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Arno
Scutum canonicorum: Edition, Übersetzung, Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 11: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72133#0049
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2. Scutum canonicorum

abgelegt hatte, ungültig gemacht wurde, kritisiert Arno heftig und führt anschlie-
ßend zahlreiche Autoritätenzitate an, die sich gegen die Möglichkeit des Übertritts
vom ordo canonicus zum ordo monasticus aussprechen.220 Als erstes führt er ein
Papst Urban II. zugeschriebenes Dekret an, das auch Eingang in Gratians Kano-
nessammlung gefunden hat: „Wir befehlen und verbieten durch unseren Befehl allge-
mein, dass ein Regularkanoniker, wenn er nicht - was fern sei! - öffentlich gesündigt
hat, die Mönchsprofess ablegt. Wenn aber einer es anmaßend wagt, unserem Dekret
zuwiderzuhandeln, befehlen wir, dass er in den Kanonikerstand zurückkehrt, und
hierauf als Erinnerungszeichen seiner Anmaßung die Mönchskutte trägt und als
Letzter im Chor bleibt."221 Nach Meinung von Horst Fuhrmann wird dieses Über-
trittsverbot, das den Kanoniker klar als regulariter spezifiziert, fälschlicherweise
Urban II. zugeschrieben.222 Dieser Mandamus-Passus findet sich das erste Mal in der
Kanonessammlung Polycarpus, die der römische Kardinalpriester Gregor von S. Cri-
sogono in Trastevere ff 1113) verfasst hat.223 Die Entstehung dieser Sammlung wird
um die Jahre 1111 und 1113 datiert.224 Fuhrmanns Argumente gegen die Zuschrei-
bung dieser Passage an Urban II. können auf zwei Ebenen überzeugen: Einerseits
überliefert die älteste erhaltene Handschrift nicht den Namen Urbans II.225 Die De-
mütigung des übergetretenen Kanonikers durch das Tragen der Mönchskutte und das
Verbleiben als Letzter im Chor fügt sich auch inhaltlich nicht schlüssig in die sonsti-
ge Politik Urbans II. ein.226 Umstritten ist bei dieser Passage aber lediglich die abwer-
tende Haltung gegenüber dem Mönchsstand, grundsätzlich setzte sich Urban II. für
citate in inmensum gloriantur, studentes, ut de ordine canonico ad monasticum vel unum faciant
proselitum... Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 194. In Version B ist der Beginn
dieser Stelle (Hec ... thematem, tamquam ...) stark verkürzt: Et hoc de quotidiano fratrum cursu,
tamquam ... Migne PL 188, Sp. 1109.
220 Zum Übertrittsproblem aus kanonistischer Sicht siehe ausführlich Melville, Abgrenzung, S. 205-
243.
221 Mandamus et mandantes universaliter interdicimus, ne quisquam canonicus regulariter profes-
sus, nisi, quod absit!, puplice lapsus fuerit, monachus efficiatur. Quod si decreto nostro contrarie
presumens facere temptaverit, ad ordinem canonicum precipimus, ut redeat et deinceps memoria-
le presumptionis suf cucullam deferat et ultimus in choro maneat. Arno von Reichersberg, Scutum
canonicorum, S. 196; Horst, Die Kanonessammlung Polycarp, IV, 32, 83, S. 157, S. 241; Decretum
Gratiani, ed. Friedberg, pars II, C. 19, q. 3, c. 2, Sp. 840.
222 Vgl. Fuhrmann, Papst Urban II., S. 17-19.
223 Vgl. Fuhrmann, Papst Urban II., S. 18, Anm. 44; Dusil, Wissensordnungen, S. 313-314; Bosl,
Regularkanoniker, S. 69.
224 Eine kritische elektronische Edition der Sammlung Polycarp ist gerade in Vorbereitung: https://
www.mgh.de/storage/app/media/uploaded-files/MGH_digital_Angebote_Polycarp_Typoskript.
pdf. <zuletzt abgerufen am 06.05.2021>. Vgl. außerdem zur Frage des Ursprungs dieses Manda-
mus-Passus Landau, Officium, S. 73.
225 Die Handschrift Madrid, Biblioteca Nacional, Ms 7127 ist als älteste überlieferte Handschrift wohl
noch während des Pontifikats von Papst Paschalis II. entstanden: http://webserverl.mgh.de/daten-
banken/leges/kanonessammlung-polycarp/einleitung/ <zuletzt abgerufen am 06.05.2021>.
226 Vgl. Fuhrmann, Papst Urban II., S. 19-20; Kuttner, Manuscripts, S. 11.
 
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