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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0103
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2. Die correctio von Saint-Bertin | 99

Seine Weihe in Therouanne und seine Investitur in Saint-Bertin erfolgten durch
Bischof Gerhard am 1. April 1095.422
Im Jahr 1101, so die Gesta, habe Lambert sich dazu entschieden, sein Kloster
einer correctio zu unterziehen, woran er bereits seit längerem gedacht habe und
worin er von Johannes, dem neuen Bischof von Therouanne, bestärkt und unter-
stützt wurde. Als ehemaliger Kanoniker des für seine Strenge weithin bekannten
Mont-Saint-Eloi war Johannes besonders empfänglich für correctiones und tat sich
selbst vor allem durch die Gründung und correctio zahlreicher Gemeinschaften
hervor.423 In der älteren Forschung hatte Simons Hinweis auf die guten Beziehun-
gen zwischen Lambert und diesem »reformwilligen« Bischof noch nicht genügt.
Einige Historiker suchten daher nach weiteren personellen Verbindungen, die vor
allem den Weg nach Cluny wiesen. Sproemberg und Etienne Sabbe sprachen daher
Anselm von Canterbury eine bedeutende Mittlerfunktion zu, die allerdings nur
indirekt fassbar ist. In den Gesta wird Anselm immer wieder erwähnt, sein Agieren
aber nie in Verbindung mit Saint-Bertin gebracht.424 Aus anderen Quellen ist aller-
dings ersichtlich, dass Anselm durchaus in Kontakt mit dem Kloster stand und sich
dort immer wieder aufhielt. Die Historia novorum Eadmers berichtet beispiels-
weise, dass Anselm 1097, kurz nachdem er England verlassen musste, nach Saint-
Bertin gekommen und dort fünf Tage lang geblieben sei, bevor er weiter nach Rom
reiste.425 Spätestens zu diesem Zeitpunkt machte Anselm die Bekanntschaft mit
Lambert von Saint-Bertin, den er in der Folgezeit sehr zu schätzen lernte. Aus dem
Traktat De moribus Lamberti erfährt man dagegen, dass Anselm immer wieder in
Saint-Bertin zu Gast gewesen sei und sich angeregt mit Lambert über Philosophie
und Theologie unterhalten habe, was darauf schließen lässt, dass sich beide bereits
vor 1097 kannten.426 Die freundschaftlichen Beziehungen beider wird schließlich
magister puerorum efficitur, quicquidque prius ex diversorum doctorum fonte hauserat lacteis rivulis
mellitisque guttulis sitibundis propinabat. His grammaticam, illis divinam paginam, quibusdam vero
insinuabat musicam.« Zu Abt Lambert vgl. auch G. Michiels, Artikel »Lambert de Saint-Bertin«; aus
dem Abbatiat Lamberts sind mehrere Mosaike aus der Klosterkirche erhalten. Vgl. dazu J. Lestocquoy,
Notes pour servir ä l’histoire de Part.
422 Simon, Gesta, II, c. 5, S. 645: »[...] Acta sunt haec anno dominicae nativitatis 1095, anno vero suae aetatis
34, prima die Aprilis.« Simon, Gesta, II, c. 5, S. 645.
423 Simon, Gesta, II, c. 62, S. 648: »Tanti itaque viri exemplo excitatus et de eius auxilio confidens ab-
bas Lambertus, quod ante iam deliberavit, de aecclesiae suae correctione cogitavit.« Zu Johannes von
Therouanne vgl. B. M. Tock, Jean de Warneton, S. 107-118; E De Simpel, Jean Ier, eveque de Therouan-
ne, S. 25-56; J. M. Duvosquel, Une fondation de l’eveque de Therouanne, S. 25-40.
424 Simon, Gesta, II, c. 60, S. 647, c. 87, S. 652.
425 Eadmer, Historia novarum, S. 89: »Nos igitur mane a Witsandis discedentes, et post dies ad Sanctum
Bertinum venientes, magna plebis alacritate ac monachorum veneratione suscepti, quinque inibi dies
morati sumus.«
426 Tractatus de moribus Lamberti, S. 919: »In quorum numero venerandae sanctitatis Anselmus Cantua-
riensis archiepiscopus, sepius cum suis aecclesiasticis negociis veniens, cum digno honore susceptus est.
 
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