34 | 1. Flandern und die vita religiosa
contröle effectif, ils ne peuvent former qu’une societe volontaire, deliberer et statuer
dans des termes assez generaux, mais ils sont prives de tout pouvoir executif, sauf
de celui qui leur serait delegue par leur superieur ordinaire.«75 Ein zentrales Pro-
blem lag somit darin, dass dem Generalkapitel der Benediktiner der Kirchenprovinz
Reims im Gegensatz zu den Zisterziensern wichtige institutionelle Instanzen fehl-
ten, wie beispielsweise eine verbindliche Statutengebung, Visitationen und Sanktio-
nen von Devianz.76 Ohne diese Instanzen waren die Beschlüsse der Generalkapitel
nicht nur vom Willen und der Bereitschaft der Äbte abhängig, sondern in hohem
Maße auch von den jeweiligen Gemeinschaften und ihrem Umfeld.77
Vanderputten glaubt allerdings, ein Fortleben dieser neuen Lebensweise in
Flandern erkennen zu können: Alvisus von Anchin, der bereits vor 1131 zu den
führenden Äbten dieses Unternehmens gehört hatte, wurde in diesem Jahr zum
Bischof von Arras ernannt und im Amt des Abtes von seinem Schüler Gossuin
beerbt.78 Als Bischof von Arras, so Vanderputten, habe Alvisus die »Reform«
der Klöster in seiner Diözese auf informeller Ebene fortgeführt.79 Neben einer ge-
zielten Personalpolitik, die darauf abzielte, Mönche aus Anchin zu Äbten anderer
Gemeinschaften zu machen, sieht er an den Beispielen von Marchiennes und Saint -
Vaast in Arras den Ausdruck einer aggressiven »Reformpolitik«, die aber ebenfalls
scheiterte.80 Die Abtei von Anchin sei somit ab den 1130er Jahren das Zentrum einer
zweiten großen »Reformbewegung« gewesen, die aber nur noch entfernt mit Cluny
in Verbindung zu bringen ist.81
75 U. Berliere, Les chapitres generaux, S. 259; ebenso S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 59.
76 Zu diesen Aspekten vgl. die Arbeiten Melvilles (siehe unten S. 56-60).
77 Dazu grundlegend J. Wollasch, Neue Methoden; S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry, S. 302 sieht in
den Vorwürfen des Matthäus von Albano, der von den Veränderungen nur durch Hörensagen erfuhr,
»une version deformee«, die auf den Aussagen unzufriedener Mönche basierte. S. Vanderputten, A Time
of Great Confusion, zeigt, zu welchen Kompromissen die Abte bereit sein mussten, ebd., S. 49: »A signi-
ficant factor in convincing the reformers of the necessity of compromise was the fact that their objectives
repeatedly clashed with the political interests of various ecclesiastical and secular leaders, determining the
practical Implementation of the spirit of reform.«
78 Zu Alvisus vgl. H. Sproemberg, Alvisus, S. 98-147; J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 85-89; zu
Gossuin ebd., S. 89-95.
79 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S.73.
80 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 63-73.
81 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 48.
contröle effectif, ils ne peuvent former qu’une societe volontaire, deliberer et statuer
dans des termes assez generaux, mais ils sont prives de tout pouvoir executif, sauf
de celui qui leur serait delegue par leur superieur ordinaire.«75 Ein zentrales Pro-
blem lag somit darin, dass dem Generalkapitel der Benediktiner der Kirchenprovinz
Reims im Gegensatz zu den Zisterziensern wichtige institutionelle Instanzen fehl-
ten, wie beispielsweise eine verbindliche Statutengebung, Visitationen und Sanktio-
nen von Devianz.76 Ohne diese Instanzen waren die Beschlüsse der Generalkapitel
nicht nur vom Willen und der Bereitschaft der Äbte abhängig, sondern in hohem
Maße auch von den jeweiligen Gemeinschaften und ihrem Umfeld.77
Vanderputten glaubt allerdings, ein Fortleben dieser neuen Lebensweise in
Flandern erkennen zu können: Alvisus von Anchin, der bereits vor 1131 zu den
führenden Äbten dieses Unternehmens gehört hatte, wurde in diesem Jahr zum
Bischof von Arras ernannt und im Amt des Abtes von seinem Schüler Gossuin
beerbt.78 Als Bischof von Arras, so Vanderputten, habe Alvisus die »Reform«
der Klöster in seiner Diözese auf informeller Ebene fortgeführt.79 Neben einer ge-
zielten Personalpolitik, die darauf abzielte, Mönche aus Anchin zu Äbten anderer
Gemeinschaften zu machen, sieht er an den Beispielen von Marchiennes und Saint -
Vaast in Arras den Ausdruck einer aggressiven »Reformpolitik«, die aber ebenfalls
scheiterte.80 Die Abtei von Anchin sei somit ab den 1130er Jahren das Zentrum einer
zweiten großen »Reformbewegung« gewesen, die aber nur noch entfernt mit Cluny
in Verbindung zu bringen ist.81
75 U. Berliere, Les chapitres generaux, S. 259; ebenso S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 59.
76 Zu diesen Aspekten vgl. die Arbeiten Melvilles (siehe unten S. 56-60).
77 Dazu grundlegend J. Wollasch, Neue Methoden; S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry, S. 302 sieht in
den Vorwürfen des Matthäus von Albano, der von den Veränderungen nur durch Hörensagen erfuhr,
»une version deformee«, die auf den Aussagen unzufriedener Mönche basierte. S. Vanderputten, A Time
of Great Confusion, zeigt, zu welchen Kompromissen die Abte bereit sein mussten, ebd., S. 49: »A signi-
ficant factor in convincing the reformers of the necessity of compromise was the fact that their objectives
repeatedly clashed with the political interests of various ecclesiastical and secular leaders, determining the
practical Implementation of the spirit of reform.«
78 Zu Alvisus vgl. H. Sproemberg, Alvisus, S. 98-147; J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 85-89; zu
Gossuin ebd., S. 89-95.
79 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S.73.
80 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 63-73.
81 S. Vanderputten, A Time of Great Confusion, S. 48.