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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0043
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2. Analyse des Forschungsstands | 39

tung nun durch den Münsteraner Memorialforscher stark relativiert. Wollasch
zeigte, dass die Auswertung von Nekrologien nach Abtsnamen nicht genüge, um
»Reformen« fassen zu können. Die Beschäftigung mit dieser Quellengattung eröff-
nete stattdessen ganz andere Perspektiven. So können Totenbücher herangezogen
werden, um die Beziehungen der Gemeinschaften mit der Umwelt, den Adligen,
Bischöfen, Königen und Kaisern zu ermitteln. Sie lassen den jeweiligen Standpunkt
einer Klostergemeinschaft in der Gesellschaft erkennen.102
Wollasch konnte außerdem zeigen, dass die für das Verständnis von »Refor-
men« so wichtigen Verbindungen zwischen religiösen Gemeinschaften weniger
durch die in den Nekrologien verzeichneten Namen auswärtiger Äbte zu fassen
sind als vielmehr durch die Gebetsverbrüderung und das gegenseitige Totengeden-
ken.103 Die engste Klammer, mit der Gemeinschaften verbunden werden konnten,
war jedoch die gemeinsame Profess. Indem die Mönche einer Gemeinschaft die
Profess in die Hände eines anderen Abtes ablegten, entstand aus rechtlicher Sicht
ein Klosterverband, der als Vorstufe zur Ordensbildung angesehen werden darf.
Die einzige so definierte und bekannte »Reformbewegung« in Form eines Kloster-
verbandes war allerdings Cluny.104
Für Wollasch und seine Schüler boten die erhaltenen Totenbücher aus den
Prioraten von Cluny wichtige Einblicke in die Funktionsweise eines solchen Ver-
bandes und beleuchteten zum Teil die Motive, die Gemeinschaften zu einem Bei-
tritt bewogen.105 So wurde mit der Arbeit Dietrich Poecks der Versuch unternom-
men, den cluniazensischen Klosterverband mit seinen abhängigen Prioraten und
den assoziierten Abteien zu rekonstruieren und die Ausdehnung der sogenannten
»cluniazensischen Reform« zu fassen.106 Wollasch widmete sich in seinen Studi-
en zudem der liturgischen Memoria und den karitativen Verpflichtungen, die mit
dem Namenseintrag in ein Nekrolog des cluniazensischen Verbandes verbunden
waren.107

102 J. Wollasch, Neue Methoden.
103 J. Wollasch, Mönchtum des Mittelalters; J. Wollasch, G. Althoff, Bleiben die Libri Memoriales stumm?;
J. Wollasch, Die Verbrüderung zwischen Cluny und St. Blasien; Ders., Zur frühesten Schicht des clunia-
zensischen Totengedächtnisses.
104 J. Wollasch, Stabilitas in congregatione; Ders., Neue Methoden; Ders., Cluny. Licht der Welt.
105 D. Geuenich, Verbrüderungsverträge als Zeugnisse; zusammenfassend mit weiterführender Literatur
auch J. Wollasch, Cluny. Licht der Welt.
106 D. Poeck, Cluniacensis ecclesia; Ders., Abbild oder Verband.
107 J. Wollasch, Totengedenken im Reformmönchtum; Ders., Les moines et la memoire des morts; Ders.,
Hugues Ier; Ders., Konventsstärke und Armenfürsorge; Ders., Les obituaires, temoins de la vie cluni-
sienne.
 
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