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Arno
Scutum canonicorum: Edition, Übersetzung, Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 11: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72133#0051
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2. Scutum canonicorum

Regeländerung der Berchtesgadener Kanoniker, die Erzbischof Konrad von Salzburg
verhindern sollte.232 Innozenz II. stellt die Gleichwertigkeit der regularkanonikalen
und monastischen Lebensweise heraus und gesteht einen Übertritt vom Kanoniker-
stand zum ordo monasticus nur im absoluten Ausnahmefall mit der ausdrücklichen
Erlaubnis des Propstes zu.
Abschließend zitiert Arno in der Übertrittsfrage noch einen Passus, den er dem
Konzil von Autun zuweist und der ebenfalls Eingang ins Decretum Gratiani gefun-
den hat: „Dass kein Abt oder Mönch es wagen soll, Regularkanoniker von ihrer Pro-
fess als Kanoniker abzubringen, zum Anlegen des Mönchshabits zu bewegen und sie
aufzunehmen, damit sie Mönche werden, solange diese eine Kirche ihres Standes
finden können, in der sie als Regularkanoniker leben, Gott dienen und ihre Seelen
retten können. Wenn aber einer mit unbedachter Dreistigkeit dies zu tun versucht,
wird er von der Fessel des Bannspruchs gebunden werden."233 Das Konzil von Autun
soll angeblich im Jahr 1077 unter Papst Gregor VII. abgehalten worden sein. Da der
hier zitierte Konzilsbeschluss wohl erstmals um 1100 in kanonistischen Sammlungen
nachweisbar ist, zweifelte Peter Landau an der Authentizität dieses Konzils und ver-
mutete, dass der hier vorliegende Rechtsatz auf der Abwandelung eines ähnlichen
Kanons des Konzils von Autun aus dem Jahre 670 beruhe, dessen Kanones in der
Collectio Herovallina verbreitet und um 1100 in Poitiers abgeschrieben wurden.234
Mit dem Verweis auf diese zitierten Autoritäten beschließt Arno die Passage zum
Übertrittsverbot, indem er die Verbindlichkeit der Profess und der stabilitas loci be-
tont.235 Um seine Position zu bekräftigen, führt Arno in dieser Frage noch den Stand-
punkt zeitgenössischer, hochrangiger Vertreter an: Vor allem der Zisterzienserabt
Bernhard von Clairvaux habe ebenfalls diejenigen missbilligt, die vom Kanoniker-
stand zu seinem Stand fliehen würden.236 Außerdem hebt Arno das Beispiel Norberts

gationis permissione discedere. Brief von Innozenz II. an Konrad von Salzburg: Gerhoch von
Reichersberg, Commentarius in Psalmum LXIV, ed. Sackur, MGH Ldl 3, S. 456-457.
232 Vgl. Weinfurter, Gründung, S. 252; Mois, Rottenbuch, S. 92; Classen, Gerhoch, S. 339 Nr. 25.
233 Ut nullus abbas vel monachus canonicos regulares a proposito professionis canonice revocare
et ad monasticum habitum trahendo suscipere, ut monachi fiant, presumat, quamdiu ordinis sui
ecclesiam invenire quiverint, in qua regulariter et canonice vivendo Deo servire et animam suam
salvare possint. Quod si temerario ausu id iagere attemptaverit, anathematis vinculo obligetur.
Anselm von Lucca, Collectio canonum (nach Vat. lat. 4983), ed. Landau, lib. V, 95, 3, S. 34; De-
cretum Gratiani, ed. Friedberg, pars II, C. 19, q. 3, c. 1, Sp. 840. Vgl. auch Melville, Abgrenzung,
S. 206.
234 Über die Collectio canonum Anselms von Lucca fand dieser Rechtssatz dann schließlich Eingang
in das Decretum Gratiani. Vgl. hierzu Landau, Officium, S. 76-83; Dannenberg, Das Recht der
Religiösen, S. 292.
235 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 200-202.
236 Nam et abbas Clarevallis Bernhardus de nostro ad suum ordinem transfugas inprobat ... Arno
von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 208. Mit dem Problem des Transitus hat sich Bernhard
von Clairvaux in mehreren Schriften beschäftigt: Hier sind vor allem die Apologia ad Guillelmum
 
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