ImFürstentum Calenberg-Göttingen regierte 1494—1540 Herzog Erich I. von Braun-
schweig und Lüneburg. Nach seinem Tod übernahm für fünf Jahre seine zweite Gemahlin,
Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, die Vormundschaft für den
unmündigen Erich II. Mit dessen Tod fiel das Land 1584 an die Wolfenbütteler Linie des
Herzogshauses. Ueber die Einführung der Reformation in diesem Gebiet unterrichten jetzt
die zahlreichen Arbeiten von Adolf Brenneke (vor allem Klosterherrschaft 1 u. 2).
Herzog Erich I. hielt zwar bis zuletzt an der katholischen Kirchenpolitik fest, auch um
der Sicherung des in der Hildesheimer Stiftsfehde eroberten Gebietes willen, doch ließen es die
Machtgelüste seines Neffen Heinrich d. J. von Wolfenbüttel geraten erscheinen, zugleich mit
dem Landgrafen Philipp von Hessen gute Beziehungen zu pflegen; und bei seiner allgemein
unentschiedenen Haltung war es möglich, daß seine Gemahlin Elisabeth 1538 offen zum Lu-
thertum übertrat. Die vier großen Städte seines Landes haben die lutherische Lehre selb-
ständig eingeführt, und drei von ihnen ertrotzten sich unter Ausnützung seiner ständigen
Geldnot seine Einwilligung hierzu: Göttingen 1533, Hannover 1534, Northeim 1539; Ha-
meln ist zu seinen Lebzeiten nicht mehr so weit gelangt. Auch sonst konnte die Reformation
noch unter Erich I. in Calenberg eindringen. Daß es damals bereits Gemeinden gab, die
von sich aus eine Regelung der kirchlichen Verhältnisse durchzuführen suchten, zeigt die
Dasseler Alterleute-Ordnung aus dem Jahre 1536 (vgl. Cohrs). Im allgemeinen aber fehlt
diesen Bestrebungen eine ordnende Gewalt (vgl. auch die Hinweise bei Brenneke, 1, S. 190,
Anm. 23). Im Jahr 1538 versuchte Herzogin Elisabeth in einem geheimen Abkommen mit
den Pfarrern in Neustadt und Wunstorf eine evangelische Gottesdienstordnung aufzustellen,
aber der Herzog gestattete noch keine unbeschränkte Einführung der neuen Formen (vgl.
St.-A. Hannover, Cal. Br. A. Des. 23 VI Nr. 1: Brenneke, 1, S. 195 f.).
Nach dem Tode Herzog Erichs I. änderten sich diese Verhältnisse grundlegend, sofern
Herzogin Elisabeth sich gegen alle Einsprüche und Widerstände Herzog Heinrichs d. J. durch-
zusetzen vermochte (vgl. Brenneke, 1, S. 255 ff.; Brenneke, Elisabeth). Auf den
ersten Landtagen im Mai 1541 erreichte Elisabeth durch geschicktes Verhandeln, daß die
Landstände ihre vormundschaftliche Landesregierung anerkannten. Hiermit verband Elisabeth
eine noch unklare Andeutung der Religionserneuerung im Lande. Nach ihrer Ansicht stand
nunmehr die gesetzliche Geltung ihrer Vormundschaftsregierung und damit die Rechtsgrund-
lage für die geplante Reformation fest. Darauf baute sie ihr gesamtes weiteres Handeln auf.
Aber der Widerstand Heinrichs d. J. minderte sich nicht, und Elisabeth konnte erst, nach-
dem die Tilgung der Landesschulden durch die Stände gesichert war, an die Veröffentlichung
einer KO denken (vgl. Brenneke, 1, S. 319, 386; dazu Cohrs in ZnKG 34/5, 1929/30, S.
429 f.). Schon vorher hatte Elisabeth evangelische Pfarrer an die Kirchen ihres Landes be-
rufen und auch allgemeine Richtlinien für sie aufgestellt,von denen allerdings nichts Näheres
überliefert ist (vgl. Brenneke, 2, S. 3). Bereits 1540 plante sie auch die Einführung einer
von Anton Corvin aufgestellten KO, mußte dieses Vorhaben aber vor allem auf Wunsch der
sie beratenden evangelischen Fürsten zunächst zurückstellen (vgl. Brenneke, 1, S. 283 ff.).
Anfang Januar 1542 gab Elisabeth den Auftrag zum Druck dieser KO; Mitte Mai desselben
Jahres wurde sie an die Städte, die Klöster, die Mitglieder der Ritterschaft und an alle Kirchen
des Landes zusammen mit einem Mandat der Herzogin, das sie in Kraft setzte, und mit
einem Vermahnungsschreiben versandt (vgl. St.-A. Wolfenbüttel, Cal. Nr. 7, vol. 1; Bren-
neke, 1, S. 386 f.). Diese KO besteht aus vier gesondert gedruckten Teilen: 1. Lehrord-
nung; 2. Katechismuspredigten; 3. Agende; 4. Konfirmationsordnung. Unser Text Nr. 1
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schweig und Lüneburg. Nach seinem Tod übernahm für fünf Jahre seine zweite Gemahlin,
Elisabeth, Tochter des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, die Vormundschaft für den
unmündigen Erich II. Mit dessen Tod fiel das Land 1584 an die Wolfenbütteler Linie des
Herzogshauses. Ueber die Einführung der Reformation in diesem Gebiet unterrichten jetzt
die zahlreichen Arbeiten von Adolf Brenneke (vor allem Klosterherrschaft 1 u. 2).
