2. Analyse des Forschungsstands | 55
wenngleich weit weniger stark, über die wirtschaftlichen Veränderungen, die sich
in Gemeinschaften nachweisen lassen.201 Michel Parisse bemerkt hierzu: »sur ce
point, l’unanimite parait se faire, si on consulte les actes du Xe siede: la restauration
consiste en un retablissement des ressources materielles pour permettre le retour ä
une vie reguliere.«202 Die spirituelle Erneuerung einer Gemeinschaft war demnach
eng mit der Wiederherstellung ihres materiellen Besitzes verbunden und scheint
regelrecht auf letzterer zu basieren. Die wirtschaftlichen Begleiterscheinungen von
»Reformen« lassen sich dabei auf ganz unterschiedliche Weise fassen: Der Anstieg
von Schenkungen, die Zunahme des Verwaltungsschriftguts,203 die Reorganisa-
tion und Umstrukturierung des Besitzes sind hier genauso zu nennen204 wie der
Umschwung auf andere Formen der Bewirtschaftung und der Einkünfte.205 Für
die Zeit der Kirchenreform richtete sich der Blick der Historiker zudem verstärkt
auf die Restitution von verlorengegangenem Klostergut und dessen Verteidigung
gegenüber den weltlichen Herren.206 Die wirtschaftliche Situation einer religiösen
Gemeinschaft hing aber auch von einer adäquaten Verwaltung und neuen Schen-
kungen ab. Mit letzteren hat sich die Forschung inzwischen hinlänglich befasst.207
Alexis Wilkin weist jedoch darauf hin, dass der wirtschaftlich pragmatische As-
pekt der Schenkungspraktiken und die dahinter stehenden Strategien der Stifter
von den Historikern bislang weitgehend vernachlässigt wurden. So haben sich nur
wenige Arbeiten beispielsweise mit der Frage befasst, ob Schenkungen dazu dienen
konnten, Herrschaftsgebiete zu arrondieren oder etwa adligen Familien den Zugang
zu wirtschaftlich bedeutenden Gegenden zu ermöglichen.208 Die Frage nach den
pragmatischen und wirtschaftlichen Strategien lässt sich aber gleichermaßen auf die
Empfänger der Schenkungen beziehen. Welche übergeordneten Strategien verfolg-
ten die Mönche beispielsweise bei ihrer Restitutionspolitik und welchen Zweck
hatten etwa Tausch und Zukauf von Besitz?
201 Zu Richard von Saint-Vannes und den wirtschaftlichen Folgen seiner »Reform« vgl. E G. Hirschmann,
Klosterreform und Grundherrschaft. Zu Gorze M. Müller, Am Schnittpunkt von Stadt und Land; einen
Überblick bietet A. Wilkin, Communautes benedictines et environnement, S. 122.
202 M. Parisse, Noblesse, S. 184; M. Parisse, La Lorraine monastique, S. 24; in ähnlicher Weise auch
K. Schreiner, Dauer, Niedergang und Erneuerung.
203 Vgl. K. Schreiner, Verschriftlichung als Faktor; S. Vanderputten, Reforme, gestion de l’ecrit; Ders.,
Transformations in Charter Production.
204 Zum Zehnt sei lediglich verwiesen auf R. Viader (Hg.), La dime dans l’Europe medievale; M. Lauwers
(Hg.), La dime, l’eglise et la societe feodale und G. Constable, Monastic Tithes; zum Besitz von Kirchen
vgl. Ders., Monastic Possessions.
205 Allgemeiner zu diesen Erscheinungsformen EG. Hirschmann, Klosterreform, S. 142, 152-159, 169.
206 Siehe Anm. 183 ; Ch. de Miramon, Spiritualia et temporalia zeigt, dass in der Zeit der Kirchenreform die
temporalia in den Bereich der spiritualia gerückt wurden.
207 J. A. Bijsterfeld, Do ut des; eine ausführliche Liste neuerer Literatur zu Landschenkungen findet sich
bei Th. Kohl, Artikel »Landschenkung«.
