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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0304
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Die Grafschaft Lippe

Bremer Theologe Johannes Timann44 (vor 1500-1557) wurden für die Ausarbeitung der Kirchenordnung
nach Lippe gesandt.45
Im August legten Buxschot und Timann den gemeinsam mit Mentze und Eckendorp formulierten
Entwurf vor. Auf den in Cappel am 19. und 28. August 1538 gehaltenen Landtagen wurde das Regelwerk
beraten und von den Landständen angenommen.46 Eine Regierungskommission, der die Ordnung am
29. September vorgelegt wurde, lehnte sie hingegen ab. Auch Rembert von Kerssenbrock, der Archidiakon
in Steinheim und spätere Bischof von Paderborn, sowie sein Vetter Franz, ein Mitglied der Ritterschaft,
sprachen sich gegen die Einführung der Ordnung aus. Ebenso stimmten auch die Detmolder Theologen dem
Regelwerk nicht uneingeschränkt zu.47
Vor dem Hintergrund dieser Widerstände bemühte man sich an höchster Stelle um Approbation der
lippischen Kirchenordnung, und Simon de Wendt, Landdrost zu Varenholz, schickte sie 1539 an Martin
Luther nach Wittenberg.48 Philipp Melanchthon, der den Text ebenfalls durchsah, brachte in den Abschnit-
ten zu Messe, Kirchengebet, Trost im Leiden und zur Besoldung der Geistlichen einige Korrekturen an.
Ferner fügte er im Kapitel zum Eherecht ausführliche Erläuterungen hinzu.49 Die Wittenberger Theologen
sandten die überarbeitete Kirchenordnung schließlich mit einem Begleitschreiben nach Detmold
zurück.50 Dieser Brief vom 8. November 1539, den Melanchthon, Luther, Justus Jonas und Johannes
Bugenhagen unterzeichnet hatten, und in dem sie das Werk guthießen, wurde der lippischen Kirchenord-
nung schließlich als „Gütesiegel“ vorangestellt.
Die Ausarbeitung der lippischen Kirchenordnung geht vorwiegend auf Johannes Timann zurück. Er
hatte bereits 1529 die Kirchenordnung für Ostfriesland51 und 1534 für Bremen52 entworfen und vor allem
aus der Bremer Ordnung einiges in den lippischen Text übernommen.53 Die Bremer Kirchenordnung stützte
sich ihrerseits auf Bugenhagens Braunschweiger Kirchenordnung von 1528,54 Melanchthons Unterricht der

er am Hof Jobsts II. von Hoya mit der Reformations-
einführung betraut. Für Hoya verfasste er mehrere Kir-
chenordnungen, von denen jedoch keine überliefert ist,
Sprengler-Ruppenthal, Joannes Amsterdamus,
S. 473-476 mit Abdruck zweier seiner Briefe; Rathlef,
Geschichte, Sp. 1158f.; Sehling, EKO VI/2, S. 1122f.
44 Johann Timann stammte aus Amsterdam und wurde
daher auch Amsterdamus genannt. Er war zunächst in
Antwerpen Augustinerprior und floh 1522 im Zuge der
Protestantenverfolgung nach Wittenberg. 1524 wurde er
Prediger an St. Martini in Bremen, Sprengler-Rup-
penthal, Joannes Amsterdamus, S. 455-473, 476-481;
Iken, Kirchenordnung, S. XIII-XXIII; Fitzner, Ent-
scheidungsjahr, S. 43; Rudloff, Art. Bremen, in: TRE 7
(1981), S. 156f.
45 Sehling, EKO VI/2, S. 1122f.; Sprengler-Ruppen-
thal, Joannes Amsterdamus, S. 451.
46 Schilling, Konfessionskonflikt, S. 129; Sprengler-
Ruppenthal, Joannes Amsterdamus, S. 451; Rügge,
Kirchenordnungen, S. 14-16; Haase, Reformieren, S. 23;
Fitzner, Entscheidungsjahr, S. 29; Kittel, Geschich-
te, S. 96f.; Reineke, Katholische Kirche, S. 99f.
47 Sprengler-Ruppenthal, Joannes Amsterdamus,
S. 452f.; Prieur, Im Auftrag, S. 41; Fitzner, Entschei-
dungsjahr, S. 45; Schilling, Konfessionskonflikt,
S. 131f.; Kiewning, Geschichte, S. 152.
48 Hamelmann, Opera genealogico-historica de Westphalia
et Saxonia, S. 813f.; Sprengler-Ruppenthal, Joannes
Amsterdamus, S. 451; Kiewning, Geschichte, S. 149;
Confessio Augustana. Die Reformation in Lippe, S. 59;
Fitzner, Entscheidungsjahr, S. 29.

49 Abgedruckt bei Stupperich, Melanchthoniana inedita,
S. 91-93.
50 MBW Nr. 2300; vgl. Wolf, Einfluß, S. 86 Anm. 192;
Sprengler-Ruppenthal, Joannes Amsterdamus,
S. 452; Abbildungen bei Fitzner, Entscheidungsjahr,
nach S. 52; Haase, Reformieren, S. 24; Confessio Augu-
stana. Die Reformation in Lippe, S. 58; Kiewning, Ge-
schichte, S. 151; Biermann, Melanchthon, S. 136; Stup-
perich, Bugenhagen und Westfalen, S. 387.
51 Abdruck in Sehling, EKO VII/1, S. 360-372.
52 Abdruck in Sprengler-Ruppenthal, Bremer Kir-
chenordnung, S. 119-269, demnächst auch in Sehling,
EKO VII/11,2,2. Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Unter-
suchungen zur Bremer Kirchenordnung, S. 374-447; Se-
ven, Friedrich, Die Bremer Reformation im Spiegel
der Kirchenordnungen, in: NSJ 56 (1984), S. 59-72; ders.,
Der Aufstand der 104 Männer und die Bremer Kirchen-
ordnung von 1534, in: BrJ 64 (1986), S. 15-31, hier
S. 28f.; ders., Die Bremer Kirchenordnung von 1534 - ihre
reformatorische Bedeutung und kirchenrechtliche Trag-
weite, in: HosEc 21 (1986), S. 25-72; Iken, Kirchenord-
nung, S. 1-116.
53 Wolf, Einfluß, S. 86; Prieur, Im Auftrag, S. 41. Die
lippische Kirchenordnung selbst gibt keinen Hinweis auf
Timanns Verfasserschaft, den Nachweis hierfür erbrachte
Sprengler-Ruppenthal, Joannes Amsterdamus,
S. 463f., vgl. ebd., S. 448 und dies., Bremer Kirchenord-
nung, S. 114f.
54 Siehe oben, Anm. 33.

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