156 | I. Die Abtei von Saint-Bertin
hatte und somit den ältesten Textzeugen für Simons Werk darstellt.682 Die kritische
Edition Holder-Eggers von 1881 basiert schließlich auf diesem Kenntnisstand,
beschränkt sich jedoch auf die narrativen Teile der Chronik.683 Die in den Gesta
eingegliederten Urkundenbestände sind in ihrem vollen Wortlaut bei Guerard ab-
gedruckt. Morand liefert in seinem Werk die Varianten der Handschrift Boulogne
146a und zeigt zudem, dass Tassart in seiner Abschrift eine andere Anordnung der
Urkunden gewählt hatte. Darüber hinaus bietet er den Text von drei Urkunden, die
von Tassart ausgelassen wurden.684
Neben den Urkunden, die durch die Chartularchronik Simons überliefert sind,
existierten zudem einige Originalurkunden. Da das Archiv der Abtei in den Wir-
ren der Französischen Revolution weitgehend zerstört wurde, sind diese Originale
nicht mehr erhalten.685 Dank der unermüdlichen Arbeit von Dom Charles-Joseph
De Wittes, einem Mönch aus Saint-Bertin, der zwischen 1775 und 1790 sämtliche
Urkunden kopierte, die ihm im Archiv des Klosters zur Verfügung standen, weiß
man über die Bestände aus der Zeit vor der Französischen Revolution dennoch sehr
gut Bescheid. Neben den Urkunden, die De Witte aus Chartularen kopiert hat,
finden sich so auch die Abschriften zahlreicher Originalurkunden.686
Die hier kurz umrissene Uberlieferungssituation bringt einige Probleme mit
sich: Zunächst birgt die Tatsache, dass die Bücher I, II und III der Gesta Simons nur
in einer Abschrift überliefert wurden, die Gefahr, dass schon der Kompilator des
12. Jahrhunderts größere Veränderungen im Text, in der Auswahl und Anordnung
der Urkunden vorgenommen hat.687
682 M. E Morand, Appendice, S. II.
683 O. Holder-Egger verweist bzgl. der Urkunden auf die Arbeiten Guerards und Morands (Gesta, Einlei-
tung, S. 606).
684 So z. B. zwei Urkunden von Manasses, dem Grafen von Guines: Morand, Appendice, S. 31-32 und die
Papsturkunde Eugens III. (ebd., S. 67-68). Bei B. Guerard, Cartulaire, S. 247 findet sich an der Stelle,
an der die Urkunden des Grafen von Guines stehen sollten, eine Bemerkung, die offenbar von Tassart
stammte: »Exemplaria duarum litterarum hic omitto scribere, que ipsius comitis supramemorati sigillo
sunt signata, partim propter brevitatem, partim eciam propter earumdem parvam efficatiam, presertim
non temporis, cum de villa Scales dicta non aliquid recipiamus, de qua una illarum litterarum loquitur.
Alia est de comitatu Widonis de Elenbom, sub data anni millesimi centesimi noni decimi. Nunc autem
infrascriptum erit exemplar carte Roberti junioris, Flandrie comitis, de libertate ville sancte Bertini,
Poperinghem dicte.«
685 Das Archiv der Abtei war in zwei Bereiche aufgegliedert: die Bibliothek, die für den Schulbetrieb ge-
dacht war, und den Klosterschatz, der nur den Mönchen zugänglich war und die meisten Chartulare und
Originalurkunden beherbergte. Während die Handschriften der Bibliothek weitgehend erhalten blieben,
sind die Handschriften aus dem Klosterschatz verloren. VgL dazu R. E Berkhofer, Day of Reckoning,
S. 171.
686 De Wittes Chartular befindet sich heute in der Bibliotheque de l’agglomeration de Saint-Omer, BM,
mss. 803-815. Eine Edition des Chartulars De Wittes wurde erstellt von D. d’Haignere, Les chartes de
Saint-Bertin, Bd. 1.