208 A. Wilkin, Communautes benedictines et environnement, S. 129.
wenngleich weit weniger stark, über die wirtschaftlichen Veränderungen, die sich
in Gemeinschaften nachweisen lassen.201 Michel Parisse bemerkt hierzu: »sur ce
point, l’unanimite parait se faire, si on consulte les actes du Xe siede: la restauration
consiste en un retablissement des ressources materielles pour permettre le retour ä
une vie reguliere.«202 Die spirituelle Erneuerung einer Gemeinschaft war demnach
eng mit der Wiederherstellung ihres materiellen Besitzes verbunden und scheint
regelrecht auf letzterer zu basieren. Die wirtschaftlichen Begleiterscheinungen von
»Reformen« lassen sich dabei auf ganz unterschiedliche Weise fassen: Der Anstieg
von Schenkungen, die Zunahme des Verwaltungsschriftguts,203 die Reorganisa-
tion und Umstrukturierung des Besitzes sind hier genauso zu nennen204 wie der
Umschwung auf andere Formen der Bewirtschaftung und der Einkünfte.205 Für
die Zeit der Kirchenreform richtete sich der Blick der Historiker zudem verstärkt
auf die Restitution von verlorengegangenem Klostergut und dessen Verteidigung
gegenüber den weltlichen Herren.206 Die wirtschaftliche Situation einer religiösen
Gemeinschaft hing aber auch von einer adäquaten Verwaltung und neuen Schen-
kungen ab. Mit letzteren hat sich die Forschung inzwischen hinlänglich befasst.207
Alexis Wilkin weist jedoch darauf hin, dass der wirtschaftlich pragmatische As-
pekt der Schenkungspraktiken und die dahinter stehenden Strategien der Stifter
von den Historikern bislang weitgehend vernachlässigt wurden. So haben sich nur
wenige Arbeiten beispielsweise mit der Frage befasst, ob Schenkungen dazu dienen
konnten, Herrschaftsgebiete zu arrondieren oder etwa adligen Familien den Zugang
zu wirtschaftlich bedeutenden Gegenden zu ermöglichen.208 Die Frage nach den
pragmatischen und wirtschaftlichen Strategien lässt sich aber gleichermaßen auf die
Empfänger der Schenkungen beziehen. Welche übergeordneten Strategien verfolg-
ten die Mönche beispielsweise bei ihrer Restitutionspolitik und welchen Zweck
hatten etwa Tausch und Zukauf von Besitz?
201 Zu Richard von Saint-Vannes und den wirtschaftlichen Folgen seiner »Reform« vgl. E G. Hirschmann,
Klosterreform und Grundherrschaft. Zu Gorze M. Müller, Am Schnittpunkt von Stadt und Land; einen
Überblick bietet A. Wilkin, Communautes benedictines et environnement, S. 122.
202 M. Parisse, Noblesse, S. 184; M. Parisse, La Lorraine monastique, S. 24; in ähnlicher Weise auch
K. Schreiner, Dauer, Niedergang und Erneuerung.
203 Vgl. K. Schreiner, Verschriftlichung als Faktor; S. Vanderputten, Reforme, gestion de l’ecrit; Ders.,
Transformations in Charter Production.
204 Zum Zehnt sei lediglich verwiesen auf R. Viader (Hg.), La dime dans l’Europe medievale; M. Lauwers
(Hg.), La dime, l’eglise et la societe feodale und G. Constable, Monastic Tithes; zum Besitz von Kirchen
vgl. Ders., Monastic Possessions.
205 Allgemeiner zu diesen Erscheinungsformen EG. Hirschmann, Klosterreform, S. 142, 152-159, 169.
206 Siehe Anm. 183 ; Ch. de Miramon, Spiritualia et temporalia zeigt, dass in der Zeit der Kirchenreform die
temporalia in den Bereich der spiritualia gerückt wurden.
207 J. A. Bijsterfeld, Do ut des; eine ausführliche Liste neuerer Literatur zu Landschenkungen findet sich
bei Th. Kohl, Artikel »Landschenkung«.
208 A. Wilkin, Communautes benedictines et environnement, S. 129.