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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0414

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Schlesien.

auch Heidenreich die Gutachten allein. Für die Entwicklung des Eherechts sind diese Gut-
achten von grosser Bedeutung, und es wäre dankbar zu begrüssen, wenn sie einmal in dieser
Richtung zum Gegenstand einer selbständigen Arbeit gemacht würden. Was Eberlein mit-
theilt, ist sehr dankenswerth, aber doch nur skizzenhaft.
Man hatte für Ehesachen einige Hauptgrundsätze aufgestellt, die alljährlich dreimal
von der Canzel verlesen wurden. Dieses von den Geistlichen ausgearbeitete und jedenfalls vom
Rathe gebilligte Statut ist, wie Konrad meint, uns nur aus einer Canzelverkündigung vom
Jahre 1586 bekannt (St.-A. Breslau, II, 23a, Fol. 187). Das ist nicht ganz zutreffend. Denn
es ist, wenn auch etwas abweichend, in die Gottesdienstordnung von 1550 aufgenommen worden,
wie sie in Correspondenzbl. 4, S. 51, bereits abgedruckt ist. Welche von den beiden Formen
die ältere ist, wage ich nicht zu entscheiden. (Nr. 84.)
Die Gutachten betreffen auch oft die Kirchenzucht und Irrlehren, wie die der Schwenck-
felder und Wiedertäufer.
Eine bemerkenswerthe Anordnung traf der Rath 1568. Er bestimmte, dass an den drei
Pfarrkirchen (Elisabeth, Magdalena, Bernhardin): „neben den gemeinen öffentlichen Predigten
auch die anderen ledigen Tage der woche“ fortlaufend aus den kanonischen Büchern des alten
und neuen Testaments je ein Capitel und die Summarien des Veit Dietrich dazu vorgelesen
werden sollten. Zu diesen Lesestücken verfasste Vierling unterBeihilfe seines Schwagers Pollio
Vorrede und Schlussbetrachtungen. Diese liess Vierling 1596 unter dem Titel „Vorrede und
Beschluss über die Capitel des alten und neuen Testaments“ im Drucke erscheinen. Pollio
hatte einen Anhang „Gebete, . . . auf die fürnembsten feste und etliche sonntag des Jahres,
welche zu den biblischen lectionibus geordnet und bissher allzeit dabey sind abgelesen worden“,
hinzugefügt. Von 1568 fanden täglich Morgenandachten statt auf Grund dieser Anweisungen.
Vordem hatten wohl nur in Fortsetzung und an Stelle der katholischen Frühmesse kurze An-
dachten mit Gesang und Gebet stattgefunden. Für diese Wochengottesdienste stellte man später
eigene Lektoren an (vgl. hierfür Küntzel, Lucas Pollio, Pastor primarius an St. Maria und
Magdalena in Breslau [1567—1583], im Correspondenzbl. 6, S. 1 ff.).
Zum Schlusse sollen noch zwei Anordnungen des Rathes aus dem St.-A. Breslau,
Stadt II, 23c, Fol. 178 bezw. 225, soviel ich sehe, erstmalig abgedruckt werden. Die
eine betrifft die Pestzeit, die andere eine Fürbitte für eine glückliche Königswahl in Polen
(von 1587). Letztere ist ein bemerkenswerthes Beispiel einer Fürsorge für die Verhältnisse
eines benachbarten Landes, bei welchem allerdings das Interesse für die Glaubensgenossen in
diesem Lande und die Besorgniss des Herübergreifens politischer Wirren in das eigene Land
erklärliche Motive bilden. (Nr. 86 und Nr. 87.)
In den Jahrbüchern der Stadt Breslau von Nicolaus Pol, Bd. 3, S. 120, wird
erwähnt, dass man 1542 auf Anordnung von Hess in der Kirche St. Mariae Magdalenae an-
gefangen habe, die Eheleute in ein Kirchenbuch einzutragen; ebenda, S. 127 wird die Ordnung
mitgetheilt, welche M. Antonius Pausius in der Kirche zum heiligen Leichnam auf des Rathes
Besoldung seit 1544 hielt, und Bd. 4, S. 58, wird berichtet, dass am 12. Juni 1569 „auf
Wohlmeinung Dr. Heidenreich’s, auch Wohlgefallen des ehrwürdigen Ministerii“ in den Kirchen
die Eintragung der Täuflinge, mit ihren Eltern und Pathen „in ein sonderlich buch“ an-
geordnet worden sei. Das älteste Taufbuch Breslaus, das der Bernhardinkirche, stammt von
1569, diejenigen von St. Elisabeth und St. Maria Magdalena von 1570. Die Traubücher der
beiden letztgenannten Kirchen stammen schon von 1542. Vgl. auch Köstlin, S. 232.
Über eine Hochzeitsordnung für Breslau von 1565, erneuert 1573 und 1581, s.
v. Kamptz I, S. 530, Nr. 19.
Über die Bemühungen des Rathes um geistliche Versorgung der Kranken in Pest-
zeiten vgl. Eberlein, Correspondenzbl. 4, S. 166 ff.
 
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