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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 26. Januar 2008
DOI Artikel:
Bühler, Wolfgang: Sind globale Märkte regulierbar?
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0059
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SITZUNGEN

WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Die Herren Bernd Engler und Axel Michaels halten ihre Antrittsreden.
HERR WOLFGANG BÜHLER UND HERR ROLF STÜRNER HALTEN EINEN VORTRAG:
„Sind globale Märkte regulierbar?“.
WOLFGANG BÜHLER:
„Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für die Produkte jagt die
Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muss sie sich einnisten, überall anbau-
en, überall Verbindungen herstellen. Das Kapital hat durch die Exploitation des
Weltmarktes die Produktion und die Konsumption aller Länder kosmopolitisch
gestaltet...“ Dieses Zitat ist dem Manifest der Kommunistischen Partei von 1848
entnommen. Ersetzt man in ihm einige Worte mit klassenkämpferischem Bezug
durch solche, die unserem heutigen Sprachgebrauch mehr entsprechen, dann
beschreibt es auch die derzeitige Beurteilung der Globalisierung durch eine breite
Öffentlichkeit.
Der Finanzsektor besitzt eine zentrale Bedeutung für die Realwirtschaft. Hier-
in ist die Ursache zu sehen, weshalb Kreditinstitute einer besonderen Aufsicht unter-
liegen und im Krisenfall auch gestützt werden. Vertrauenskrisen, die den gesamten
Finanzsektor betreffen, können nur unter Mitwirkung eines oder mehrerer Staaten
bewältigt werden. Die aktuelle Finanzkrise zeigt deutlich, wie weltweit Staaten ihre
eigene Bonität zur Stützung des Finanzsystems einsetzen. Bei Währungskrisen wer-
den regelmäßig der Internationale Währungsfonds (IMF) und nationale Notenban-
ken tätig. Zur Vermeidung von Krisen bei einzelnen Kreditinstituten werden diese
durch nationale Aufsichtsbehörden und Notenbanken mit dem Ziel beaufsichtigt,
die Funktionsfähigkeit des nationalen Finanzsystems zu sichern. In Deutschland lei-
stet diese Aufsicht die Bundesbank in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFIN).
Innerhalb dieses weltweit gespannten Regulierungs-, Aufsichts- und Unter-
stützungssystems gibt es aber auch Lücken. Diese betreffen beispielsweise Hedge
Fonds, Private-Equity-Gesellschaften und die im Mittelpunkt der Subprime-Krise
stehenden Special Purpose und Special Investment Vehicles (SPV, SIV). Insbesonde-
re die Hedge Fonds werden von politischer Seite als systemdestabilisierend beurteilt
und waren Gegenstand der G-8-Beratungen im Juni 2007.
Am Beispiel der Hedge Fonds lassen sich die Grundprobleme, ob eine Regu-
lierung globaler Märkte erforderlich ist und, wenn ja, wie diese erfolgen sollte, gut
veranschaulichen. Hierzu sind zunächst die Besonderheiten der Anlagestrategien von
Hedge Fonds zu verdeutlichen. Diese Fonds unterscheiden sich von den beaufsich-
tigten „normalen“ Publikumsfonds durch die Möglichkeit von Leerverkäufen. Der
einfachste Leerverkauf ist eine Kreditaufnahme und die Verwendung dieser Mittel
zum risikoerhöhenden Erwerb weiterer Finanztitel. In analoger Weise lassen sich
auch Wertpapiere verkaufen, die sich nicht im Bestand des Fonds befinden. Dann
muss gleichzeitig eine Rückkaufverpflichtung zu einem festen Preis für einen
 
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