3. Die Veränderungen durch die correctio | 167
aus bewusst gewesen sein. Ihm ging es aber sicherlich nicht darum, die Herrschaft
des Kastellans zu schwächen, sondern darum, dessen Rechte und Stellung, aber auch
seine Beziehung zum Grafen wieder in Erinnerung zu rufen, was mit der Beilegung
des Konflikts de facto geschah.734 Das Aufbegehren des Kastellans war nicht zuletzt,
wie Rosenwein in vergleichbaren Fällen zeigen konnte, eine Möglichkeit innerhalb
der Gruppe der Ministerialen oder niederen Adligen, seinen Rang zu erhöhen und
Anerkennung zu finden.735 Dass der Konflikt wenige Jahre später erneut ausbrach,
lag sicherlich an der veränderten Situation: Seit 1123 war Abt Lambert nicht mehr
amtsfähig und die Gemeinschaft erhielt mit Johannes II. einen neuen Abt. Die Graf-
schaft stand zudem mit Karl dem Guten unter der Leitung eines neuen Herrn. An-
gesichts dieser Situation mag es wenig verwundern, dass Teinard erneut gegen das
Kloster aufbegehrte, in der erreichten Einigung die Autorität des Abtes und des
Grafen anerkannte aber zugleich auch von diesen als Kastellan anerkannt wurde.736
Ein drittes Beispiel handelt von der Rücknahme von Schenkungen durch den Stifter.
Aus einer Urkunde des Jahres 1111 erfährt man, dass ein gewisser Idesbald eine Ka-
pelle, die sein Vater Eggafrid errichtet hatte, in eine Kirche umwandeln wollte. Da
der Gottesdienst dort von Mönchen verrichtet wurde, schenkte er dem Kloster von
Saint-Bertin 80 Hufen Land und sieben Kühe. Die Schenkung sei sodann vor dem
Bischof und dem Kapitel von Therouanne und anschließend im Kapitel des Klosters
in Gegenwart vieler Laien und eines Kanonikers namens Hugo getätigt worden.
Jedwede Nichtbeachtung der Schenkung sollte die Exkommunikation nach sich
ziehen.737 Als nun aber Idesbald schon wenig später das gestiftete Land für sich
selbst wieder in Anspruch genommen hatte, wurde er vom Abt und den Mönchen
exkommuniziert. Der Abt habe schließlich auf Bitten Idesbalds und des Bischofs
die Leitung dieses Ortes und der dort lebenden kleinen Mönchsgemeinschaft ange-
nommen, Teile des ihm gestifteten Landes an die dortigen Brüder übertragen und
734 Vgl. S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty.
735 B. Rosenwein, To Be the Neighbour, S. 49-65.
736 Vgl. dazu S. Vanderputten, A Compromised Inheritance, S. 248.
737 B. Guerard, Cartulaire, S. 232-233: »[...] vir quidam venerabilis laicus, nomine Idesbaldus, ecclesi-
am dictam Eggafridi capellam, quam pater ejus Eggafridus fundare ceperat, instaurare instituit; ibidem
itaque, pro remedio anime sue, et patris et matris sue, et uxoris filiorumque suorum illic humatorum,
octoginta terre sue mensuras et septem vaccas Deo sancteque genitrici Marie per nos dedit in manus
venerabilis filii nostri Lamberti, abbatis sancti Bertini, in usus fratrum ibi servientium. Facta autem hac
donatione apud Taruennam, in nostra presentia et archidiaconorum nostrourm Herberti et Walteri, Wal-
terique custodis et aliorum plurium, mox viro prefato id petente, omnes quicunque donum hoc ulterius
infringerent excommunicationis peste innodavimus. Quo facto, rursus ipse, cum Hugone, canonico de
Furnis, et laicis pluribus, in capitulum sancti Bertini veniens, dedit eandem donationem, in presentia
fratrum, modo supradicto.«
aus bewusst gewesen sein. Ihm ging es aber sicherlich nicht darum, die Herrschaft
des Kastellans zu schwächen, sondern darum, dessen Rechte und Stellung, aber auch
seine Beziehung zum Grafen wieder in Erinnerung zu rufen, was mit der Beilegung
des Konflikts de facto geschah.734 Das Aufbegehren des Kastellans war nicht zuletzt,
wie Rosenwein in vergleichbaren Fällen zeigen konnte, eine Möglichkeit innerhalb
der Gruppe der Ministerialen oder niederen Adligen, seinen Rang zu erhöhen und
Anerkennung zu finden.735 Dass der Konflikt wenige Jahre später erneut ausbrach,
lag sicherlich an der veränderten Situation: Seit 1123 war Abt Lambert nicht mehr
amtsfähig und die Gemeinschaft erhielt mit Johannes II. einen neuen Abt. Die Graf-
schaft stand zudem mit Karl dem Guten unter der Leitung eines neuen Herrn. An-
gesichts dieser Situation mag es wenig verwundern, dass Teinard erneut gegen das
Kloster aufbegehrte, in der erreichten Einigung die Autorität des Abtes und des
Grafen anerkannte aber zugleich auch von diesen als Kastellan anerkannt wurde.736
Ein drittes Beispiel handelt von der Rücknahme von Schenkungen durch den Stifter.
Aus einer Urkunde des Jahres 1111 erfährt man, dass ein gewisser Idesbald eine Ka-
pelle, die sein Vater Eggafrid errichtet hatte, in eine Kirche umwandeln wollte. Da
der Gottesdienst dort von Mönchen verrichtet wurde, schenkte er dem Kloster von
Saint-Bertin 80 Hufen Land und sieben Kühe. Die Schenkung sei sodann vor dem
Bischof und dem Kapitel von Therouanne und anschließend im Kapitel des Klosters
in Gegenwart vieler Laien und eines Kanonikers namens Hugo getätigt worden.
Jedwede Nichtbeachtung der Schenkung sollte die Exkommunikation nach sich
ziehen.737 Als nun aber Idesbald schon wenig später das gestiftete Land für sich
selbst wieder in Anspruch genommen hatte, wurde er vom Abt und den Mönchen
exkommuniziert. Der Abt habe schließlich auf Bitten Idesbalds und des Bischofs
die Leitung dieses Ortes und der dort lebenden kleinen Mönchsgemeinschaft ange-
nommen, Teile des ihm gestifteten Landes an die dortigen Brüder übertragen und
734 Vgl. S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty.
735 B. Rosenwein, To Be the Neighbour, S. 49-65.
736 Vgl. dazu S. Vanderputten, A Compromised Inheritance, S. 248.
737 B. Guerard, Cartulaire, S. 232-233: »[...] vir quidam venerabilis laicus, nomine Idesbaldus, ecclesi-
am dictam Eggafridi capellam, quam pater ejus Eggafridus fundare ceperat, instaurare instituit; ibidem
itaque, pro remedio anime sue, et patris et matris sue, et uxoris filiorumque suorum illic humatorum,
octoginta terre sue mensuras et septem vaccas Deo sancteque genitrici Marie per nos dedit in manus
venerabilis filii nostri Lamberti, abbatis sancti Bertini, in usus fratrum ibi servientium. Facta autem hac
donatione apud Taruennam, in nostra presentia et archidiaconorum nostrourm Herberti et Walteri, Wal-
terique custodis et aliorum plurium, mox viro prefato id petente, omnes quicunque donum hoc ulterius
infringerent excommunicationis peste innodavimus. Quo facto, rursus ipse, cum Hugone, canonico de
Furnis, et laicis pluribus, in capitulum sancti Bertini veniens, dedit eandem donationem, in presentia
fratrum, modo supradicto.«