Herzog Erich I. hielt zwar bis zuletzt an der katholischen Kirchenpolitik fest, auch um
der Sicherung des in der Hildesheimer Stiftsfehde eroberten Gebietes willen, doch ließen es die
Machtgelüste seines Neffen Heinrich d. J. von Wolfenbüttel geraten erscheinen, zugleich mit
dem Landgrafen Philipp von Hessen gute Beziehungen zu pflegen; und bei seiner allgemein
unentschiedenen Haltung war es möglich, daß seine Gemahlin Elisabeth 1538 offen zum Lu-
thertum übertrat. Die vier großen Städte seines Landes haben die lutherische Lehre selb-
ständig eingeführt, und drei von ihnen ertrotzten sich unter Ausnützung seiner ständigen
Geldnot seine Einwilligung hierzu: Göttingen 1533, Hannover 1534, Northeim 1539; Ha-
meln ist zu seinen Lebzeiten nicht mehr so weit gelangt. Auch sonst konnte die Reformation
noch unter Erich I. in Calenberg eindringen. Daß es damals bereits Gemeinden gab, die
von sich aus eine Regelung der kirchlichen Verhältnisse durchzuführen suchten, zeigt die
Dasseler Alterleute-Ordnung aus dem Jahre 1536 (vgl. Cohrs). Im allgemeinen aber fehlt
diesen Bestrebungen eine ordnende Gewalt (vgl. auch die Hinweise bei Brenneke, 1, S. 190,
Anm. 23). Im Jahr 1538 versuchte Herzogin Elisabeth in einem geheimen Abkommen mit
den Pfarrern in Neustadt und Wunstorf eine evangelische Gottesdienstordnung aufzustellen,
aber der Herzog gestattete noch keine unbeschränkte Einführung der neuen Formen (vgl.
St.-A. Hannover, Cal. Br. A. Des. 23 VI Nr. 1: Brenneke, 1, S. 195 f.).
Nach dem Tode Herzog Erichs I. änderten sich diese Verhältnisse grundlegend, sofern
Herzogin Elisabeth sich gegen alle Einsprüche und Widerstände Herzog Heinrichs d. J. durch-
zusetzen vermochte (vgl. Brenneke, 1, S. 255 ff.; Brenneke, Elisabeth). Auf den
ersten Landtagen im Mai 1541 erreichte Elisabeth durch geschicktes Verhandeln, daß die
Landstände ihre vormundschaftliche Landesregierung anerkannten. Hiermit verband Elisabeth
eine noch unklare Andeutung der Religionserneuerung im Lande. Nach ihrer Ansicht stand
nunmehr die gesetzliche Geltung ihrer Vormundschaftsregierung und damit die Rechtsgrund-
lage für die geplante Reformation fest. Darauf baute sie ihr gesamtes weiteres Handeln auf.
Aber der Widerstand Heinrichs d. J. minderte sich nicht, und Elisabeth konnte erst, nach-
dem die Tilgung der Landesschulden durch die Stände gesichert war, an die Veröffentlichung
einer KO denken (vgl. Brenneke, 1, S. 319, 386; dazu Cohrs in ZnKG 34/5, 1929/30, S.
429 f.). Schon vorher hatte Elisabeth evangelische Pfarrer an die Kirchen ihres Landes be-
rufen und auch allgemeine Richtlinien für sie aufgestellt,von denen allerdings nichts Näheres
überliefert ist (vgl. Brenneke, 2, S. 3). Bereits 1540 plante sie auch die Einführung einer
von Anton Corvin aufgestellten KO, mußte dieses Vorhaben aber vor allem auf Wunsch der
sie beratenden evangelischen Fürsten zunächst zurückstellen (vgl. Brenneke, 1, S. 283 ff.).
Anfang Januar 1542 gab Elisabeth den Auftrag zum Druck dieser KO; Mitte Mai desselben
Jahres wurde sie an die Städte, die Klöster, die Mitglieder der Ritterschaft und an alle Kirchen
des Landes zusammen mit einem Mandat der Herzogin, das sie in Kraft setzte, und mit
einem Vermahnungsschreiben versandt (vgl. St.-A. Wolfenbüttel, Cal. Nr. 7, vol. 1; Bren-
neke, 1, S. 386 f.). Diese KO besteht aus vier gesondert gedruckten Teilen: 1. Lehrord-
nung; 2. Katechismuspredigten; 3. Agende; 4. Konfirmationsordnung. Unser Text Nr. 1
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