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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0022
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Kirche, S. 53 f.). Noch weiter ging sie in dieser Richtung dort, wo sie unumschränkt herr-
schen konnte, nämlich in ihrer Residenz Münden (vgl. Brenneke, 2, S. 20 f.). Gemäß
KO und Visitationsinstruktion sollte der jeweiligen Ortsobrigkeit die Sorge für eine Sit-
tenordnung aufgetragen werden (vgl. Meyer, Gemeindeverfassung, S. 31 f.). In
Münden hat Elisabeth eine solche in Verbindung mit einer Gewerbeordnung am 26. Dez.
1542 von sich aus erlassen; der Rat der Stadt hatte nur die Möglichkeit, einzelne Vorschläge
vorzubringen. Mit dieser Sittenordnung war zugleich das Muster für andere Gemeinden
gegeben. Auch sie ist uns durch Lippold von Hanstein überliefert und wird hier zum er-
sten Mal abgedruckt: Text Nr. 5. In diesem Zusammenhang sei noch darauf verwiesen, daß
Herzogin Elisabeth in ähnlicher Weise die Ordnung der Verwaltung des Hospitals St. Spi-
ritus in Münden vornahm (vgl. den Abdruck dieser Ordnung vom 25. Juli 1542 in ZnKG
16, 1911, S. 268—271).
Am 16. März 1543 erließ Elisabeth ein allgemeines Mandat an alle örtlichen Obrigkeiten
über die Bestrafung von Unzucht und Ehebruch und bekundete damit die Absicht, in die-
ser Weise die Neuordnung im Lande fortzuführen (St.-A. Hannover, Cal. Br. A. Des. 23
XII a, Nr. 1). Der KO und der KlosterO der Herzogin Eiisabeth eignet jedoch nur provi-
sorischer Charakter (vgl. Brenneke, 2, S. 12). Es waren zudem noch keine Organe für
die Ausübung eines landesherrlichen Kirchenregiments vorgesehen. Erste Ansätze zeigten
sich in den Synoden zu Pattensen am 14. Juli 1544 und zu Münden am 8. Jan. 1545. Mit
den Präsidien der Synoden tauchte jetzt nämlich eine Einrichtung auf, von der aus die
kirchlichen Gesetzgebungs-, Gerichts- und Verwaltungsfunktionen im Namen des Landesherrn
ausgeübt werden konnten. Die Synodalbeschlüsse von 1544 und 1545 erschienen im Druck
unter dem Titel: „Constitutiones aliquot synodales ... 1545“; unser Text Nr. 6 (vgl. da-
zu Brenneke, 2, S. 132—143; Tschackert, Corvinus, S. 130 ff.; Brenneke,
Gemeinde und Kirche, S. 65—75). Durch die Ereignisse während der Regierung
Erichs II. wurden jene Einrichtungen wieder beseitigt (vgl. Brenneke, Gestalt). Eine
Kirchenverfassung, die der KO fehlt, ist also nicht zustande gekommen, aber die Verflech-
tung von Staat und Kirche, die Elisabeth anstrebte, ist infolge vielfacher politischer Wider-
stände auch nicht geglückt (vgl. Brenneke , Einflüsse). Die vollständige Unterwerfung
des Adels, der Klöster und namentlich der vier großen Städte Göttingen, Northeim, Han-
nover und Hameln unter die kirchlichen Ordnungen blieb aus (vgl. Brenneke, 2, S. 189 ff.).
Der unermüdliche und ständige Berater Elisabeths in allen kirchlichen Fragen und der Ver-
fasser nahezu aller ihrer kirchlichen Ordnungen war Anton Corvinus, den sie zum Super-
intendenten des ganzen Landes Calenberg—Göttingen ernannt hatte. Ihm ist die anfängliche
Organisation und Befestigung der Reformation zu danken, soweit dies in so kurzer Zeit mög-
lich war. Immerhin ist in den neun Jahren seiner Wirksamkeit erstaunlich viel erreicht
worden (vgl. Tschackert, Corvinus, S. 123 ff.; Brenneke, 2, S. 144 ff.; Mar-
tens, S. 88 ff.). Noch nach Beendigung der Vormundschaft 1545 hat Elisabeth durch acht
Jahre einen gewissen Einfluß auf die Regierung des Landes ausgeübt. — Das Regiment
Erichs II. (1545—1584) war durch seinen engen Anschluß an den Kaiser, die damit zu-
sammenhängende häufige Abwesenheit, die Rückkehr zum Katholizismus und durch seine
Auseinandersetzungen mit Heinrich d. J. bestimmt, der immer wieder versuchte, die Calen-
berger Landschaft sich zu unterwerfen. Unter diesen Umständen schien es zunächst aus-
sichtslos zu sein, die evangelische Lehre im Lande völlig durchzusetzen. lmmerhin hatte
Herzogin Elisabeth noch 1546 gemeinsam mit ihrern Sohn ein Mandat erlassen, das die Be-

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