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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0224
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Die Kirchenordnungen
1. Christlike ordeninge der stadt Gottingen.
Myth einer vörrede D. Martini Luther.
Wittemberch 15311.

Den werdigen herren, parherrn
unde predigern Doctor Martinus Luther.
Gnade unde frede in Christo. Ick hebbe juwem
begeren nach düsse juwe kerkenordenynge over-
lesen und dorch den druck gefordert. Gott, de
Vader aller wysheit, geve syne gnade, dat se
eynen kreftigen vortgank gewinne. Amen. Wen
wy weten (Gott loff) wol, wath wor eyn wedder-
part wy in solken saken hebben, nömlick den
satan myth alle synen engeln. Darumb eth ock
[nicht] genoech ys, gude ordenunge, gud recht,
gude lere hebben. Ja, eth ys korth umb neyn
rat, neyne wysheit, neyn fornemen so gued und
recht, dash darup tho bouwen unde ichteszwat
anthofangen sy. Wenth gelick eyn gottlick recht
ys, so isset neyn nütte, sondern veel mehr sched-
lick, Roma. 3 [Rm 4, 15]: Dath gesette richtet
torn an. Wo mangen wysen man, ja, wo man-
ghem hilligen manne hefft gefeylet sien alder-
schonste sake unde sien alderhilgeste recht?
Worumb dath? Darumb, dath over düth recht
unde gude ordenunge gehöreth noch eyn, dath
heth geraden odder gedigen2, dath ock S. Paulus
[1. K 3, 6 f.] sülvest secht, dath evangelion (wel-
kor doch nicht alleyn Godes ordenunge, sondern
ock Godes kraft ys) nicht schaffe, wo ock Godt
dath gedigen nicht dartho gifft.
Darumb syn dath gar dörige lüde, de de seg-
gen: Ick hebbes gud recht. Ick wylt dhoen.Woll
wylt my weren? Den dath se seggen: Ick hebbes
gud recht, is wol geredet. Aver dath se dartho
noch seggen: Ick wylt dhoen, dath ys tho veel.
Denn sollick doen ys nicht dien, so wenich dath
recht dien is. Gott moeth helpen, dat eth ge-
schee. Sonst solstu wol sehen, off dy eth nicht

1 Druckvorlage: Photokopie aus der Nie-
ders. St.- u. Univ.-Bibl. Göttingen nach dem
Druck von Hans Luft, Wittenberg 1531. Oktav

geweret werde, und wen du noch so gued recht
haddest. Gott wil dyn puchen und trotzen uppet
recht nicht lyden. Du solt demödich umb hülpe
ock bidden, dat he dy und nicht du sülvest dath
recht erholde, up dat du lernest, was de düvel,
ja, wat du sülvest siest, alse de ock vast nicht
vormach, dho he dick recht hadde und de düvel
eyn krigesman ys wedder alle, dat recht und
gued ys, dat Gott moeth hyr helpen, nicht allene
uth unrecht, sondern ock thom rechte, beyde,
in groten und kleynen und allerleygen saken.
Darumb sprickt de wysheit Ecclesiastes 7 [Pr 8,
14]: Men ys dat raden und geraden. Veele heb-
ben guden radt, aver dat geraden folget nicht,
sondern werd eyn groth unraet uth grotem rade,
wo dat veele exempel und historien bewysen.
Solkes wil ick juw, leven herrn unde freunde,
darumb angezeiget hebben, dat gy sülvest und
juwe volk dartho willen holden, nicht allene
up juwe ordenunge juw vortrösten, alse hebbe
eth nu neyne noeth, dewyle eth gefatet ys, son-
dern ock Godt demödichlick danken und dar-
boneven bidden, dat he juw dat gedigen und
geraden dartho geve und selich fortgha. Denn
anstothe und hindernisse werden sick genoch
finden, und der ein fürste in der werlt ys (ge-
lövet my), de werd ock tho Gottingen willen
eyn fürste sien und gar ungern eyn betler sien.
Got mothe one under juw warpen, wo S. Paulus
biddet [Rm 16, 20]: Gott thobreke den satan
under juwen föten, welkes ick ock juw wünske
und bidde, dat juw Godt segene und behöde,
unstrefflick und kref[tich] hochwassen late tho
synem love und ehre. Amen.

(8° H. Hannov. V 8863). — Luthers Vor-
rede vgl. auch WA 30 III, 250 f.
2 = Geraten oder Gedeihen.

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