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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0222
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hann Sutel betraut (vgl. Erdmann, S. 61 f., Tschackert, Sutel, S. 26—29). Dieser ver-
anlaßte schon sehr bald die Einführung der Verpflichtung der Prediger auf die Augsburgi-
sche Konfession; die ersten uns bekannten stammen aus den Jahren 1540 und 1541. Veit
Pflugmacher wurde 1541 außerdem noch auf die Postille des Anton Corvinus verpflichtet.
Bemerkenswert ist, daß der Prediger zugleich eidlich versprechen mußte zu resignieren, falls
er seinen eingegangenen Verpflichtungen nicht nach Gebühr nachkäme (vgl. Tschackert,
Beiträge, S. 806 ff., ferner auch Tschackert, S. 377 f.). Weitere Symbolverpflich-
tungen, jeweils nach den Umständen verändert. finden sich in den Akten des Stadtarchivs
für das ganze Jahrhundert.
Das Interim von 1548 wurde von Göttingen abgelehnt. Seit 1531 war die Stadt Mitglied des
Schmalkaldischen Bundes und hatte dann auch mit großen Opfern am Schmalkaldischen
Krieg teilgenommen, dabei den besonderen Zorn des Kaisers hervorgerufen. So konnte sie
keine offene Erklärung gegen das Interim wagen. Es sind Bestimmungen des Rates bekannt,
nach denen die Prediger sich des Schmähens gegen den Kaiser enthalten, das Wort Gottes
aber weiter rein verkündigen sollten (vgl. Tschackert,Sutel, S. 54 und 109 f.). Der da-
malige Superintendent D. Joachim Mörlin wurde wegen seiner schroffen Ablehnung des Interims
und der Politik des Rates, dem die Vermeidung eines fühlbaren Zornes des Herzogs Erich d. J.
geraten schien, aus den städtischen Diensten entlassen (vgl. Meyer, Mörlin).
Acht Tage nach Mörlins Entlassung, am 25. Jan. 1550, erließ der Rat zur Regelung des
öffentlichen Gottesdienstes während der durch das Interim geschaffenen Verhältnisse eine
KO unter dem Interim (vgl. Tschackert, Sutel, S. 57 f.). Sie hat ihrer Bestimmung ge-
mäß die KO von 1530 niemals aufgehoben. Auch ist aus den Akten über ihre eigentliche Gel-
tung nichts zu ersehen; immerhin läßt sich nachweisen, daß sie am 3. Nov. 1550 in Kraft
stand und von Mag. Johann Sutel gebilligt wurde, der spätestens Mitte Oktober 1550 an
Mörlins Stelle ein zweites Mal zum Superintendenten ernannt wurde (vgl. Tschackert, Su-
tel, S. 58 f., gedruckt ebenda S. 110 f.).
Der Streit der Göttinger Prediger und Lehrer um die Frage der Bekehrung und des Men-
schen Verhalten bei ihr — bereits 1561 begonnen und in den Jahren 1566—1570 auf seinem
Höhepunkt (vgl. Schmidt) — veranlaßte den Rat 1568, ein Corpus doctrinae Gottingense
herauszubringen. Dieses Bekenntnisbuch, am 24. Juni 1568 den Gemeinden übergeben, war in
der Hauptsache wohl auf Veranlassung des damaligen Superintendenten M. Philipp Keyser
entstanden und wurde im gleichen Jahre noch in Frankfurt a.M. gedruckt (vgl. Schmidt,
S. 79 ff., Saathoff, Kirchengeschichte, S.163). Es enthielt eine Vorrede, wahrschein-
lich wesentlich von Keyser verfaßt, die KO von 1530, ins Hochdeutsche übertragen, Luthers
kleinen Katechismus mit einigen Beilagen, die Schmalkaldischen Artikel samt einem Zusatz
zu Melanchthons Unterschrift, sowie Melanchthons verdeutschten „Tractatus de potestate et
primatu papae“. Die Kosten für den Druck der weiter noch vorgesehenen Confessio Augustana.
mit Apologia sparte man, indem man sie in einer Ausgabe von 1565 beiband.Wir drucken den
Titel und die neue Vorrede ab, lassen aber die wörtliche Übertragung der KO von 1530 fort,
vgl. Text Nr. 2.
So blieb die KO von 1530 in Geltung. Die Herzöge Julius und Heinrich Julius wollten die
Wolfenbütteler KO von 1569 einführen, fanden aber bei den vier großen Städten der Calen-
berger Landschaft hartnäckigen Widerstand. Dabei trat Göttingen führend hervor (vgl. Re-
gula). Schließlich wurde im Gandersheimer Landtagsabschied vom 10. Okt. 1601 den vier
großen Städten Calenbergs zugestanden, daß fortan die neubestellten Pfarrer nicht nur auf

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