unerforschlicher seiner gna-
de und Barmhertzigkeit solche und alle anderen
Sünden umb seines lieben Sohns, unsers einigen
Heylands und seligmachers Jesu Christi willen gne-
diglich verzeihen und vergeben, und in solchem
Glauben und vertrauwen bittet er oder sie Gott und
seine liebe Kirche und alle Christgleubige, die er
oder sie geergert oder beleidiget hat, sie wolten ihm
oder ihr seine oder ihre sünde gnediglich Brüderlich
und Schwesterlich verzeihen und vergeben, Ist auch
des Christlichen fürsatzes, das er oder sie vormittels
Göttlicher hülff und gnade dieser und aller anderer
Sünden, sie sein heimlich oder offentlich, wider sein
Gewissen sich hinfürders eußern und enthalten wol-
le, Welches er oder sie dann gestern vor den Eltesten
und Vorstehern dieser Kirchen mit außgetruckten
worten bekandt und zugesagt und itzunder, das es
noch seine oder ihre ernstliche gentzliche meinung
sey, mit seiner oder ihrer gegenwertigkeit alhie vor
Gott und seiner lieben kirchen und gemeine be- |L4r |
zeuget, wie ihr dan auch auß seiner oder ihrer selbst
eigener bekentnuß selbst anhören und vernemen
solt.
Hierauff soll der Pfarher die Person fragen, ob
dieses, so itzo von ihrer Reuwe, glauben, verheis-
sung der besserung angezeigt worden, auch also
noch ihre gründtliche meinung sey. Wann sie ant-
wort: Ja, soll er weiter fragen, Ob sie dann auch
warhafftig hinfürters sich vor dieser und dergleichen
ergerlichen Sünden zuhüten und fürsehen bedacht
sey und solches allhie vor Gott und seiner Gemeine
zusagen und angeloben wolte. Darauff soll sie sagen,
Durch Gottes gnade und hülffe wolte sie sich bes-
sern und hinfürters vor allen Sünden und ergernus-
sen hüten. Darauff soll der Pfarherr fortfahren und
seine vorige angefangene rede continuiren wie vol-
get:
127 Mit seiner ganzen Haltung, Grimm, DWb 4, Sp. 1731.

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