Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Lippe

vertröstet hast) wollestu gnediglich erhören, wie wir
gleuben und trawen, Durch deinen lieben Son, un-
sern Herrn Jhesum Christum, der mit dir und dem
Heiligen Geist lebt und herschet in Ewigkeit, Amen.
Solchs alles zuerlangen sprecht mit mir von hertzen
das heilig Vater unser257.
Es mag auch, wo Schüler verhanden, alßbalt das
Vater unser gesungen werden.
Nach dem Gebett oder Gesang des Vater unsers sol
sich der Superintendens vor dem Altar gegen dem
Volck wenden und wie nach Christlicher freyheit, so
von dem Hern Christo der Kirchen inn eusserlichen
mittelmessigen Ceremonien gegeben, gebreuchlich,
sein rechte Handt dem Newen Pfarrer oder Diacon
auff sein bloß Heupt legen und also sagen:

Dieweil wir im Heiligen Geiste versamlet, Gott, un-
serm Himlischen Vater, durch Jhesum Christum,
unsern Herrn und Heylandt, uber dich angeruffen
und gebetten und |Jj2r | deßhalben nicht zweifeln, er
werde uns laut seiner Göttlichen zusagung gnedig-
lich erhöret und gewehret haben, Demnach so ord-
ne, Confirmire und bestettige ich dich aus Gottli-
chem befehl unnd Ordnung zu einem Diener unnd
Seelsorger dieser Gemein, hie zugegen, mit ernstli-
chem befehl, das du solcher ehrlich und ohn alle er-
gerniß mit höhestem fleis und trewen vorstehen wol-
lest, Wie du denn für dem Gerichtstul unsers Herrn
Jhesu Christi an jennem tag rede und antwort geben
must dem rechten Richter Im Namen des Vaters
und des Sons und Heiligen Geistes, Amen.
Drauff singe die Kirche: Te Deum Laudamus258
oder: Grates nunc omnes, Teutsch259, und beschließ
es der Superintendens mit dem Segen260 etc.

Von der Superintendentz und jerlicher Visitation aller Kirchen der Graff- und Herschafften

So denn vermög jetzt erzelter Ordnung die Kirchen
durchaus, so viel immer müglich, mit trewen, fleis-
sigen, frommen, Gelerten und Lehrhafftigen, un-
ergerlichen Pastorn und Caplanen bestellet, Darmit
nicht durch den bösen Feindt, wenn die Leut schlaf-
fen, in den Acker des Herrn allerley Unkraut einge-
sehet261, die Kirchendiener inn gebürlichem fleis ih-
res Ampts unnd heilsamer forcht, Deßgleichen auch
derselben Pfarrkinder in Christlicher zucht |Jj2v|
und gehorsam des heiligen Worts Gottes erhalten
werden, Weil die unvermeidenlich nott erfordern,
das alle Jar auffs wenigst zweymal und darzwi-
sschen, so offt es die notturfft erheisschen würde, ein
ördentliche und fleissige Visitation gehalten werde,
In welcher zuförderst nach des Pastors Lehre und

verrichtung ires Ampts fleissig gefragt, darmit nicht
falsche Lere oder sonst ergerliche, schedliche Unord-
nung unnd mißbreuch in die Kirchen einschleichen
möchten, Deßgleichen auch von derselben, auch irer
Weib, Kinder und Gesinde leben und wandel, das
derselbig dem Wort der Predigt gemeeß und durch
unordentlich leben die Gemein nicht verergert wer-
de, Deßgleichen auch von seiner Pfarrkinder fleiß
und gehorsam gegen Gottes Wort, Ob die Predigt
des heiligen Evangelii bey ihnen auch frucht schaffe
unnd besonders die Jugent in rechter, warhafftiger
erkentniß Gottes unnd Lehre des Catechismi262 auff-
erzogen, sampt andern mehr nachfolgenden Punc-
ten.

257 Mt 6,9-13.
258 Te Deum laudamus Wackernagel, Kirchenlied I,
S. 24; Luther: Herr Gott, dich loben wir, AWA 4, Nr. 13.
259 Dank sagen wir alle, Wackernagel, Kirchenlied III,
S. 550.

260 Num 6,24-26.
261 Mt 13,25.
262 Luther, Kleiner Katechismus, BSELK S. 852-910

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