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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0518
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Essen

padius13 darvan gelheret und geschreven hebbenn.
To dem ock, als andere darvan lheren und predigen,
dat in dem hilligen nachtmall nicht dan die kraft des
lyfs und bloits sy, und sy alleyn eyn geistlich etten
und dryncken und nycht eyn sacramentlich noch
muntlich. Wi willen derhalven, dat unsere kircken-
diennere van dissem artickel des hilligen nachtmals
einfeldich lherenn und predigen sollenn, nemptlich
dat aldar die ware gegenwurdige lyff und dat ware
gegenwurdige bloit des herrn myt broitt unnd wyn
uthgedeilet und empfangenn wirde vormoge des
Hern wordt, wilch er in der ynsettinge des nacht-
mals selfst gesprocken heft14.
2. Ock sollen sie sich der argumenten der vernunft
unnd der frag „quomodo?“ by den einfeldigen und
op der |2r| cantzell to tractirn mötich ghan, op dat
die einfeldigen nicht geergert, twifelhaftich noch irre
gemaickt wirden, wie dan leder by etlichen gesche-
henn.
3. So idt ock by den einfeldigen nicht wenich erger-
nisse geft, dat man in der uthdiellung des hilligen
nachtmals andere wordt, dan wie solche vam herrn
Chrysto gebruket sint, und twifels ohn geyner is, die
better form der wordt kan gestellen, daen wie die
vam herrn selfst sint yngestalt und gesprocken, so
willen wy, dat unsere prediger und kirchendienner
in der uthspendung und administration des herrn
nachtmals geyn ander wordt, dan Jesus Chrystus
selfst gebruket heft, bruken sollen, nemlich in der
darreickung des broidts: Nymmet, ettet, dat is myn
liff etc.; in der darreickung des kelcks: Nymmet und
dryncket alle daruth etc.15
Dan wat vor unnoedige spaldungh und ergernis-
sen daruth erfolget, dat eyn ider synes gefallens eyn
egen wise to reden heft vorgenommen, is am dage,
unnd Paulus lehret synem junger Tymotheum in der

13 Johannes Oekolampad (1482-1531), Gäbler, Art. Oe-
kolampad, in: TRE 25 (1995), S. 29-39; Troxler, Art.
Oekolampad, in: BBKL 6 (1993), Sp. 1133-1150; Jung,
Art. Oekolampad, in: RGG 6 (2003), Sp. 458f.
14 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.
15 Mt 26,26-28.

2. epis. 1 [13], er solle nicht alleyn die meynungh
und den verstandt chrystlicher lehre reyn und luter
halden, sondern er sol ock van dem vorbild der heil-
samen wordt, van iderem artickel to reden, nicht
afwikenn.
4. Item, darmyt wy, burgermeistere und rhatt
sambt unsere burgerschop (wilche wy uns der Augs-
purgischer Confession und der Apologi underworpen
und darby to bliven t[o]samen verbunden und ver-
plichtet hebben), ock unsere kirchendienere, nicht in
verdacht kommen, als weren wy vann |2v| der ge-
dachter Augspurgischer Confession afgetreden, to
dem, up dat die arm, einfeldige chrysten van den
chrystlichn geboderen und Godes edlen wordt eth-
wes mögen behalden und lehrnen, so willen wy, dat
unsere predigers und kirchendiener hinfurder yn der
uthdiellung des hilligen nachtmals, in der admini-
stration der dope und allenn andern kirchendiensten
bruken und sich halden sollenn na der kirchen
agendboick16, so man van anfang bis herto gehalden
heft, und willen myt nichte gestaedenn, dat eyn sy-
nes gefallens hude uth dissem, morgen uth eym an-
deren böicksken syn kirchenampt und administra-
tion der sacramenten verrichten soll.
5. Wy willen ock, dat unsere prediger und lehrer,
wannehr idt dat argument mytbringt (idoch fueg-
lich myt beschedenheit und uth der hilligen schrift),
die einfeldigen warnen sollen vor allerley ketterien
und irdombenn des paws und der widderdoeper,
Schwenckfelder17, Libertiner18, und ock vor der fal-
sche lher Zwynglii, Oecolampadii, Carlstadii, Cal-
vini und andern rottenn und schwermgeisteren ire
argumenten myt allen flyt refutirn unnd widderleg-
gen, darmyt die gemeyne und kirche Chrysti unge-
trennet unnd van allen sectischen und ergerlichen
meynungen secker und fry blive. Und so unserenn

16 Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnung von 1557, Seh-
ling, EKO XVIII, S. 71-259.
17 Kaspar Schwenckfeld (1490-1461), Bubenheimer,
Art. Schwenckfeld, in: BBKL 9 (1995), Sp. 1215-1235;
Kuhn, Art. Schwenckfeld, in: NDB 24 (2010), S. 63f.
18 Freigeister, die sich nicht an gegebene Normen halten
und einen ausschweifenden Lebensstil pflegen.

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