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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0081
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4. Die Grafschaft Flandern | 77

den.301 Roberts Sohn Robert II. brach aber schließlich mit der antikaiserlichen Po-
litik und wurde 1107 von Heinrich V. mit Cambrai belehnt.302
Die besondere Stellung, die die Grafen von Flandern seit der Mitte des 11. Jahr-
hunderts einnahmen, da sie fortan sowohl Vasall des französischen Königs als auch
des römischen Kaisers waren, generierte, wie Walter Mohr zeigen konnte, ein be-
sonderes Selbstbewusstsein und ein gewisses Eigenständigkeitsgefühl, das unter
Robert dem Friesen und seinen Nachfolgern besonders deutlich zu Tage trat.303
Mohr hat sich in diesem Zusammenhang intensiv mit der Bezeichnung Flanderns
als monarchia oder als regnum befasst.304 Die quasi königliche Stellung, die dem
Grafen nicht nur in erzählenden Texten zugesprochen wird, spiegelt sich am deut-
lichsten in der Formel Dei gratia comes, die seit Robert I. immer wieder in den
gräflichen Urkunden zu finden ist.305
Darüber hinaus trieb Robert die Konsolidierung seiner Herrschaft nach innen
voran, indem er nicht nur den Burgenbau als ausschließlich gräfliches Recht de-
finierte, sondern auch die seit dem 10. Jahrhundert etablierten Kastellaneien um
einige neue ergänzte und damit ein enges Netz von Verwaltungseinheiten schuf.306
301 Zur Trennung des Doppelbistums von Cambrai-Arras wurden zwei einschlägige Werke verfasst, die
ganz unterschiedliche Thesen vertreten. L. Kery, Die Errichtung des Bistums Arras versucht zu zeigen,
dass das Bistum Arras 1093/94 nicht wieder errichtet, sondern neu errichtet wurde. Die gesamte Über-
lieferung, die dem Bistum ein höheres Alter zuspricht, stammt aus dem 11. Jahrhundert und entstand
wohl im Zuge der Forderungen nach einem eigenen Bistum. B. Delmaire, Le diocese d’Arras geht da-
gegen vom hohen Alter des Bistums aus. VgL zudem L. Kery, Die Verhandlungen über die Errichtung.
Zu dieser Kontroverse zusammenfassend R. Kaiser, Le diocese d’Arras au Moyen Äge. Die Trennung
des Doppelbistums Noyon-Tournai 1146 hat eine ähnliche Zielrichtung wie die Trennung von Cambrai-
Arras: Das flandrische Bistum Tournai sollte aus dem Einflussbereich des französischen Königs genom-
men werden; siehe dazu oben S. 76.
302 A. Verhulst, Artikel »Flandern«, Sp. 516; zu Robert I. und dem Cambresis Ch. Verlinden, Robert Ier le
Frison, S. 100-101; F. L. Ganshof, La Flandre, S. 350.
303 W. Mohr, Die Entwicklung des flämischen Eigenständigkeitsgefühl; mit Blick auf Galbert von Brügge
H. Sproemberg, Das Erwachen des Staatsgefühls; J.-M. Moeglin, Land, Territorium und Dynastie; zu
Reichsflandern vgl. F. L. Ganshof, La Flandre imperiale.
304 Die Bezeichnung monarchia findet sich erstmals in der Notiz eines Mönchs aus Gent aus dem 11. Jahr-
hundert. De Arnulfo comite, S. 304: »Sed Arnulfus [...] regimini totius monarchiae, quousque minor
Arnulfus cresceret, praefecit.« Nach W. Mohr, Die Entstehung eines Eigenständigkeitsgefühls, S. 28
bezeichnet monarchia hier aber lediglich die Herrschaft einer Person über mehrere Gegenden. Simon,
Gesta abbatum spricht von »monarchia tocius Flandriae« (I, c. 22, S. 641) und von »monarchia« (II,
c. 74, S. 650); Galbert von Brügge, De multro verwendet dagegen sehr häufig den Ausdruck regnum
Flandriae-. c. 1, S. 5, 7; c. 2, S. 7; c. 7, S. 17,19; c. 8, S. 21; c. 9, S. 23; c. 13, S. 35; c. 20, S. 49; c. 31, S. 75;
c. 41, S. 91; c. 43, S. 93; c. 44, S. 94; c. 45, S. 95-96; c. 47, S. 97-98; c. 49, S. 99-100; c. 51, S. 100; c. 52,
S. 101.
305 Zu den Urkunden Roberts I. und Roberts II. vgl. F. Vercauteren, Actes des comtes de Flandre, D 1, S. 3;
D 2, S. 4; D 5, S. 13; D 6, S. 17; D 8, S. 22; D 9, S. 29; D 10, S. 33; D 12, S. 38; D 13, S. 42; D 14, S. 47;
D 17, S. 54; D 19, S. 60; D 22, S. 66; D 24, S. 71; D 26, S. 81; D 28, S. 84; D 29, S. 87; D 32, S. 97; D 34,
S. 100; D 35, S. 102; D 38, S. 105; D 39, S. 106; D 40, S. 108; D 50, S. 127.
306 A. Verhulst, Die gräfliche Burgenverfassung; zudem die älteren Studien von A. Verhulst, De grafelijke
burchten; F. Vercauteren, Etüde sur les chätelains comtaux; P. Rolland, L’origine de chätelains de Fland-
re; J. Dhondt, Note sur les chätelains de Flandre; W. Blommaert, Les chätelains de Flandre; zur Strategie
 
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