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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0167
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Klosterordnung 1542

im buch De operibus monachorum cap. 3020: sie
thun nichts, dan das sie arbeiten, beten und stu-
dieren. Wo sind solche werke in den itzigen
klostern? Plappern ist gnugh da; von recht-
schaffenen gebet wissen sie wenig zu sagen.
Was soll man sagen von ihrem studiern, weil
das mherertheil schwerlich lessen konnen? Der
arbeit halben kan man ihn auch nicht so gros
lob nachsagen, weil sie sich vor derselbigen
zimblicherweise zu huten wissen. Auf solche
weise sagt auch von der ubungh der munche
der heilige Chrisostomus, nemblich, das die ein-
trechtiglich beten und nach dem beten ihres stu-
dierens und lesens warten, De vita monachorum,
homilia 5921. Und damit wir ja sehen, das die
klosterleuth nicht besser oder heiliger dann an-
dere sein, so fordert er anderßwo von allen
Christen insgemein, das sie Gott wie die recht-
schaffen monche treulich anhangen und dienen
sollen, da er sagt: Ich will, das ihr alle gelerth,
geschickt und monche sein solth, nicht alse
mustet ihr keine weibe haben, sunder das ihr
die tugende haben und besitzen solt, so euch
Gott angeneme machen; den es heisset ein munch
nicht darumb ein munch, das er keine frauen
hat, sonder das er Gott treulich dienet und got-
licher religion anhengigh ist etc., homilia2 in
Psalmum 5022. Wer siehet in disem spruch
Chrisostomi nicht, das kein besser religio sei,
dan christlicher religion anhangen, und kein
besser religio sy, dan die, so Gott treulich die-
nen. Solte aber solcher dienst nicht allen Chri-
sten gemein sein?
Nichtdestewenger seind volgendes eingefurth,
da die fursteher die schrift vorließen und allein
auf die buchsorge begunten zu sehen, die ge-
lubde, item menschliche statuten und satzungen,

20 De opere monachorum 29, 37; MSL 40, 576.
21 De beneficio, quod a nobis indigentibus ex-
hibetur, et de vita monachorum. Homilia59
ad populum; Opp. IV (B. Brixian.). Basel 1521,
207: Illi uero cum rursum matutinas orationes
celebrauerint et hymnos, ad scripturaram
lectionem conuertuntur. Sunt autem et qui
libros transcribere docti ... — In dieser, mög-

aber mit solcher menge und solchem haufen,
das ein lauter gleißnerei daraus worden ist, und
seind zuletzt dahin geraten, das sie ihre gelubde
den gelubden der heiligen tauf vorgleichen23
und ihren stand, wie auch droben angezeigt,
einen volnkomen stand geheissen haben. Wie
konte solchs lenger bestehen? Solten hie die
wort Christi, da er sagt Matth. 15 [13]: Ein jede
pflanzungh, so mein himlischer Vatter nicht ge-
pflanzet hat, soll ausgeroth werden! nicht deT-
malneinst zeichen thun ?
Und zwar, wen man ihr gelubnus23a recht an-
siehet und gegen das wort Gottes helt, so haben
sie nicht sonderlichs gelobt, das nicht anderen
Christen auch musse zu halten gemein sein; den
sie geloben keuschkeit, armuth, gehorsamb, glei-
cherweise, alse konten solche dinge bei andern
fromen Christen nicht sein.
Belangen die keuscheit, so mus iderman be-
kennen, das dieselbige eine herliche gabe Gottes
sey, die man pillich, wo sie Gott gebe, mit
grosser danksagungh annehme und nicht aus-
schlaghe, aber nicht der meinungh, das man
damit vorgebungh der sunde verdiene, welchs
allein dem verdienste Christy zugeschrieben wer-
den mus, sondern das man in solchem stande
Gott deste fleissiger, besser und ernstlicher die-
nen kan, welchs man sonst im ehlichen stande
so unverhindert nicht thut, [1.] Cor. 7 [32 ff.].
Wen aber gleichwoll hie jemand were, der solche
gabe nicht hette, dem muste man dennoch auch
das vorgönnen, das ihme Godt nicht verpoten,
sonder nachgelassen hette, wie die schrift sagt:
Es ist besser freien weder brennen, 1. Cor. 7 [9],
Die alten vetter haben solchs woll bedacht;
den sie haben in diessem fall auf die jugend,
sonderlich auf die jungfrauen, nicht faste harte
licherweise von Corvin benutzten lateinischen
Chrysostomusausgabe sind insgesamt 80 sog.
Homilien an das Volk von Antiochien ge-
zählt.
22 In Psalmum L, homilia 2, 10; MSG 55, 587.
23 Vgl. oben S. 780 u. Anm. 41.
23a Druckvorlage: gleubnus.

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