67
3. Fragestellung
3.1. Correctio oder »Reform«?
Der Begriff der »Reform« ist in der Forschung vielseitig belegt. Das Spektrum
reicht hierbei von der Bezeichnung für individuelle »Klosterreformen«, die wie-
derum ganz unterschiedliche Erscheinungsformen haben konnten, über die Be-
zeichnung für jene Verbindungen zwischen den Klöstern, die verfassungsgeschicht-
lich mit dem Begriff der »Reformbewegungen« umschrieben werden, bis hin zur
Bezeichnung eines allgemeinen »Reformgeistes«, der vor allem mit der sogenannten
gregorianischen Kirchenreform zum Tragen kam. In ganz ähnlicher Weise verhält
es sich mit der Bezeichnung des hochmittelalterlichen Mönchtums als »Reform-
mönchtum«: Während die einen vor allem Cluny mit diesem Begriff auszeichnen,
verwenden ihn die anderen für die im 12. Jahrhundert entstehenden Orden und
besonders für die Zisterzienser.272
Befasst man sich mit der »Reform« von Klöstern im engsten Sinne, erweist sich
die Verwendung dieses Begriffs also als durchaus problematisch, da er forschungs-
geschichtlich mit ganz unterschiedlichen Konnotationen behaftet ist. Richtet man
den Blick auf die zeitgenössischen Quellen, wird schnell ersichtlich, dass neben
den Begriffen reformatio und reformare, weitaus häufiger von correctio, emendatio,
instauratio, renovatio und in einigen Fällen auch von restauratio die Rede ist.273
Semantisch legen diese Begriffe ihren Fokus aber auf Unterschiedliches. Während
reformare und restaurare wohl am neutralsten das Zurückformen oder die Wieder-
herstellung eines verlorengegangenen Zustands meinen, verweisen corrigere und
emendare auf eine qualitative Veränderung, eine Verbesserung des bestehenden Zu-
272 Die Bezeichnung des Mönchtums des 10. Jahrhunderts als »Reformmönchtum« wurde bereits von
G. Tellenbach, Die westliche Kirche, S. 95-100 kritisiert. J. Wollasch, Reformmönchtum und Schrift-
lichkeit, S. 275; Ders., Totengedenken im Reformmönchtum hat sich aber bewusst für diese Bezeichnung
für Cluny entschieden. Ebenso B. H. Rosenwein, Reformmönchtum und der Aufstieg Clunys; E. Freise,
Corvey im hochmittelalterlichen Reformmönchtum; E. Hochholzer, Münsterschwarzach im Reform-
mönchtum des 11. Jahrhunderts. Für das »Reformmönchtum« des 12. Jahrhunderts vgl. E. Damm, Re-
formmönchtum und Slawenmission; weiter verbreitet ist allerdings die Bezeichnung »Reformorden«.
Dazu beispielsweise G. Gooß, G. Nisch, M. Krause (Hgg.), Die Zisterzienser - ein benediktinischer
Reformorden.
273 Artikel »Reform, Reformation. IE Reformatio im Mittelalter«, S. 316-318; G. Melville, Aspekte zum
Vergleich, S. 149 nennt, basierend auf einer elektronischen Abfrage von Migne, Patrologia latina, refor-
matio, correctio, instauratio, renovatio und emendatio als die häufigsten Bezeichnungen für »Reform«;
zum Gebrauch von reformatio in Cluny im 13. Jahrhundert vgl. G. Melville, Die cluniazensische »re-
formatio«, zur Begrifflichkeit besonders ebd., S. 285.
3. Fragestellung
3.1. Correctio oder »Reform«?
Der Begriff der »Reform« ist in der Forschung vielseitig belegt. Das Spektrum
reicht hierbei von der Bezeichnung für individuelle »Klosterreformen«, die wie-
derum ganz unterschiedliche Erscheinungsformen haben konnten, über die Be-
zeichnung für jene Verbindungen zwischen den Klöstern, die verfassungsgeschicht-
lich mit dem Begriff der »Reformbewegungen« umschrieben werden, bis hin zur
Bezeichnung eines allgemeinen »Reformgeistes«, der vor allem mit der sogenannten
gregorianischen Kirchenreform zum Tragen kam. In ganz ähnlicher Weise verhält
es sich mit der Bezeichnung des hochmittelalterlichen Mönchtums als »Reform-
mönchtum«: Während die einen vor allem Cluny mit diesem Begriff auszeichnen,
verwenden ihn die anderen für die im 12. Jahrhundert entstehenden Orden und
besonders für die Zisterzienser.272
Befasst man sich mit der »Reform« von Klöstern im engsten Sinne, erweist sich
die Verwendung dieses Begriffs also als durchaus problematisch, da er forschungs-
geschichtlich mit ganz unterschiedlichen Konnotationen behaftet ist. Richtet man
den Blick auf die zeitgenössischen Quellen, wird schnell ersichtlich, dass neben
den Begriffen reformatio und reformare, weitaus häufiger von correctio, emendatio,
instauratio, renovatio und in einigen Fällen auch von restauratio die Rede ist.273
Semantisch legen diese Begriffe ihren Fokus aber auf Unterschiedliches. Während
reformare und restaurare wohl am neutralsten das Zurückformen oder die Wieder-
herstellung eines verlorengegangenen Zustands meinen, verweisen corrigere und
emendare auf eine qualitative Veränderung, eine Verbesserung des bestehenden Zu-
272 Die Bezeichnung des Mönchtums des 10. Jahrhunderts als »Reformmönchtum« wurde bereits von
G. Tellenbach, Die westliche Kirche, S. 95-100 kritisiert. J. Wollasch, Reformmönchtum und Schrift-
lichkeit, S. 275; Ders., Totengedenken im Reformmönchtum hat sich aber bewusst für diese Bezeichnung
für Cluny entschieden. Ebenso B. H. Rosenwein, Reformmönchtum und der Aufstieg Clunys; E. Freise,
Corvey im hochmittelalterlichen Reformmönchtum; E. Hochholzer, Münsterschwarzach im Reform-
mönchtum des 11. Jahrhunderts. Für das »Reformmönchtum« des 12. Jahrhunderts vgl. E. Damm, Re-
formmönchtum und Slawenmission; weiter verbreitet ist allerdings die Bezeichnung »Reformorden«.
Dazu beispielsweise G. Gooß, G. Nisch, M. Krause (Hgg.), Die Zisterzienser - ein benediktinischer
Reformorden.
273 Artikel »Reform, Reformation. IE Reformatio im Mittelalter«, S. 316-318; G. Melville, Aspekte zum
Vergleich, S. 149 nennt, basierend auf einer elektronischen Abfrage von Migne, Patrologia latina, refor-
matio, correctio, instauratio, renovatio und emendatio als die häufigsten Bezeichnungen für »Reform«;
zum Gebrauch von reformatio in Cluny im 13. Jahrhundert vgl. G. Melville, Die cluniazensische »re-
formatio«, zur Begrifflichkeit besonders ebd., S. 285.