Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0473
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6. Kirchenordnung 1571

andern Piarum Causarum, der Kirchen anhengig,
verlehent und Conferirt werden, wo es die notturfft
zu diesen sachen erfordert, und hierinnen der Kir-
chen beste und nicht iren eignen nutz suchen, Denn
der Collatorn gerechtigkeit an den Lehenen dahin
gerichtet unnd gemeint von unsern Vöreltern, das
sie das Predigampt neben dem waren Gottesdienst
mit allen trewen vortsetzen und befurdern möchten,
Jedoch sol jetzt berürte gelegenheit nach unserm
gnedigen willen und Rhat, auch wolmeinung und
vorwissen der Superintendenten angefangen und
volnzogen werden.
Im fall aber die Kirchen zu unterhaltung berür-
ter gelegenheit der Lehenen nicht bedürfften, so soll
man jetzt gemelte Beneficia zu anstellung und er-
haltung etlicher Stipendiaten anwenden und verord-
nen, die hernach unsern Graffschafften in Kirchen
oder Schul Emptern dienen mögen, Doch den Col-
latorn an irem Recht unnachteilig, Sehen aber zu,
das sie ires Rechten und gewalt Gott zu Ehren und
der Kirchen zum besten getrewlich und vorsichtig-
lich gebrauchen.
Nachdem auch befunden, das etliche alte Geschlech-
te in den Stetten hin und wider Beneficia aus
Christlicher |Oo1v| andacht gestifftet, davon einer
oder mehr aus demselben Geschlechte studiern unnd
hernach der Kirchen dienen und fürderlich sein sol-
te, Weil aber ermelte Geschlechte nicht der billigkeit
nach damit umbgangen, Sondern iren eignen nutz
und keinerley weiß Gottes Ehre und der Kirchen
beste gesucht, daher denn auch weiter erfolgt ist,
was droben von dem Mißbrauch der Lehnen erzelt.
Derwegen ist für gut und nötig geschetzet und an-
gesehen, das derselbigen Lehne Collatorn jedes Ge-
schlechts ir Jus, von alters bekommen, unabbrüchig
behalten. Doch sollen sie einen Knaben aus dem
Geschlechte, so eines guten unnd zum studiern taug-
lichen Ingenii ist, unsern Superintendenten und
Consistorio zuschicken und zur Prob und Examen
Praesentiern. Und wo die nominierte person Christ-
lich und wol erzogen, eines fruchtbarn verstandes
neben der lust und liebe zu guten künsten Und auch
eines stillen, züchtigen und eingezogenen wesens
307 Ps 111,10; Spr 1,7; 9,10.

und wandels mit gnugsamen zeugnissen seiner Prae-
ceptorn erfunden, alßdenn sol demselbigen Jungen
das Lehen von denen, so die Collatur haben, confe-
rirt und zu volnziehung seiner studien gegeben wer-
den in massen und gestalt wie volgt.
Das er davon sich der furchte Gottes, welch ein
anfang ist aller weißheit307, befleissen und die Lin-
guas und Artes dicendi studiern und folgents, wo er
durch Gottes gnade seine wol angefangene Studia
prosequirn und einen profectum schaffen würde,
sich zu einer facultet, Insonderheit ad studium
Theologiae, begeben wolle, damit er nachmals mit
|Oo2r | frucht und nutzen der Kirchen zum Ministerio
gebraucht werden möge.
Wo aber einer unter den Beneficiaten dermassen
gelert und proficiert hette, das er in ander Particu-
lar Schul oder Universitet verschickt oder befürdert
würde und hernacher widerumb sein Vaterland (wel-
ches one sonderer erheischender not nicht geschehen
sol) visitirte oder besuchte, sol berürte Beneficiate
unsern Superintendenten dargestellet und von inen
seiner Erudition und Profectus mit allem ernst und
fleiß explorirt, auch seins Erbarn Christlichen Le-
bens und wolhaltens halber aus den Testimoniis sei-
ner Praeceptorn, so er allwege mit uberbringen soll,
erkündigt und examinirt werden. So er denn aller-
dinge in guten künsten und sprachen tüchtig befun-
den, sol er weiter zum fleissigen studiern vermanet
und von dem einkommen des Lehens trewlich befür-
dert werden so lang, biß er seine studia absolviere
und den Kirchen und Schulen oder andern Regimen-
ten und Emptern nützlich und fruchtbarlich dienen
könne.
Im fall aber obermelte Beneficiat untauglich des
Ingenii unnd Erudition halben erfunden und die Su-
perintendenten vermeinten, ein solch Beneficium
sey an in nicht wol und fehig angelegt, soll er des-
selben entsetzet und gantz privirt und beraubt wer-
den unnd an seine statt ein ander gut Ingenium ohn
langen verzug auf habendem befehl |Oo2v| der ob-
berürter Ordnung nach surrogiern, dazu wir denn
inen vermittelst Göttlicher verleihung die handt
biethen und mit beystandt erscheinen wollen. Ver-
sehen uns auch gnedig, es werde ein jeder Senat in

455
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften