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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Jahresfeier am 14. Juni 2008
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Niehrs, Christof: Dialektik der embryonalen Induktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0030
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14. Juni 2008

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durch die Begründung der Genetik, der Entwicklungsphysiologie und dem Gebiet,
was heute als Zellbiologie bezeichnet wird. Im Gegensatz zur deskriptiven Biologie
ist der kausal-analytische Ansatz charakterisiert durch das Experiment, das heißt Fra-
gen an die Natur zu stellen. Spemanns bekannten Arbeiten gehören in den Bereich
der experimentellen Entwicklungsbiologie. Die kausal-analytische Entwicklungsbio-
logie nimmt jedoch ihren Ausgangspunkt zunächst in der Beobachtung der norma-
len Entwicklungsvorgänge.
Abriss der Entwicklung beim Amphibienkeim
Betrachten wir daher die Entwicklung des Amphibienkeims am Beispiel des Kral-
lenfroschs, einem heute weit verbreiteten biologischen Modellsystem (Abb. 1).Wäh-
rend der Paarungszeit laichen Amphibienweibchen Hunderte bis Tausende von
Eiern ab, die sich gegenüber Eiern von Säugern vor allem durch ihre enorme Größe
von 1 mm Durchmesser und mehr auszeichnen. Das menschliche Ei dagegen hat nur
einen Durchmesser von 0,1 mm. Diese Eier werden unmittelbar während der Abla-
ge durch ein das Weibchen umklammerndes Männchen befruchtet. Dieser Befruch-
tungsvorgang löst die Entwicklung aus und innerhalb von zwei Stunden beginnen
die Zellteilungen in rascher Folge, die den kugeligen Embryo in immer kleinere Par-
zellen zerlegen. Nach circa zehn Stunden erreicht der Keim das Stadium der Gast-
rula, die gekennzeichnet ist durch eine sichelförmige Einsenkung von Zellen, den
Urmund, der später zum Anus wird. Nur drei Tage nach der Befruchtung hat sich
schließlich eine Kaulquappe entwickelt, die alle Kennzeichen des Wirbeltierbauplans
aufweist, in der ein Herz schlägt, die umher schwimmt und die sich selbst ernähren
kann. Dieses Entwicklungsprogramm spielt sich tausendfach reproduziert und syn-
chron in allen erfolgreich befruchteten Eizellen ab, Jahr für Jahr und seit Uhrzeiten.
Wer einmal diesen eindrucksvollen Vorgang der Natur beobachtet hat, kann sich
nicht der Frage entziehen, welche Kräfte hier wirken.


Abbildung 1: Entwicklung beim Krallenfrosch (Xenopus laevis)
(A) Blastula (ca. 5 Std. nach Befruchtung). (B) Kaulquappe (ca. 3 Tage nach Befruchtung). (C) Adulte
Tiere benötigen mehr als 1 Jahr zur Geschlechtsreife (Wolpert, 2002).
 
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