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Arno
Scutum canonicorum: Edition, Übersetzung, Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 11: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72133#0053
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52

2. Scutum canonicorum

weise aus intentio und ministerium verbi. Dennoch betont er mehrfach, dass beide
Eigenschaften gleichwertig und nicht eine würdevoller als die andere sei.242
Anhand der Maria-Martha-Perikope (Lk 10, 38-42) versucht Arno der Frage
nach der Wertigkeit von intentio und actio weiter auf den Grund zu gehen.243 Maria
steht im Scutum stellvertretend für die vita contemplativa und Martha für die vita
activa. Allerdings betont Arno, dass ein „großer Unterschied zwischen dem Dienst
Marthas und dem Dienst Christi" besteht. Denn Christus kräftige mit dem Wort des
Lebens die Seele, während Martha mit irdischem Brot das zum Sterben verdammte
Fleisch nähre.244 Anschließend versucht Arno die Frage zu klären, ob die Ruhe der
Maria oder der Dienst des predigenden Christus höherwertiger sei.245 Der dem Wort
dienende Christus (Christus ministrans verbo) befasse sich aber allein mit dem Rich-
tigen beziehungsweise mit dem Nötigen und vereinige damit beide Lebensformen
auf vollkommene Weise.246 Die vita activa, verkörpert durch den Dienst am Wort,
schätzt Arno zumindest als gleichwertig ein, wobei diese aber in der Person Christi
kumuliere. Diesen Ansatz Arnos denkt Anselm von Havelberg in seiner ebenfalls
um das Jahr 1146 entstandenen Epistola apologetica weiter und kommt anhand der
Maria-Martha-Perikope zum Schluss, dass Jesus als Lehrender den besten Teil ge-
wählt habe.247
Anschließend stellt Arno dem Dienst am Wort (ministerium verbi), das in Petrus
symbolhaft dargestellt wird, die Aufmerksamkeit und das Sehen (intentio et visio)
gegenüber, Eigenschaften, die von der Abfolge her zuerst erfolgt sind und in Johan-
nes verkörpert werden.248 Der Dienst des Wortes, auch wenn dieser später als das

242 Currunt et in quolibet viro perfecto simul intentio et actio, una pulcrior et amabilior, altera paci-
entior ac fecundior, una videndo vacans verbo, altera devota ministerio; currunt simul neque enim,
quia intentio precurrit ministerium verbi, ideo dignior indicanda est... und ... Neque vero sicut
pars maior Marie parti Marthe a Domino prelata est, ita etiam de intentione et ministerio verbi esti-
mandum est, ut dignior ministerio intentio sit. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 216.

243 Zur Auslegung der Maria-Martha-Perikope im monastischen Bereich vgl. ausführlich Sonntag,
Klosterleben, S. 262-268.

244 Hinc vero plurimum interest inter Marthe et Christi ministerium, Christi videlicet verbo vite an-
imam victuram in ^ternum recreantis et Marthe carnem morituram pane terreno sustentantis.
Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 218.

245 Sic vero et Marie audientis quies Christi predicantis officio dignor habenda videretur. Arno von
Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 216.

246 Nam Martha ministrans sollicita est et turbatur erga plurima, Christus ministrans verbo in uno et
circa unum, quod solum est necessarium, versatur. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum,
S. 218.

247 Jesum docentem optimam partem elegisse. Anselm von Havelberg, Epistola apologetica, Migne
PL 188, Sp. 1131; Bomm, Anselm, S. 143. Vgl. grundlegend Constable, Interpretation, S. 49 und
S. 69-70. Eine kritische Neuausgabe der Epistola apologetica mit Übersetzung und Kommentier-
ung wird derzeit von Jonas Narchi M.A. im Rahmen des Akademieprojektes „Klöster im Hoch-
mittelalter" erarbeitet.

248 Adque, ut minus dubites, intentionem et visionem, quem ordine prior est, in Johanne subsequens
vero ministerium verbi in Petro significari... Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 218.
 
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