6. Kirchenordnung 1571
werden, Sinte- |Pp2v| mal andere Arm, gebrechliche,
Alte und mit andern schweren kranckheiten bela-
dene Leute in den Hospitalen und Siechheusern zum
nottürfftigem unterhalt des Leibs neben derer wo-
nung und Gebew versehen und versorget werden.
Damit auch nu den einwohnenden oben gedachten
nottürfftigen desto reichlicher und milter mit hilff
und stewr nach allerhandt notturfft geholffen möge
werden, So wollen wir all unsers gepietes Predican-
ten fleissig ermanet, auch ernstlich aufferlegt und
gebotten haben, das sie auch mit stettiger Exhor-
tation und anreitzen wollen ire Zuhörers vermanen,
das ein jeder, nachdem er hat und vermag, zu un-
terhaltung und versorgung der Armen Kasten mit
einem geringen fürderung thun und iren Glauben
mit der that reichlich, ohn kargen322, und frölich, on
trawren, beweisen, Denn solchs sind die Prediger in
iren von Gott befohlenem Kirchen Ampt zu verrich-
ten schüldig und pflichtig, Wie denn in der ersten
Kirchen die Prediger oder Seelsorger neben andern
Erbarn, Gottsfürchtigen Mennern, Fürmünder und
Pflegere der Armut sein müsten323. Weil es aber inen
von wegen ires studierens, Predigens und besuchens
der Krancken beschwerlich unnd verhinderlich ge-
fallen, ist solche Pflegeschafft von ihnen genommen,
Aber doch dergestalt, das sie das Volck in den Pre-
digten nach dem Exempel Pauli324 zur milden und
willigen außspendung der Allmosen und ubung der
Barmhertzigkeit, welchesn voller tugend ist, trew-
lich anreitzen und vermanten.
Dieweil auch viel unachtsambkeit, Verseumbniß
und |Pp3r| Nachlessigkeit, Ja wol eigen nutz und
untrew bey der Verwaltung, einname und außgabe
der armen güter und einkommen sich zutregt, auch
beschehen und nocho geübet wirdt, das die Vorsteher
oder Pfleger der armut die Auffkumpfft325 und Ren-
the alle Jar nicht fleissig einnemen und fördern, die
Alten, versessen326 rest oder nachstehende schuldt
an Geldt oder Korn Renthe auffwachsen327 und in
viel Jaren unbezalt anstehen lassen, den Schülde-
n Im Druck: welcher.
o Im Druck: nach.
322 Geiz, Zurückhaltung.
323 Vgl. Apg 6,1-7.
nern oder Zinßbarn Leuten umb verwandniß oder
Nachbarschafft willen die Pension geschenckt und
nachgegeben, Bißweil auch die Renthe selbst einge-
nommen und entweder der Armut nimmermehr zu-
bezalen gedacht oder das Geldt in iren eigenem nutz
geschlagen und zu irer selbst vortheil und besserung
gebraucht, die Armut indeß hunger und kummer lei-
den lassen wider ir aufferlegtes Ampt und schüldige
pflicht.
Gleichßfals ist inn der Nehest vergangener In-
spection gesehen, das viel Vorsteher oder Verwalter
der Armen in Zehen, Zwantzig, oder mehr Jaren kei-
ne rechnung gethan, darüber der Armen güter an
Zinse und Renthe in abnemen gekommen, inen ver-
loren und empfrembdet sein zum grossen, merckli-
chen schaden und nachteil der Dürfftigen und Elen-
den.
Diesem mangel zubegegnen, sollen zuerst die
Vorsteher der Hospitaln, Siechheüser und Allmoß-
kasten von allen und jeglichen einnamen und auß-
gaben an Korn, Geldt, Zinsen unnd andern Renthen
Jerlich eine klare, auffrichtige unnd bestendige
Rechnung thun in beysein und gegenwertigkeit
|Pp3v| der Bürgermeister oder des Amptmans und,
im fall der nodt, des Pfarherrn jedes orts, damit
nichtes von den Gütern werde entzogen, in eignen
vortheil ungebürlicher weise gewendet und unnütz-
lich verschwendet, Sondern alles den Armen bezalt
und eingemanet, Leibs notturfft verschaffet und ge-
geben, Auch das ubrige von Jerlichen einkommen
zum besten, irem befohlenem Ampte nach, der Ar-
mut angelegt und für die gebür außgethan werde,
Auff das in allen Rechnungen richtigkeit und der
armen, nottürfftigen Leuten nutz unnd frommen
trewlich beförderung geschehen möge, Wo das Gott
der Allmechtige, so uns in seinem heiligen wort die
Elenden mit allem ernst befohlen, hie zeitlich unnd
dort ewiglich belohnen wirdt, laut seiner gnedigen
verheissung und zusage, Proverb. 3 [27-28], 19 [17],
28 [27], Matthei 25 [34-40], 2. Corinth. 9 [6-9].
