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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0060
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56 | 2. Analyse des Forschungsstands
Eng an diesen Themenbereich grenzt die in den letzten Jahren immer wieder ge-
stellte Frage nach dem wirtschaftlichen Denken der Mönche.209 Robert Berkhofer
versucht in seiner Studie am Beispiel einiger nordfranzösischer Klöster zu zeigen,
dass die Mönche des frühen 12. Jahrhunderts bei ihrem Umgang mit Besitz biswei-
len durchaus von Prinzipien der Wirtschaftlichkeit geleitet wurden.210 Neben den
klösterlichen Verwaltungsschriften hat sich die Forschung auch Bereichen wie bei-
spielsweise dem Ordnungsverhalten der Mönche und ihrer Organisation des Raums
und der Zeit zugewandt, um sich der Frage zu nähern, ob Mönche nach Prinzipien
der Wirtschaftlichkeit dachten und handelten.211
Das Streben der Brüder nach einer effizienten Verwaltung und Organisation
ihres Besitzes führte mittelfristig zur Überproduktion und langfristig zum Reich-
tum der Abteien. In der Forschung befassten sich die Mediävisten daher zum einen
mit der Frage, wie Mönche mit dem Produktionsüberschuss konkret umgingen,212
zum anderen mit der ethischen Frage danach, wie Mönche ihren Besitz mit dem
Armutsideal in Einklang zu bringen versuchten.213 Neben der Analyse monastischer
Diskurse konnten vor allem die Studien zur klösterlichen Armenfürsorge zeigen,
dass Besitz und Überschuss der Klöster durchaus auch dazu verwendet wurden, das
für die Mönche so wichtige Ideal der caritas in die Praxis umzusetzen.214
2.5. Institutionalisierung und Institutionalität
Die jüngere deutsche Forschung zum mittelalterlichen Religiosentum ist stark von
Melville und seinen Schülern geprägt. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs
537 »Institutionalität und Geschichtlichkeit« der Technischen Universität Dresden
befasste sich ein Teilprojekt intensiv mit den institutionellen Strukturen mittelal-
terlicher Orden.215
209 Zusammenfassend A. Wilkin, Communautes benedictines et environnement, S. 143-148.
210 R. E Berkhofer, Day of Reckoning.
211 Einen Überblick liefert H. Keller, L’oral et l’ecrit; grundlegend J. Goody, La raison graphique, weiter-
geführt von L. Kuchenbuch, Ordnungsverhalten; J. P. Devroey, Puissants et miserables; M. A. Laurent,
Penser et decrire.
212 Besondere Beachtung fand die Entstehung von Märkten und Städten: G. Despy, Villes et campagnes,
A. Verhulst, The Rise of the Cities; J. P. Devroey, M. Montanari, Cittä, campagna, sistema curtense.
213 Eine genaue Analyse dieses Themenbereichs und weiterführende Literatur findet sich bei A. Wilkin,
Communautes benedictines et environnement, S. 133-143. Explizit verwiesen sei lediglich auf A. Keh-
nel, Heilige Ökonomie und K. Schreiner, Brot der Mühsal.
214 Zur Armenfürsorge vgl. J. Wollasch, Gemeinschaftsbewusstsein; Ders., Konventsstärke und Armenfür-
sorge; D. logna-Prat, Les morts dans la comptabilite; A. Wilkin, Communautes benedictines et environ-
nement, S. 148 verweist auf die vorwiegend symbolische Wirkung der caritas auf die Armen.
215 Das genannte Teilprojekt des SFB 537 geht wiederum aus einem Teilprojekt des Münsteraner SFB 231
»Täger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter« hervor. Zu Letzterem vgl. den
 
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