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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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3. Forschungsschwerpunkt "Der menschliche Lebenszyklus - Biologische, gesellschaftliche, kulturelle Aspekte"
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0288
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Das WIN-Kolleg

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entsprechend eine deutliche Zunahme der Verknüpfung von sensorischen, sensomo-
torischen und kognitiven Prozessen mit ansteigendem Alter, wobei über den Einfluss
begleitender Demenzerkrankungen bislang wenig bekannt ist. Darüber hinaus
können derartige Defizite zu zunehmender Verunsicherung der Betroffenen in ihren
sozialen Interaktionen führen, was häufig mit einem sozialen Rückzug und dadurch
wiederum mit einem drastisch verminderten Gebrauch und schließlich mit einem
weiteren Funktionsabbau der sensorischen und kognitiven Fähigkeiten („brain
disuse“) einhergeht.
Mild Cognitive Impairment (MCI) und Alzheimer Demenz (AD)
Am häufigsten im höheren Lebensalter ist die Alzheimer Demenz (AD), welche
insbesondere durch Neuronen- und Synapsenverlust, sowie durch extrazelluläre
Plaques aus Amyloid-ß und intrazelluläre neurofibrilläre Tangles aus Tau-Protein
charakterisiert ist. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es durch die progre-
diente Neurodegeneration zu einer Gehirnatrophie. Von diesen neuropathologi-
schen Veränderungen sind hauptsächlich Hippokampus und Entorhinalkortex
betroffen, im späteren Verlauf der Erkrankung aber auch frontale, parietale und
temporale Assoziationskortizes. Klinisch ist die AD durch eine sich langsam ent-
wickelnde globale Demenz mit schleichendem Beginn und zunehmenden
Gedächtnisproblemen sowie zusätzlichen Defiziten in anderen kognitiven Berei-
chen gekennzeichnet. Die tatsächliche Diagnose wird jedoch meist erst mit einer
deutlichen Latenz gestellt. Die Relevanz eines (sub)klinischen Vorstadiums - kon-
zeptionalisiert als leichte kognitive Beeinträchtigung (engl. mild cognitive impair-
ment, MCI) - wurde daher in den letzten Jahren zunehmend erkannt. Ent-
sprechend nehmen Biomarker in der Frühdiagnostik zunehmend einen höheren
Stellenwert ein: Je früher der Beginn der Erkrankung erkannt wird, desto früher
können geeignete Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Biomarker in der Demenzdiagnostik
Beta-Amyloid (Aß), ein Hauptbestandteil der senilen Plaques der AD, entsteht pro-
teolytisch aus dem Amyloid-Vorläuferprotein (APP). APP selbst und auch dessen
Fragmente, insbesondere die verschiedenen Aß-Isoformen und sAPP, scheinen bei
neuroplastischen Prozessen, die Lernen und Verhalten im Tiermodell begleiten, eine
wichtige Rolle zu spielen. Der Zusammenhang zwischen Aß und der Entwicklung
von AD und Lernprozessen im Allgemeinen ist besonders hinsichtlich Kausalität und
zeitlichem Verlauf aktueller Gegenstand der Forschung. Aus diesem Grund ist Aß
neben Tau ein zentrales molekulares Ziel für Diagnostik und Behandlung der AD,
und Verbindungen, die seine Bildung und Anreicherung verhindern oder verringern,
sind von therapeutischem Interesse. Aktuelle Studien zeigen, dass Aß im Liquor sogar
ein dynamischer Biomarker für neuronale Aktivität ist (Brody et al., 2008). Immun-
ologische Strategien zur Behandlung von AD können prinzipiell durch Stimulierung
des Immunsystems zur Erkennung und Abwehr von Aß oder Bereitstellung von pas-
siv gebildeten Antikörpern entwickelt werden. Erste immunologische Ansätze zur
 
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