324 Vgl. 2Kor 8,1-9,15; Gal 2,10.
325 Einkünfte.
326 Vernachlässigten, Grimm, DWb 25, Sp. 1340-1344.
327 Auflaufen, anwachsen.
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werden, Sinte- |Pp2v| mal andere Arm, gebrechliche,
Alte und mit andern schweren kranckheiten bela-
dene Leute in den Hospitalen und Siechheusern zum
nottürfftigem unterhalt des Leibs neben derer wo-
nung und Gebew versehen und versorget werden.
Damit auch nu den einwohnenden oben gedachten
nottürfftigen desto reichlicher und milter mit hilff
und stewr nach allerhandt notturfft geholffen möge
werden, So wollen wir all unsers gepietes Predican-
ten fleissig ermanet, auch ernstlich aufferlegt und
gebotten haben, das sie auch mit stettiger Exhor-
tation und anreitzen wollen ire Zuhörers vermanen,
das ein jeder, nachdem er hat und vermag, zu un-
terhaltung und versorgung der Armen Kasten mit
einem geringen fürderung thun und iren Glauben
mit der that reichlich, ohn kargen322, und frölich, on
trawren, beweisen, Denn solchs sind die Prediger in
iren von Gott befohlenem Kirchen Ampt zu verrich-
ten schüldig und pflichtig, Wie denn in der ersten
Kirchen die Prediger oder Seelsorger neben andern
Erbarn, Gottsfürchtigen Mennern, Fürmünder und
Pflegere der Armut sein müsten323. Weil es aber inen
von wegen ires studierens, Predigens und besuchens
der Krancken beschwerlich unnd verhinderlich ge-
fallen, ist solche Pflegeschafft von ihnen genommen,
Aber doch dergestalt, das sie das Volck in den Pre-
digten nach dem Exempel Pauli324 zur milden und
willigen außspendung der Allmosen und ubung der
Barmhertzigkeit, welchesn voller tugend ist, trew-
lich anreitzen und vermanten.
Dieweil auch viel unachtsambkeit, Verseumbniß
und |Pp3r| Nachlessigkeit, Ja wol eigen nutz und
untrew bey der Verwaltung, einname und außgabe
der armen güter und einkommen sich zutregt, auch
beschehen und nocho geübet wirdt, das die Vorsteher
oder Pfleger der armut die Auffkumpfft325 und Ren-
the alle Jar nicht fleissig einnemen und fördern, die
Alten, versessen326 rest oder nachstehende schuldt
an Geldt oder Korn Renthe auffwachsen327 und in
viel Jaren unbezalt anstehen lassen, den Schülde-
n Im Druck: welcher.
o Im Druck: nach.
322 Geiz, Zurückhaltung.
323 Vgl. Apg 6,1-7.
nern oder Zinßbarn Leuten umb verwandniß oder
Nachbarschafft willen die Pension geschenckt und
nachgegeben, Bißweil auch die Renthe selbst einge-
nommen und entweder der Armut nimmermehr zu-
bezalen gedacht oder das Geldt in iren eigenem nutz
geschlagen und zu irer selbst vortheil und besserung
gebraucht, die Armut indeß hunger und kummer lei-
den lassen wider ir aufferlegtes Ampt und schüldige
pflicht.
Gleichßfals ist inn der Nehest vergangener In-
spection gesehen, das viel Vorsteher oder Verwalter
der Armen in Zehen, Zwantzig, oder mehr Jaren kei-
ne rechnung gethan, darüber der Armen güter an
Zinse und Renthe in abnemen gekommen, inen ver-
loren und empfrembdet sein zum grossen, merckli-
chen schaden und nachteil der Dürfftigen und Elen-
den.
Diesem mangel zubegegnen, sollen zuerst die
Vorsteher der Hospitaln, Siechheüser und Allmoß-
kasten von allen und jeglichen einnamen und auß-
gaben an Korn, Geldt, Zinsen unnd andern Renthen
Jerlich eine klare, auffrichtige unnd bestendige
Rechnung thun in beysein und gegenwertigkeit
|Pp3v| der Bürgermeister oder des Amptmans und,
im fall der nodt, des Pfarherrn jedes orts, damit
nichtes von den Gütern werde entzogen, in eignen
vortheil ungebürlicher weise gewendet und unnütz-
lich verschwendet, Sondern alles den Armen bezalt
und eingemanet, Leibs notturfft verschaffet und ge-
geben, Auch das ubrige von Jerlichen einkommen
zum besten, irem befohlenem Ampte nach, der Ar-
mut angelegt und für die gebür außgethan werde,
Auff das in allen Rechnungen richtigkeit und der
armen, nottürfftigen Leuten nutz unnd frommen
trewlich beförderung geschehen möge, Wo das Gott
der Allmechtige, so uns in seinem heiligen wort die
Elenden mit allem ernst befohlen, hie zeitlich unnd
dort ewiglich belohnen wirdt, laut seiner gnedigen
verheissung und zusage, Proverb. 3 [27-28], 19 [17],
28 [27], Matthei 25 [34-40], 2. Corinth. 9 [6-9].
324 Vgl. 2Kor 8,1-9,15; Gal 2,10.
325 Einkünfte.
326 Vernachlässigten, Grimm, DWb 25, Sp. 1340-1344.
327 Auflaufen, anwachsen.
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