687 Vgl. zur Auswahl der Urkunden in Chartularen den Sammelband Les cartulaires. Actes de la table ronde
und P. Chastang, Lire, ecrire, transcrire
hatte und somit den ältesten Textzeugen für Simons Werk darstellt.682 Die kritische
Edition Holder-Eggers von 1881 basiert schließlich auf diesem Kenntnisstand,
beschränkt sich jedoch auf die narrativen Teile der Chronik.683 Die in den Gesta
eingegliederten Urkundenbestände sind in ihrem vollen Wortlaut bei Guerard ab-
gedruckt. Morand liefert in seinem Werk die Varianten der Handschrift Boulogne
146a und zeigt zudem, dass Tassart in seiner Abschrift eine andere Anordnung der
Urkunden gewählt hatte. Darüber hinaus bietet er den Text von drei Urkunden, die
von Tassart ausgelassen wurden.684
Neben den Urkunden, die durch die Chartularchronik Simons überliefert sind,
existierten zudem einige Originalurkunden. Da das Archiv der Abtei in den Wir-
ren der Französischen Revolution weitgehend zerstört wurde, sind diese Originale
nicht mehr erhalten.685 Dank der unermüdlichen Arbeit von Dom Charles-Joseph
De Wittes, einem Mönch aus Saint-Bertin, der zwischen 1775 und 1790 sämtliche
Urkunden kopierte, die ihm im Archiv des Klosters zur Verfügung standen, weiß
man über die Bestände aus der Zeit vor der Französischen Revolution dennoch sehr
gut Bescheid. Neben den Urkunden, die De Witte aus Chartularen kopiert hat,
finden sich so auch die Abschriften zahlreicher Originalurkunden.686
Die hier kurz umrissene Uberlieferungssituation bringt einige Probleme mit
sich: Zunächst birgt die Tatsache, dass die Bücher I, II und III der Gesta Simons nur
in einer Abschrift überliefert wurden, die Gefahr, dass schon der Kompilator des
12. Jahrhunderts größere Veränderungen im Text, in der Auswahl und Anordnung
der Urkunden vorgenommen hat.687
682 M. E Morand, Appendice, S. II.
683 O. Holder-Egger verweist bzgl. der Urkunden auf die Arbeiten Guerards und Morands (Gesta, Einlei-
tung, S. 606).
684 So z. B. zwei Urkunden von Manasses, dem Grafen von Guines: Morand, Appendice, S. 31-32 und die
Papsturkunde Eugens III. (ebd., S. 67-68). Bei B. Guerard, Cartulaire, S. 247 findet sich an der Stelle,
an der die Urkunden des Grafen von Guines stehen sollten, eine Bemerkung, die offenbar von Tassart
stammte: »Exemplaria duarum litterarum hic omitto scribere, que ipsius comitis supramemorati sigillo
sunt signata, partim propter brevitatem, partim eciam propter earumdem parvam efficatiam, presertim
non temporis, cum de villa Scales dicta non aliquid recipiamus, de qua una illarum litterarum loquitur.
Alia est de comitatu Widonis de Elenbom, sub data anni millesimi centesimi noni decimi. Nunc autem
infrascriptum erit exemplar carte Roberti junioris, Flandrie comitis, de libertate ville sancte Bertini,
Poperinghem dicte.«
685 Das Archiv der Abtei war in zwei Bereiche aufgegliedert: die Bibliothek, die für den Schulbetrieb ge-
dacht war, und den Klosterschatz, der nur den Mönchen zugänglich war und die meisten Chartulare und
Originalurkunden beherbergte. Während die Handschriften der Bibliothek weitgehend erhalten blieben,
sind die Handschriften aus dem Klosterschatz verloren. VgL dazu R. E Berkhofer, Day of Reckoning,
S. 171.
686 De Wittes Chartular befindet sich heute in der Bibliotheque de l’agglomeration de Saint-Omer, BM,
mss. 803-815. Eine Edition des Chartulars De Wittes wurde erstellt von D. d’Haignere, Les chartes de
Saint-Bertin, Bd. 1.
687 Vgl. zur Auswahl der Urkunden in Chartularen den Sammelband Les cartulaires. Actes de la table ronde
und P. Chastang, Lire, ecrire, transcrire