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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0255
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Kirchenordnung 1539

an den tag komen, das wir durch die, so uns
schuld geben, wir verbieten gute werke, un-
freuntlich angelogen werden.
Die alten haben das fasten und beten an
sonderliche zeit, speise, stet und personen ge-
bunden, welchs doch widder Gottes wort ist,
Luce 18 [1] und 21 [36] und 1. Timo. 2 [8], Wir
aber leren, das man allezeit fasten und beten
sol. Denn recht fasten stehet darin, das man
sich von den sunden enthalt und ubrig fressen
und saufen flihe, damit man allezeit in messig-
keit leben und deste geschickter zum gebete
und allem guten sein könne, wie auch recht
beten darin stehet, das man allezeit und an
allen örteren zu Gott seufze und umb gnad bitte
etc. Johannis 4 [23]: Es wird die zeit komen und
ist schon furhanden, das die rechten anbeter
den Vater anbeten werden im Geist und in der
warheit.
Unterscheid der speise sol derhalben bey uns
aufgehaben sein. Denn was zum munde ein-
gehet, verunreiniget den menschen nicht, wie
Christus [Mt 15, 11] selbs gesagt hat. Doch sol
man dieser freiheit brauchen, das die, so fleisch
mit danksagung essen, die anderen, so es aus
schwacheit nicht essen können, unverachtet las-
sen. Widderumb das auch die, so fleisch essen,
von denen, so dasselbige nicht essen, unver-
schmehet bleiben. Denn das reich Gottes ist
nicht essen und trinken, sondern freud im hel-
ligen Geiste, wie Sanct Paul leret, Ro. 14 [17].
Dieweil uns aber zum gebete allezeit die not
dringen sol, so wird fur gut angesehen, wenn
ein sonderliche anligende sache furhanden, wie
denn itzt die theure zeit und frucht des kriegs
ist, das alsdenn auf den Mitwochen und Freitäg
die christliche lytaney, so zu Wittemberg ge-
macht57, neben dem gebete anderer leut an-
gerichtet und gesungen werde. Denn sol Gott
seinen zorn von uns wenden, so müssen wir uns
bessern und mit gleubigem gebete anhalten.

Von der oberkeit.
Was von der oberkeit, dieweil sie von Gott
verordnet, zu halten, wie man ihr gehorsam
sein und als Gottes dienerinnen willige dienste
erzeigen müsse, leret Gottes wort so klerlich
Matth. 22 [21] und zun Römern am 13. [1 ff.],
das, viel wort davon zu machen, nicht von
nöten ist.
Wir wöllen aber doch, dieweil wir itzt das
hochwirdige evangelium angenomen und vileicht
dafur angesehen werden möchten, als süchten
wir etwas anders denn Gottes ehre und unser
seelen seligkeit, öffentlich fur Gott und aller
welt bezeugt haben, das wir mit dieser ordnung
unserm gnedigen landsfürsten und herrn an
seiner F. G. hocheit und gewalt in leiblichen
sachen ganz und gar keinen abbruch gethan
haben wollen, sondern gedenken, seiner F. G. in
allen billichen sachen, so das gewissen nicht be-
treffen, wie getreue undersassen allezeit mit
leib und gut gehorsam zu leisten.
Wir, die gilde und ganze gemeine, verheissen
auch, nehest hochgemeltem unserm gnedigen
fürsten und herrn einem erbarn radt von Nort-
heim gehorsam zu sein, gebürliche pflicht zu
geben und in allem, was bürgerliche einigkeit,
fried und gedeien betrifft, nicht anders zu ge-
beren, denn fromen, getreuen, erlichen und wil-
ligen bürgeren wol anstehet.
Dagegen sol und wil ein erbar radt ihre bür-
ger in sachen, das heilige evangelium, christ-
liche religion und diese ordnung belangen, un-
betrübt und unverfolgt lassen, sonder vielmehr
laut ihrem ampte solche göttliche dinge zu
handhaben und fortzusetzen schüldig sein.
Von gottslesterung. fluchen und schweren.
Es sagt Gott in der schrift: Wer mich ehret,
den wil ich wider ehren. Wer mich aber ver-
achtet, sol zu schande werden, 1. Samuelis 2
[30], Und wenn solcher spruch wol beherzigt

57 Vgl. oben S. 797, Anm. 90.

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