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NACHRUFE
es Herrn Seebaß um die Bekenntnisbildung im deutschen Protestantismus des 16.
Jahrhunderts und um die Interpretation einschlägiger Texte. Die ihm übertragene
Neuherausgabe der „Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche“
musste er nach seiner Erkrankung in andere Hände legen. Der kirchlichen Zeitge-
schichte wandte er sich mit Studien über das Barmer Bekenntnis und die Stuttgar-
ter Schulderklärung zu. Seine kirchenrechtlichen Kenntnisse fanden ihren Nieder-
schlag in Überlegungen zur Stellung der theologischen Fakultäten an der Universität
und im staatlichen und kirchlichen Recht.
Die große Wertschätzung, die Herr Seebaß in der wissenschaftlichen Welt
genoss, spiegelte sich in einer Festschrift anlässlich seines 65. Geburtstags (mit Biblio-
graphie) — ein Auswahlband mit Aufsätzen war schon fünf Jahre früher erschienen.
Für die Abhandlungen der Philosophisch-historischen Klasse unserer Akademie hat
Herr Seebaß 1985 und 1988 Untersuchungen vorgelegt: „Die Himmelsleiter des
hl. Bonaventura von Lukas Cranach d.Ä. Zur Reformation eines Holzschnitts“ und
„Artikelbrief, Bundesordnung und Verfassungsentwurf. Studien zu drei zentralen
Dokumenten des südwestdeutschen Bauernkrieges“.
Kurz vor Ausbruch der todbringenden Krankheit konnte Gottfried Seebaß für
die Reihe „Theologische Wissenschaft“ den Band „Geschichte des Christentums
III: Spätmittelalter — Reformation — Konfessionalisierung“ abschließen, das Ergebnis
seiner Vorlesungen und Seminare zur Reformationsgeschichte, ein Werk, das mit sei-
ner souveränen Kenntnis des Materials, der Konzentration auf das Wesentliche bei
großer Weite des Horizonts und in der sinnhaftenVerknüpfung von Ereignissen und
Vorgängen den Charakter eines Lehrbuchs weit hinter sich lässt. Der erste Satz des
Vorworts, das vom November 2005 datiert ist, zog eine gewisse Bilanz des Wirkens
in der gelehrten Welt: „Dies Buch hätte längst erscheinen sollen und können, wenn
ich mich nicht immer wieder gedrängt gesehen und gefühlt hätte, mich über die
Pflichten hinaus an der Selbstverwaltung der Wissenschaft in Universität und Akade-
mie sowie in der Organisation und Durchführung von Forschungsvorhaben und
deren Kontrolle und Evaluierung intensiv zu beteiligen.“ Dass dies zur Lebensbilanz
wurde, musste sein Verfasser wenige Wochen später erfahren — die Krankheit, gegen
die er länger als zweieinhalb Jahre unter Einsatz seines ganzen Willens und aller Kräf-
te kämpfte, ließ für Weiteres keine Zeit. So ist die wissenschaftliche Lebensernte viel-
leicht etwas geringer ausgefallen als er selbst und seine Freunde es sich gewünscht
hätten. An seiner reichen Begabung, seinen hohen intellektuellen Fähigkeiten, sei-
nem immensen Wissen und seiner steten Gesprächsbereitschaft haben viele partizi-
pieren können. Freunde und Kollegen werden Gottfried Seebaß zeit ihres Lebens
vermissen und sich stets mit Dankbarkeit seiner erinnern.
EIKE WOLGAST
NACHRUFE
es Herrn Seebaß um die Bekenntnisbildung im deutschen Protestantismus des 16.
Jahrhunderts und um die Interpretation einschlägiger Texte. Die ihm übertragene
Neuherausgabe der „Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche“
musste er nach seiner Erkrankung in andere Hände legen. Der kirchlichen Zeitge-
schichte wandte er sich mit Studien über das Barmer Bekenntnis und die Stuttgar-
ter Schulderklärung zu. Seine kirchenrechtlichen Kenntnisse fanden ihren Nieder-
schlag in Überlegungen zur Stellung der theologischen Fakultäten an der Universität
und im staatlichen und kirchlichen Recht.
Die große Wertschätzung, die Herr Seebaß in der wissenschaftlichen Welt
genoss, spiegelte sich in einer Festschrift anlässlich seines 65. Geburtstags (mit Biblio-
graphie) — ein Auswahlband mit Aufsätzen war schon fünf Jahre früher erschienen.
Für die Abhandlungen der Philosophisch-historischen Klasse unserer Akademie hat
Herr Seebaß 1985 und 1988 Untersuchungen vorgelegt: „Die Himmelsleiter des
hl. Bonaventura von Lukas Cranach d.Ä. Zur Reformation eines Holzschnitts“ und
„Artikelbrief, Bundesordnung und Verfassungsentwurf. Studien zu drei zentralen
Dokumenten des südwestdeutschen Bauernkrieges“.
Kurz vor Ausbruch der todbringenden Krankheit konnte Gottfried Seebaß für
die Reihe „Theologische Wissenschaft“ den Band „Geschichte des Christentums
III: Spätmittelalter — Reformation — Konfessionalisierung“ abschließen, das Ergebnis
seiner Vorlesungen und Seminare zur Reformationsgeschichte, ein Werk, das mit sei-
ner souveränen Kenntnis des Materials, der Konzentration auf das Wesentliche bei
großer Weite des Horizonts und in der sinnhaftenVerknüpfung von Ereignissen und
Vorgängen den Charakter eines Lehrbuchs weit hinter sich lässt. Der erste Satz des
Vorworts, das vom November 2005 datiert ist, zog eine gewisse Bilanz des Wirkens
in der gelehrten Welt: „Dies Buch hätte längst erscheinen sollen und können, wenn
ich mich nicht immer wieder gedrängt gesehen und gefühlt hätte, mich über die
Pflichten hinaus an der Selbstverwaltung der Wissenschaft in Universität und Akade-
mie sowie in der Organisation und Durchführung von Forschungsvorhaben und
deren Kontrolle und Evaluierung intensiv zu beteiligen.“ Dass dies zur Lebensbilanz
wurde, musste sein Verfasser wenige Wochen später erfahren — die Krankheit, gegen
die er länger als zweieinhalb Jahre unter Einsatz seines ganzen Willens und aller Kräf-
te kämpfte, ließ für Weiteres keine Zeit. So ist die wissenschaftliche Lebensernte viel-
leicht etwas geringer ausgefallen als er selbst und seine Freunde es sich gewünscht
hätten. An seiner reichen Begabung, seinen hohen intellektuellen Fähigkeiten, sei-
nem immensen Wissen und seiner steten Gesprächsbereitschaft haben viele partizi-
pieren können. Freunde und Kollegen werden Gottfried Seebaß zeit ihres Lebens
vermissen und sich stets mit Dankbarkeit seiner erinnern.
EIKE WOLGAST